Duisburg. Folge 16 der Stadtteil-Geschichte(n): Ein bilderreicher Streifzug durch die Jahrhunderte in Bergheim, Asterlagen, Oestrum, Trompet, Winkelhausen.
Kaum eine andere Gegend in Duisburg ist so von natürlichen Gegebenheiten geprägt worden wie Bergheim. Das fing laut dem früheren Rheinhauser Stadtarchivar Friedrich Albert Mayer schon damit an, dass der tropische Urwald dort vor 250 Millionen Jahren auf schlammigem Boden stand. Am meisten prägend waren aber der Rhein und die Steinkohle.
Zu Bergheim zählen wir auch Asterlagen, Oestrum, Trompet und Winkelhausen (die allesamt nicht zu den 1975 festgelegten 46 Ortsteilen Duisburgs zählen). Die älteste menschliche Spur ist ein Holzpflug, mindestens 4000 Jahre alt, gefunden 1956 in Asterlagen. 2009 wurden in Oestrum 40 Gräber aus der Zeit zwischen 700 und 100 vor Christus entdeckt.
Damals durchfloss der Rhein die Gegend in einer Schleife. Asterlagen und Winkelhausen lagen rechtsrheinisch etwa vier Meter über Wasserspiegel, Bergheim linksrheinisch etwas höher. Daher sein Name.
Um Christi Geburt: Römische Burg mit Hafen an der Rheinschleife
Am Wendepunkt der Schleife, heute überwiegend auf Moerser Gebiet, haben die Römer von 12 vor bis 70 nach Christus eine Burg mit Hafen unterhalten. Ihr Lagerdorf war in Oestrum. Bis zu 1000 Menschen lebten dort. Als die Schleife trockenfiel, gaben sie die Burg auf. Die Siedlung bestand noch 350 Jahre, die frühere Heerstraße nach Xanten ist bis heute wichtig.
In den folgenden 1000 Jahren existierte ein Nebeneinander von Katholischer Kirche und Adelsherrschaft. Landbesitz, Erträge aus Äckern, Pacht und Wiesen, prägten die Wirtschaft. Die Böden in Oestrum und Bergheim waren gut.
Bergheim; Oestrum und Asterlagen werden um 900 erstmals erwähnt, Asterlagen als Sitz eines Grafen. Sein Hof gelangte ans Kloster Essen-Werden. Dazu gehörte eine Kapelle. Im 13./14. Jahrhundert besaß auch das Kloster Düsseldorf-Gerresheim dort Land. Im Laufe der Zeit konnten viele Bauern ihre Abhängigkeit davon lockern oder ganz lösen. Weltlicher Herr war der Graf von Moers. Den Feuer- und den Hochwasserschutz regelte aber jedes Dorf für sich, ebenso, was es mit Land machte, das allen gehörte.
Ohne große Konflikte ging die Grafschaft ab 1531 zur neuen evangelischen Konfession über. Zuständig war die reformierte Gemeinde Hochemmerich. Dort war auch die Schule. Der Katholischen Kirche blieben nur ihre Felder.
Verheerende Rheinhochwasser – und Schutz „auf dem Berg“
Verheerend wirkte sich Rheinhochwasser aus. Ohne stabile Deiche und ein festes Ufer drang es bis zu sieben Kilometer ins Hinterland. Nach harten Wintern richteten Eisschollen bei Tauwetter Schäden an, so 1739/40, auch 1799. „Auf dem Berg“ fanden Menschen und ihr Vieh Schutz.
Als Frankreich die linke Rheinseite 1794 besetzte, änderte sich viel: Der kirchliche Landbesitz wurde enteignet, die öffentliche Verwaltung gestrafft. Bergheim und Oestrum sowie Asterlagen und Winkelhausen wurden Teil der Bürgermeisterei Hochemmerich.
Historische Fotos aus Bergheim
1814 kam die Gegend endgültig zum Königreich Preußen. Aber 1883 hatten Oestrum-Trompet erst 672 Einwohner, Bergheim 521 und Asterlagen-Winkelhausen 233.
Mitte des 19. Jahrhunderts: Mühlen die einzige „Industrie“ in Bergheim
Bis dahin waren die Bergheimer Mühlen die einzige „Industrie“: die Alte Mühle am Bonnacker, schon 1595 erwähnt und heute Baudenkmal, und die Neue Mühle von 1818 am Steinacker. Letztere wurde abgerissen. Sonst gab es noch 1890 nur eine größere Brennerei In den Peschen und außer der Staatsstraße Köln – Kleve bei Trompet bloß Feldwege.
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Aber 1849 erreichte die Eisenbahn Trompet, die Strecke Homberg – Uerdingen. 1866 entstand ein Bahnhof. Die Strecke hatte bald nur noch als Zechenbahn Bedeutung, im Gegensatz zu Rheinhausen – Kleve (ab 1903) und Hohenbudberg – Oberhausen (ab 1912). Ab 1909 fuhr in Asterlagen die Straßenbahn Homberg - Friemersheim, ab 1911 in Trompet die Linie Uerdingen – Moers, beide bis 1954.
Schon ab 1855 sicherten sich die Unternehmer Friedrich Diergardt (Viersen) und Gustav Mevissen (Köln) die Kohlefelder unter Bergheim. Zwischen 1910 und 1914 legten ihre Erben die Zechen Diergardt in Asterlagen und Mevissen in Oestrum an. Es entstand die Zechenkolonie Diergardt in Asterlagen. Das hatte wenig mit Krupp in Friemersheim zu tun, denn die Kohle war zu hochwertig für die Eisenindustrie. Sie wurde für Hausbrand verwendet oder exportiert. 1927 fusionierten die Bergwerke mit ihren 4000 Beschäftigten.
