Duisburg. Ein Duisburger (59) verletzte vor einem Wettbüro einen Mann lebensgefährlich schwer. Gericht verurteilt ihn wegen gefährlicher Körperverletzung.

Weil er sich beleidigt fühlte, zog ein 59-jähriger Duisburger am 26. Oktober 2020 vor einem Wettbüro an der Friedrich-Wilhelm-Straße ein Messer und verletzte einen 42-jährigen Mann lebensbedrohlich schwer. Zu Beginn der dreitägigen Hauptverhandlung vor dem Landgericht am König-Heinrich-Platz hatte die Anklage noch auf versuchten Mord gelautet. Am Ende stand eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis.

Erst am zweiten Verhandlungstag hatte der Angeklagte den Mund aufgemacht und die Tat eingeräumt. Mit stockender Stimme berichtete er, dass der Geschädigte ihn als „schwulen Aleviten“ beschimpft habe. Da habe er die Kontrolle verloren und mit dem Messer, das er zufällig von Arbeiten am Tag zuvor noch in der Tasche hatte, wahllos und ungezielt zugestochen.

Verteidiger: „Es war eine Beleidigung zu viel“

Der Geschädigte hatte noch aus eigener Kraft zu einem nahen Kiosk gehen und um Hilfe bitten können. Er erlitt eine Fleischwunde an der Brust und eine schwere Armverletzung: Muskeln, Nerven und eine Hauptschlagader wurden durchtrennt und mussten operativ rekonstruiert werden.

„Mein Mandant ist in seinem Heimatland nur fünf Jahre zur Schule gegangen“, so der Verteidiger. „Und wir alle haben seinen Sprachfehler bemerkt und können uns vorstellen, dass er sein ganzes Leben über gehänselt wurde.“ Die groben Beleidigungen, die nicht nur den Mann, sondern auch dessen Religion verunglimpften, seien eine Beleidigung zu viel für den ansonsten so ruhigen und in sich gekehrten Angeklagten gewesen.

Der Tatort an der Friedrich-Wilhelm-Straße kurz nach dem Vorfall. Eine von der Polizei markierte lange Blutspur zog sich vom Wettbüro bis zu einem nahen Kiosk.
Der Tatort an der Friedrich-Wilhelm-Straße kurz nach dem Vorfall. Eine von der Polizei markierte lange Blutspur zog sich vom Wettbüro bis zu einem nahen Kiosk. © Foto: Martin Schroers

Das Gericht ging insbesondere aufgrund von Video-Aufzeichnungen davon aus, dass der Angeklagte, der den Tod seines Gegenübers möglicherweise dabei billigend in Kauf nahm, nach einem immer heftiger werdenden Wortgefecht unvermittelt zugestochen hatte. Aber als der Geschädigte sich aufrappelte und davon ging, folgte er ihm nur zwei Schritte. Dann blieb er stehen und ging wieder zu dem Wettbüro zurück. Juristen nennen so etwas einen Rücktritt von der Tat.

Angeklagter stellte sich selbst der Polizei

Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht insbesondere, dass er „bislang unbestraft durch ein langes Leben ging.“ Der Angeklagte sei bei der Tat durch die vorangegangenen Beleidigungen emotional erregt gewesen. Weitere Pluspunkte waren das Geständnis und der Umstand, dass sich der 59-Jährige den Polizisten kurz nach der Tat selbst stellte: „Ich bin der, den sie suchen.“