Duisburg. Die kleine Malena ist an den Folgen des Edwards-Syndroms gestorben. Die Kollegen ihrer Eltern sammeln weiter Spenden für die Duisserner Familie.

Jeder Tag kann der letzte im Leben der kleinen Malena sein – das wussten Jeanine und Mike Palluck. So hatten sie es unserer Redaktion vorige Woche erst tapfer erklärt. Aber die 32-Jährige und ihr 34 Jahre alter Ehemann sind ein starkes Team. Sie stützen sich, wenn der Seelenschmerz zu groß wird. Denn ihr süßes, sieben Monate altes Töchterchen war im Mai 2021 mit Trisomie 18 auf die Welt gekommen, einer folgenschweren genetischen Erkrankung. Am Sonntag – da war unser Artikel über das Leben mit der unheilbar kranken Malena gerade zwei, drei Stunden im Internet veröffentlicht – erreichte unsere Redaktion die Nachricht, dass Malena friedlich in den Armen ihrer Eltern eingeschlafen ist. Dass ihr Tod doch so plötzlich kommt, hatte niemand geahnt.

Ihre trauernden Eltern wünschen sich jetzt dennoch diese Berichterstattung, damit die Menschen mehr über die Krankheit ihre Tochter erfahren. Die Zitate im Artikel stammen aus dem Gespräch, dass wir vorige Woche mit dem in Duissern lebenden Paar geführt haben.

Malena hatte „Trisomie 18. Ja, 18 – nicht 21“ – das Edwards-Syndrom

Als die Ärzte kurz nach der Geburt am 28. Mai feststellten, dass Malena unheilbar krank ist, war das für die Eltern ein absoluter Schock. „Trisomie 18. Ja, 18 – nicht 21, es ist nicht das Down-Syndrom“, erläuterte der 34-jährige Vater, der so stolz auf seine Kleine war, wie auch seine Frau.

Was Mike Palluck unfassbar berührt hat: Sein Chef André Obernbichler hatte im November eine Spendenaktion ins Leben gerufen. „Damit habe ich niemals gerechnet. Wir sind sprachlos und überwältigt.“ Die Spendenaktion lässt Pallucks Chef jetzt auch nach Malenas Tod weiter bestehen, er bittet weiter um Spenden, damit die Familie die Beerdigung bezahlen kann (siehe unten).

Die Krankheit, die fast niemand kennt, hatte die Familie nicht nur psychisch im Griff. Sie wurde auch finanziell heftig belastet.

Für die Eltern der Kleinen war der medizinische Begriff anfangs ein Buch mit sieben Siegeln. Während der Schwangerschaft war die Nackenfalte des Babys etwas auffällig. Die Ärzte machten darauf aufmerksam, dass möglicherweise eine Trisomie 21 vorliegen könnte. „Also ein Down-Syndrom. Das war aber für uns kein Problem. Damit können wir umgehen, an Abtreibung haben wir nie gedacht“, sagt der Vater.

Malena Palluck aus Duisburg litt unter Trisomie 18. Weil das Trinken das Mädchen sehr anstrengte, wurde es teilweise über eine Nasensonde ernährt.
Malena Palluck aus Duisburg litt unter Trisomie 18. Weil das Trinken das Mädchen sehr anstrengte, wurde es teilweise über eine Nasensonde ernährt. © privat

Kinder mit sehr geringer Lebenserwartung, stark pflegebedürftig

Dazu kam, dass die Ärzte sagten, die Chance, dass das Baby mit einer Trisomie 21 auf die Welt kommen würde, sei sehr gering. „Warum also sollte es uns treffen?“, dachten die glücklichen werdenden Eltern. Kurz vor der Entbindung aber, als die Wehen einsetzten, wurde klar, dass die Geburt für die Kleine zu stressig werden würde. Die Ärzte entschieden sich für einen Kaiserschnitt. Sehr klein und dünn kam Malena auf die Welt: gerade mal 44 cm klein und 1940 Gramm leicht.

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Wie viele Frühchen wurde die Kleine ins Wärmebettchen gelegt, einen Tag später stellten die Ärzte einen Herzfehler fest. Außerdem erhärtete sich der Verdacht auf Trisomie. „Wir sind aus allen Wolken gefallen“, sagte Mike Palluck. Bei den nachfolgenden Untersuchungen kam dann heraus, dass Malena an Trisomie 18 leidet.

„Die Kinder haben nur eine ganz geringe Lebenserwartung, bleiben stark pflegebedürftig und können nie ein eigenständiges Leben führen“, erzählte der Vater. Schicksal nennt man diese Wendung im Leben. Damit hatte niemand gerechnet.

Die Krankenkasse hätte einige Kosten nicht übernommen

Im Krankenhaus bekam das Ehepaar schon große Unterstützung und liebevolle Betreuung, die auch zu Hause weiterging. Mit einer Hebamme, die speziell für solche Krankheiten geschult ist. Auch Kontakt zu einer anderen Duisburger Familie mit einem Kind, das Trisomie 18 hat, wurde hergestellt.

Jeanine und Mike Palluck entschieden, dass er Elternzeit macht. „Weil meine Frau nur ein paar Minuten zu ihrer Arbeitsstelle hat, ich aber in Düsseldorf arbeite. Das heißt, dass ich oft nicht vor 21.30 Uhr zu Hause bin. Dann hätte ich gar nichts von der Kleinen.“ Das finanzielle Problem, das noch auf die Eltern zugekommen wäre: Malena hätte nicht mit einem Jahr in eine Kita kommen können. Sie wäre durch ihre Entwicklung erst deutlich später in einer speziellen Einrichtung untergebracht worden. Da das Elterngeld auf ein Jahr begrenzt ist, wären die finanziellen Einbußen nach einem Jahr noch einmal deutlich gestiegen.

