Duisburg. Die Deutsche Oper am Rhein hat ihr Ufo in Duisburg-Bruckhausen aufgebaut. Wie die Musik etwas schafft, woran Politik und Gesellschaft scheitern.

Das Ufo ist gelandet. Die Deutsche Oper am Rhein hat den spektakulären Spielort ihres Projekts „Junge Oper am Rhein“ in Duisburg-Bruckhausen platziert, neben dem Kulturbunker an der Dieselstraße. Am Mittwoch feierte im Ufo dann das Musiktheaterstück „Songs with Roots“ seine Premiere und Uraufführung – mit tatkräftiger Unterstützung der Bruckhausener Kinder in der Produktion und während der Vorstellung.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Im kleinen, dunklen Ufo drängen sich die Kinder dicht an dicht und sehen als erstes das beeindruckende Bühnenbild von Anneleen De Causmaecker. Wie aus Fritz Langs Metropolis gegriffen, türmen sich Häuser über Häuser zu grotesken Wohn-Skulpturen mit Straßen, die sich durch die Zwischenräume schlängeln. Mittendrin: Schauspielerin und Sängerin Aleksandra Popovska, die unter der Regie von Wouter van Looy eine echte Spitzenleistung vollbringt.

In Bruckhausen lebt die Musik der Welt

Was Popovska im Ufo macht, ist über Wochen in Bruckhausen gewachsen. Regisseur van Looy, sein Team und Musiker Jan van Outryve haben mit Kindern im Stadtteil gesprochen, gespielt, gefilmt – und gesungen. Gesungen wird im multinationalen Stadtteil Bruckhausen viel, in verschiedenen Sprachen und aus verschiedenen Kulturen. Van Outryve hat daraus ein Arrangement für 14 Musiker der Oper geschrieben, das im Ufo aus den Boxen tönt – live vom Band sozusagen. Zusammen mit der Dramaturgie und Aleksandra Popovskas Gesang-, Schauspiel- und Sprachtalent ist daraus ein echtes Theater-Kleinod entstanden.

Wo das Leben tobt: Das Ufo in Duisburg-Bruckhausen hat sich hinter dem Kulturbunker in kürzester Zeit zum Teil des Stadtteilbilds gemausert.
Wo das Leben tobt: Das Ufo in Duisburg-Bruckhausen hat sich hinter dem Kulturbunker in kürzester Zeit zum Teil des Stadtteilbilds gemausert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Früher, erklärt Regisseur Wouter van Looy die Idee hinter dem Stück, zog Musikethnologe Alan Lomax durch die Welt, um die Musik aller Kulturen zu sammeln und zu archivieren. „Heute sind diese verschiedenen Lieder alle hier, in Bruckhausen“, freut sich van Looy, „in der Erinnerung der Menschen aus aller Welt.“

Über rumänische Tänze und türkische Schlaflieder hin zu arabischen Songs und Steigerlied ist alles dabei, genauso wie Videos der Kinder aus dem Viertel und ein akustisches Panorama, für das ein Tontechniker mit speziellen Richtmikrofonen durch den Stadtteil gezogen ist.

Sanftes Schlaflied aus der Türkei und ein gegröltes Steigerlied

Sich selber in einer Mini-Oper entdecken, das ist für die Kinder im Ufo selbstverständlich ein Highlight. Wann immer ihr Konterfei über die Bildschirme flimmert, jauchzen die Nachwuchskünstler vor Verzückung. Genauso gebannt sind sie aber von Aleksandra Popovska: Mit ausladender Gestik, filigranem Minenspiel und Stimmakrobatik macht sie das junge Publikum zum Teil des Stücks – und singt auch hervorragend. Das türkische Schlaflied „Dandini das dana“ klingt in van Outryves Arrangement für die Opernmusiker noch sanfter als ohnehin schon.

Kleines Tänzchen zwischendurch: Das junge Publikum im Ufo durfte tanzen, singen, Musik machen – und träumen.
Kleines Tänzchen zwischendurch: Das junge Publikum im Ufo durfte tanzen, singen, Musik machen – und träumen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Etwas versteckt schleicht sich das Steigerlied mit musikalischen Zitaten in die „Songs with Roots“, schon bevor es in seiner Stadionversion aus den Boxen dröhnt. Zwischendurch dürfen die Kinder selbst mir Percussioninstrumenten Teil des Orchesters werden, eine junge Dame legt zu einem Tanzlied vom Balkan eine heiße Sohle mit Aleksandra Popovska aufs Parkett.

Was nur die Musik kann

Sicher, „Songs with Roots“ ist als Kinderstück konzipiert. Und doch täte es gerade Erwachsenen gut, die Chance zu nutzen, und sich das Stück während des Ufo-Gastspiels in Bruckhausen anzusehen und -zuhören. Denn einmal mehr schafft die Kunst, wozu Politik und Gesellschaft oft nicht in der Lage sind: Zu zeigen, dass wir alle gleich, nämlich alle Menschen sind.

Auch interessant

Es ist etwas, das nur die Musik zu leisten vermag. Warum beschwört ein türkisches Schlaflied, das die meisten biodeutschen Ohren sicher noch nie gehört haben, ein Gefühl der kindlichen Geborgenheit herauf? Wieso kann das Publikum zu rumänischen Liedern tanzen, die ihnen das erste Mal unterkommen? Und wieso wandert eine kollektive Gänsehaut durchs Ufo, wenn zum x-ten Mal das Steigerlied erklingt?

>> OPERN-UFO: SONGS WITH ROOTS KOSTENLOS ERLEBEN

  • Das Ufo der Deutschen Oper am Rhein steht noch bis zum 8. April auf dem Platz hinter dem Bruckhausener Kulturbunker, Dieselstraße 18.
  • Die Eintrittskarten sind kostenlos, einige Vorstellungen sind bereits ausverkauft.
  • Mehr Informationen zum Stück, zum Ufo und die genauen Spieltermine gibt es im Internet unter operamrhein.de. Dort können auch die kostenlosen Karten bestellt werden.