Duisburg. Die Organistin Zuzana Ferjenčíková war beim Toccata-Konzert in der Mercatorhalle spontan eingesprungen. Warum es ein Abend der Superlative war.
Sie ist gewiss eine der schillerndsten, originellsten und vielseitigsten Persönlichkeiten der Orgelszene: die slowakische Organistin, Pianistin und Komponistin Zuzana Ferjenčíková, die im 3. wiederum sehr gut besuchten Toccata-Konzert in der Mercatorhalle für ihre verhinderte Kollegin Elena Morozova kurzfristig eingesprungen ist. Wenn man ihr zuschaut, wie sie in ihrem Schlussstück über die Tasten und vor allem über die Pedale fegt, beeindruckt das Multi-Talent auch noch als Akrobatin.
Mit der abschließenden „Stahl-Symphonie“ sorgte die Musikerin für die größte Überraschung des Nachmittags: eine fast halbstündige Improvisation in drei Sätzen, zu der sie sich von einem Besuch des abendlich erleuchteten Landschaftsparks Nord inspirieren ließ. Ein von Energie und Fantasiereichtum erfülltes Klanggemälde der Superlative, für die die Organistin nahezu alle Register des Eule-Instruments zog und die dynamischen und klanglichen Möglichkeiten der Orgel nahezu restlos ausschöpfte.
Toccata-Konzert: Organistin lässt Musik in 100ß Farben schillern
Der erste Satz startet mit einer regelrechten Druckwelle, für die sie auch die tiefsten Regionen des Pedalwerks nutzte und in dynamische Höhen führte, die die Mercatorhalle vibrieren ließ. Dabei vollführte sie Tiraden, für die zwei Füße kaum reichten. Leuchtkräftig registrierte sie den ruhigeren Mittelsatz, der deutliche Einflüsse der von ihr besonders geschätzten französischen Schule um Jean Guillou und Marcel Dupré erkennen ließ, um die mächtige Klangkulisse des Eingangssatzes in beschleunigtem Tempo zu einem irrwitzigen Hexentanz zu führen.
Dass sie die vielen Registerwechsel während und trotz des hoch virtuosen Spiels manuell ausführte, unterstrich noch ihre akrobatischen Qualitäten. Doch so sehr sie auch mit den Extremen der „Stahl-Symphonie“ beeindruckte, die spirituellen Dimensionen der Musik kamen nicht zu kurz. Nicht in ihrer Improvisation und erst recht nicht in Franz Liszts Variationen über Bachs Seufzer-Motive aus Bachs Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ sowie des „Crucifixus“ aus der h-Moll-Messe. Zwar lässt sie auch hier die Musik in 1000 Farben schillern, jedoch stets mit der Absicht, den Ausdrucksgehalt der Musik noch vertiefen zu wollen.
Toccata-Konzert in Duisburg: Abend der Superlative
Und selbst Händels gegenüber diesen monumentalen Brocken schlichtes Orgelkonzert in g-Moll ließ sie in einer Frische und klanglichen Originalität ertönen, mit der sie vom ersten Ton an Aufmerksamkeit auf sich zog. Die Freude am experimentellen, gleichwohl reflektierten Umgang mit der Musik unterstrich sie durch den Wunsch, nicht nur die Möglichkeiten der Eule-Orgel auszuschöpfen, sondern auch den von ihr bewunderten Bechstein-Flügel erproben zu dürfen.
Auf dem eher weich timbrierten Instrument setzte sie mit zwei lyrischen Werken von Franz Liszt, der Consolation Nr. 3 und dem berühmten „Liebestraum“, sanfte Kontraste in diesem Konzert der Superlative, das das Publikum vor Begeisterung fast von den Stühlen riss. Das 4. und letzte Toccata-Konzert der Saison bestreitet Sebastian Heindl am 14. Mai.