Duisburg. Kurioser Fall von Entführung vor dem Landgericht Duisburg: Erst gab es eine filmreife Entführung, dann nahmen Opfer und Täter zusammen Drogen.

Als die Polizei am Morgen des 27. Mai 2020 die Tür einer Wohnung in Homberg aufbrach, fand sie eine friedliche Szene vor: Ein Mann, der 16 Stunden zuvor entführt worden war, lag friedlich schlafend auf der Couch im Wohnzimmer. Von den Entführern war nur noch einer da. Der schlief in einem anderen Raum. Geiselnahme war fünf Männern aus Duisburg und Moers in diesem Zusammenhang vorgeworfen worden. Doch nach acht Verhandlungstagen standen nur vier Verurteilungen wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung.

Mit einer filmreifen Aktion hatten die Angeklagten den Geschädigten am Abend zuvor in Neukirchen-Vluyn in ihre Gewalt gebracht. Sie keilten das Auto, in dem der Mann saß, an einer Ampel mit zwei Fahrzeugen ein, besprühten den Geschädigten mit Reizgas und nahmen ihn mit. Auf einem Sportplatz in Homberg soll der Mann dann unter anderem mit einem Gürtel geschlagen worden sein.

Entführung vor Duisburger Gericht: Es ging um Drogen, Schulden und Streit

Zwar sollen die Täter dem Entführten klar gemacht haben, dass er die Wohnung nicht verlassen dürfe. Gewalt soll es aber nicht mehr gegeben haben. Im Gegenteil: Täter und Opfer konsumierten bis tief in die Nacht gemeinsam Drogen, bevor die Polizei die seltsame Aktion am nächsten Morgen beendete.

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Der genaue Hintergrund der Tat blieb im Dunkel. Es ging um Drogengeschäfte, Schulden und den Streit zweier rivalisierender Gruppen. Die Anklage war ursprünglich davon ausgegangen, mit der Aktion habe ein Komplize des Geschädigten in eine tödliche Falle gelockt werden sollen. Die Entführer sollen der eigentlichen Zielperson gedroht haben, dass sie dem Entführten Arme und Beine brechen würden, wenn der nicht auch nach Homberg kommen würde.

Duisburger muss für fast vier Jahre ins Gefängnis

Hinter den Kulissen des Verfahrens hatte eine andere Version die Runde gemacht. Danach soll das Ganze nur ein Täuschungsmanöver gewesen sein, um den Geschädigten von seinem Komplizen zu trennen. Nichts davon kam im Laufe der langen Beweisaufnahme zur Sprache.

Am Ende blieb nur die Tatsache, dass vier Männer den Geschädigten für 16 Stunden seiner Freiheit beraubt und ihn dabei zweimal misshandelt hatten. Einer, der mit einem Gürtel zuschlug, hatte eine ganz persönliche Rechnung zu begleichen gehabt: Er gab dem Geschädigten eine Mitschuld daran, dass er einige Zeit zuvor attackiert worden war – vor den Augen seiner zweijährigen Tochter.

Ein 30-jähriger Duisburger wurde aufgrund einer einschlägigen Vorstrafe zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Ein vielfach vorbestrafter Mittäter aus Moers (38) muss für 15 Monate hinter Gitter. Zwei weiteren Angeklagten gab das Gericht eine Bewährungschance. Ein 32-Jähriger wurde freigesprochen. Er war einfach nur zufällig dabei gewesen. Und nicht einmal unterlassene Hilfeleistung kam in Frage: Der 32-Jährige hatte kein Handy dabei gehabt.