In den vergangenen sieben Monaten brauchte das kleine Mädchen ständig Medikamente, die nicht komplett von der Krankenkasse übernommen wurden. Die Windeln mussten wegen spezieller Nahrung stündlich gewechselt werden. Außerdem wäre sie auf Dauer auf einen Kinderwagen angewiesen gewesen, der ihren speziellen Anforderungen entsprochen hätte. Mit dem man zum Beispiel verschiedene Beinstützen in unterschiedlichen Positionen einstellen kann. Der kostet zwischen 4000 und 5000 Euro. Auch in dem Fall wäre die Krankenkasse nicht voll mit dabei gewesen.

Dankbar für Unterstützung von Familie, Freunden und Kollegen

Malena war in ihrer Entwicklung deutlich zurück. „Sie greift mittlerweile nach ihrer Schnullerkette, guckt in der Gegend herum und nimmt Stimmen wahr. Langsam entwickelt sich auch ihr Greifreflex, der bei gesunden Kindern in ihrem Alter schon längst vorhanden ist. Auch sitzen kann sie noch nicht“, sagte der Vater vor ein paar Tagen.

Klar war, dass sie ein Loch in der Herzscheidewand hatte und eine Arterie verengt war. Weil sie aus dem Grund das Trinken sehr anstrengte, wurde sie teilweise über eine Nasensonde ernährt. „Wir mussten in extrem kurzer Zeit extrem viel lernen“, so Mike Palluck. Aber die Eltern machten das Beste draus.

Dankbar sind die Pallucks, dass Verwandtschaft und Freunde so sehr zu ihnen halten, wenngleich am Anfang sehr viel Unsicherheit im Umgang mit der schwierigen Situation vorhanden gewesen war.

Um der Familie das Leben etwas leichter zu machen, hatte Mike Pallucks Chef André Obernbichler ein Spendenkonto eingerichtet. Das bleibt jetzt bestehen bleibt. Traurigerweise nicht mehr als Hilfe fürs Leben, sondern für die Beerdigung der kleinen Malena.

>> SO HELFEN MIKE PALLUCKS KOLLEGEN – SO KANN JEDER FÜR DIE FAMILIE SPENDEN

„Mike Palluck ist ein unglaublich liebevoller Mensch. Ich schätze und mag ihn sehr“, sagt André Obernbichler über seinen Mitarbeiter. „Wir haben zunächst im Kollegenkreis gesammelt, weil doch heftig viele Kosten auf die Familie zukommen werden.“

Obernbichler hatte dann vor einigen Monaten zufällig von einer Kampagne gehört, die über betterplace.me gestartet wurde. Die Spendenplattform wird von der gemeinnützigen Aktiengesellschaft gut.org betrieben. „Die nimmt nicht viele Gebühren, so dass das Geld da ankommt, wo es gebraucht wird“, sagte Obernbichler. Er wollte, „dass der Familie Palluck die Zeit, die sie mit Malena hat, erleichtert wird.“

■ Hier geht’s direkt zur weiter laufenden Spendenaktion für Malena und ihre Eltern: www.betterplace.me/trisomie-18-hilfe-fuer-die-gemeinsame-lebenszeit

Nach Malenas Tod schrieb Obernbichler am Sonntag auf betterplace.org: „Hallo liebe Spender, nach der Freude über den heutigen Artikel der WAZ und die dadurch neu eingehenden Spenden kam leider soeben die traurige Nachricht, dass Malena heute von uns gegangen ist. Sie musste nicht leiden und ist im Beisein ihrer Eltern heute friedlich eingeschlafen. Ich wünsche der Familie von Herzen alles Gute und viel Kraft für diese schwere Zeit. Ich kann den Schmerz über diesen Verlust nur erahnen und es zerreißt mich innerlich, wenn ich daran denke, wie es sich anfühlen muss, sein Kind gehen zu lassen. Ich lasse die Kampagne offen, denn es kommen dennoch Kosten auf die Familie zu. Wer noch spenden möchte, kann dies gerne weiterhin tun. Ich danke euch allen für eure Spenden, auch im Namen der Familie. Die gemeinsame Zeit war zu kurz, doch die Liebe wird ewig bleiben.“

Ein wenig enttäuscht war Obernbichler über die vielen Absagen, die er von Firmen, Prominenten und Fußballvereinen erhalten hatte. Überall habe er an die Türen geklopft, um für die Duisburger Familie Geld zu sammeln. „Aber oft waren die zu oder es passte nicht ins Konzept“, sagt er.

>> EDWARDS-SYNDROM: TRISOMIE 18 IST NICHT HEILBAR

• Die Trisomie 18 ist auch bekannt unter dem Namen Edwards-Syndrom. Die Genom-Mutation führt zu körperlichen Besonderheiten und zu Behinderungen, die nicht heilbar sind. Die genetische Erkrankung ist mit überdurchschnittlicher Sterblichkeit der Kinder häufig schon während der Schwangerschaft verbunden.

• Auch die Säuglingssterblichkeit liegt ausgesprochen hoch. Die Hälfte der Neugeborenen stirbt während der ersten sechs Lebenstage. Wobei Jungen meistens früher sterben als Mädchen. Nur 15 Prozent der Mädchen erreichen das fünfte Lebensjahr. Weil häufig lebenswichtige Organe betroffen sind, kann oft schon eine Erkältung zu gravierenden gesundheitlichen Folgen führen.