Duisburg-Altstadt. Die Agentur Gendler & Schmitz im Duisburger Innenhafen geht neue Wege, um Personal zu vermitteln. Wie sie sich von den Jobportalen abheben will.

Es gab mal Zeiten, da haben sich die Mitarbeiter beim Unternehmen beworben. Inzwischen bewirbt sich die Firma beim Mitarbeiter, jedenfalls in einigen Branchen mit akutem Fachkräfte-Mangel. Die Agentur Gendler & Schmitz im Duisburger Innenhafen geht dabei ganz neue Wege. Mit ihrer Hilfe ist es dem Gastronomen Tobias Bähner sogar gelungen, Sven Nöthel, gerade mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, auf sich aufmerksam zu machen.

„Der klassische Weg übers Arbeitsamt funktioniert nicht mehr“, so die Erfahrung von Tobias Bähner, der zusammen mit seiner Frau Astrid das Renzis, Restaurant und Eventlocation in Baerl, betreibt. Und auch die Seiten der einschlägigen Job-Portale führen oft nicht zum Erfolg.

„Dann klick jetzt hier unten“

„Wenn Du Bock hast, in einem Dream-Team, in einer coolen Location und relaxten Atmosphäre zu arbeiten, dann klick jetzt hier unten“: Mit dem Videoclip auf Facebook will Tobias Bähner potenzielle Mitarbeiter, vor allem für den Service, erreichen. Wer unten auf den Button „Jetzt bewerben“ drückt, muss danach einfach nur noch ein paar Antworten nach dem Multiple-Choice-Verfahren anklicken, etwa Berufserfahrung: unter einem Jahr, ein bis drei, drei bis fünf oder über fünf Jahre. Und zum Schluss eine Telefonnummer hinterlassen. Fertig, kein Anschreiben, kein Lebenslauf.

„Das Ganze muss möglichst unkompliziert sein“, sagt Andreas Schmitz. Er hat das Konzept des digitalen Personal-Recruitings zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Marleen Gendler im Büro am Philosophenweg im Innenhafen entwickelt. Dabei arbeiten die beiden mit Grundelementen aus dem Marketing. Dazu gehört: Aufmerksamkeit erzielen und das Verlangen erwecken, sich zu bewerben.

Das Gehalt steht gar nicht an erster Stelle

„Vier von zehn Arbeitnehmern sind unzufrieden in ihrem Job. Diese Leute wollen wir erreichen“, sagt Andreas Schmitz. Die meisten meckern zwar, kriegen aber nicht die Kurve, sich aktiv zu bewerben. Diese Kandidaten versucht Schmitz auf sozialen Netzwerken anzusprechen, etwa durch pfiffige Videoclips auf Instagram und Co. Die Botschaft dabei lautet: „Hier ist ein Arbeitgeber, der könnte besser zu Dir passen, als Dein bisheriger.“

Denn anders als man glaubt, stehe für viele Arbeitnehmer gar nicht das Gehalt an erster Stelle, so Schmitz: „Es ist oft die fehlende Anerkennung im Betrieb oder die schlechte Stimmung im Team, wo es hakt.“ Diese Aspekte rückt der Berater bei der Mitarbeiter-Gewinnung für seine Kunden in den Vordergrund.

Das unterscheidet die Duisburger Agentur von den Bewerbungs-Portalen

Er überzeugt seine Auftraggeber, vor allem Unternehmen aus dem Handwerk, dem medizinischen Bereich und der Gastronomie, ihr Gesicht zu zeigen und sich persönlich an mögliche Bewerber zu wenden. „Es ist wichtig, aus der Beliebigkeit rauszukommen. Das unterscheidet uns von den Bewerbungs-Portalen. Da sehen alle Anzeigen mehr oder weniger gleich aus“, so Schmitz.

In der Gastronomie fehlen gute Servicekräfte. Umso wichtiger ist es, dass neben einer fairen Bezahlung, die Stimmung im Team stimmt.
In der Gastronomie fehlen gute Servicekräfte. Umso wichtiger ist es, dass neben einer fairen Bezahlung, die Stimmung im Team stimmt. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Seine Agentur bietet den Kunden Pakete mit unterschiedlichem Umfang an. Zu Anfang legt man die Strategie fest, arbeitet dabei unter anderem die Qualitäten des Betriebs heraus. Auf Wunsch drehen Gendler & Schmitz die Videoclips für ihre Auftraggeber. Das kann der Kunde, so wie Tobias Bähner, aber auch selbst erledigen.

Das Team darf mitentscheiden, wer Kollege wird

Hat ein potenzieller Interessent das Video angeklickt, dann aber doch nicht den Bewerbungs-Button gedrückt, wird er in einer Datengruppe erfasst und bekommt künftig Werbung der Firma. In der Hoffnung, dass der Mensch am Handy doch irgendwann unten auf den Button klickt.

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Das Schulzeugnis eines Bewerbers hat sich Bähner seit Jahren nicht mehr angeschaut. Er setzt vielmehr auf einen Tag Probearbeit. „Das ist viel aussagekräftiger“, hat der Gastronom festgestellt. Das Team darf übrigens mitentscheiden. Schließlich sei es ganz entscheidend, ob die Zusammenarbeit funktioniere.

Zuerst dachte er an einen Scherzbold unter fremdem Namen

Bähners Video, in dem er sich auch selbst auf die Schippe nimmt, war übrigens erfolgreich. Er hat einen Koch gewonnen, der wegen der Pandemie gerade seinen Job im Landgut Porz in Ratingen verloren hatte. In einer anderen Kampagne haben sich 16 viel versprechende Bewerber für den Aushilfspool beworben. Gesucht wurden Mitarbeiter im Service, Küchenhelfer und Dekorateure für Hochzeitsfeiern.

Ein kurioser Nebeneffekt: Auch Sterne-Koch Sven Nöthel hat sich gemeldet. Er kocht zwar nicht im Renzis, doch er hat den ehemaligen Kuhstall von den Bähners gemietet, umgebaut und dort sein Gourmet-Restaurant „Mod“ eröffnet. Bähner: „Sven fand das Video witzig und hat sich einfach gemeldet. Als ich den Absender im Mail-Eingang las, hab’ ich erst mal gedacht, da erlaubt sich jemand einen Scherz unter fremdem Namen.“

>> In Duisburg werden 49 Köche gesucht

Der Fachkräftemangel in der Gastronomie hat sich durch die Pandemie noch einmal verschärft. In Duisburg sind auf der Seite des Arbeitsamtes 49 offene Stellen für Köchinnen und Köche ausgeschrieben, im Umkreis von 25 Kilometern sind es 283.

Es liegt nicht zuletzt an den Arbeitszeiten, dass sich die Branche schwertut. Tobias Bähner vom Renzis hat sich für eine Vier-Tage-Woche von Donnerstag bis Sonntag entschieden. „Das kommt gut an bei den Mitarbeitern“, sagt er.