Industrialisierung: Bau-Boom ließ Ziegeleien florieren
Wie eine Sturmflut sei der Landkauf durch die Industrie über Bergheim gekommen, berichtet Archivar Mayer. Es wurde nicht mehr nur am Bahnhof in Trompet gebaut, auch in Oestrum und Bergheim.
1921 gingen die Gemeinden Bergheim und Oestrum mit ihren 5000 Einwohnern zusammen, 1923 die übergeordneten Bürgermeistereien Hochemmerich und Friemersheim. So konnte besser geplant werden, etwa die Entlastung der Eichenstraße in Oestrum 1934. Für die Naherholung entstand ab 1928 der Volkspark.
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Mit dem Zustrom der Bergleute weiteten die Kirchen ihre Präsenz aus: die Katholiken 1925 mit der Notkirche St. Ludger in Asterlagen, 1929 mit der Kirche Christus König in Bergheim, die Evangelischen mit der Friedenskirche in Oestrum (1929) und dem Gemeindehaus in Asterlagen (1953).
Der Bau-Boom ließ Ziegeleien florieren. So baute der Bergheimer Landwirt Peter Schrooten seine Ziegelei zum Exportunternehmen aus. Es gab sie bis 1963. Typisch war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Bergheim der Bau von Baracken an Hugo-, Martin- und Jakobstraße. Erst ab Mitte der 1950er Jahre entstanden dort und in der Nähe moderne Neubaugebiete. Nach rund 50 Jahren war die Zeit der Zechen vorbei. 1967 machte Diergardt dicht, 1973 Mevissen. Neues Gewerbe siedelte sich an, so die Verwaltung der Götzen-Baumärkte (heute Toom).
Neue Straßen und Viertel
- Wichtige Verkehrsachsen wurden Trompeter Straße, Kreuzacker, Moerser Straße 1953, Jägerstraße, Lange und Bergheimer Straße, ferner der Autobahnzubringer.
- Asterlagen und Winkelhausen, Oestrum-Nord und große Teile von Trompet wurden zu Eigenheim-Vororten. Seit 1991 gibt es den Businesspark Asterlagen.
Geschichte der Schulen
- Die Anfänge des Schulwesens gehen auf Unterricht für Kinder zweier begüteter Grundbesitzer Mitte des 18. Jahrhunderts in der Alten Mühle in Bergheim zurück. Das war aber noch nicht von Dauer. Um 1790 entstand am Paschacker, auf der Grenze von Bergheim und Oestrum, ein erstes Schulgebäude. Es wurde 1844 erweitert. 1857 brannte die Schule ab und wurde wieder aufgebaut. 1878 und 1886 wurde sie erneut erweitert. Die Schule wurde bis 1929 genutzt, möglicherweise auch noch einmal kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1960er Jahren wurde das Gebäude abgerissen. 1967 entstand dort der Neubau einer Förderschule, der heutigen Friedrich-Fröbel-Schule.
- Mindestens seit 1829 gab es auch in Asterlagen eine Schule. Sie wurde 1899 erneuert oder erweitert und 1960 durch die Schule an der Bergheimer Straße ersetzt.
- Da die Schule Paschacker die wachsenden Schülerzahlen nicht mehr aufnehmen konnte, wurde 1898 für Kinder aus Oestrum und Trompet die „Pickertschule“ Auf dem Pickert, eigentlich an der Moerser Straße gelegen, eröffnet. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Ihre Nachfolge trat 1976 die Grundschule an der Van-Gogh-Straße in Trompet an.
- Für Kinder aus dem westlichen Bergheim entstand 1907 Auf dem Berg eine eigene Volksschule. Auch sie war nach Kriegsende nicht mehr nutzbar. 1966 erhielt sie einen Erweiterungsbau.
- Da fast die gesamte Bevölkerung evangelisch war, waren auch die Schulen so ausgerichtet. Aber der Zustrom von Arbeitern für die Industrie brachte Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals wieder eine nennenswerte Zahl von Katholiken nach Bergheim, für deren Kinder auch Schulraum geschaffen werden musste. In der Schule Am Berg bezog die erste katholische Schule 1910 einen Klassenraum. 1916 geschah das auch in der Schule Am Pickert.
- Der Neubau einer Katholischen Volksschule entstand 1927 bis 1929 an der Lange Straße. Auch die evangelische Schule vom Paschacker kam darin unter.
- 1939 wurde die konfessionelle Ausrichtung der Volksschulen aufgehoben.
- Wegen der Kriegsschäden nahm die Schule Lange Straße 1945 auch die Kinder der „Pickertschule“ und der Schule Auf dem Berg auf, bis zu deren Wiederaufbau. Gemäß einer Abstimmung der Eltern wurden 1946 im Gebäude aber eine katholische, eine evangelische und eine ganz kleine Gemeinschaftsschule gebildet, mit zusammen jedoch 1700 Kindern. Sogar eine Berufsschule war dort untergebracht. Bei der Trennung der Volksschulen in Grund- und Hauptschulen 1968 wurde nur die Schule Lange Straße zur Hauptschule, die anderen zu Grundschulen. Sie bestand bis 2013.
- Wichtigen Schulraum angesichts der geburtenstarken Jahrgänge gab es ab 1963 durch den Neubau an der Mevissenstraße in Oestrum. Dort befand sich auch die letzte katholisch ausgerichtete Grundschule in Bergheim.