Duisburg. Kundgebung in Duisburg in Erinnerung an das Kriegsende vor 76 Jahren: Warum der kleine Rahmen in Corona-Zeiten manchen Redner ärgerte.

Weltoffen, vielfältig, bunt und der Demokratie verpflichtet – so haben die Aktiven vom Bündnis „Du+Wir“ auf dem König-Heinrich-Platz in Duisburg den 8. Mai als 76. Jahrestag der Kapitulation und der Befreiung von der faschistischen Diktatur unter Corona-Auflagen gefeiert. Initiator Eckart Pressler hatte eigentlich schon zum 75. Jahrestag Großes vorgehabt, wurde jedoch von der beginnenden Pandemie ausgebremst – und jetzt wieder.

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Auch in diesem Jahr schrumpfte durch Corona das ehrgeizige Programm des Tages mit Kabarett und einem Markt mit Infoständen auf ein paar kurze Reden und ein Lied von Mustafa Zekirov zusammen. „Ich hoffe, dass Duisburg mal davon wegkommt, alles Gute zu verbieten, denn sonst findet bald gar nichts mehr statt, um das Schlechte aufzuwiegen,“ so die Kulturschaffende Luise Hoyer.

60 Holzstelen als Gemeinschafts-Installation von Duisburger Künstlern

Wichtiger Teil der Kundgebung waren die 60 Holzstelen, eine Gemeinschafts-Installation von Duisburger Künstlerinnen und Künstlern. Sie standen fest verankert auf einer der schwebenden Wiesen und trotzen den kräftigen Windböen. „Das ist jetzt hier eine politische Kundgebung, Kunst und Kultur sind ja zur Zeit verboten“, merkte eine der anwesenden Künstlerinnen sarkastisch an.

Wichtiger Teil der Kundgebung waren die 60 Holzstelen, eine Gemeinschafts-Installation von Duisburger Künstlerinnen und Künstlern.
Wichtiger Teil der Kundgebung waren die 60 Holzstelen, eine Gemeinschafts-Installation von Duisburger Künstlerinnen und Künstlern. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Worin besteht das Glück, in einer Zeit und einem Land ohne Krieg zu leben? Aus der Fragestellung waren Entwürfe mit klarer Botschaft und auch rätselhafte Säulen entstanden. „War is over! If you want it“, ein klassisch aufs Holz schabloniertes John-Lennon-Zitat legt die Verantwortung für den Frieden in die Hände aller.

Diskussionen mit gebotenem Abstand

Aber was sagt dem Betrachter eine durchweichte Kant-Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft, die mit Kabelbindern unter einer Maggi-Flasche ans rohe Kantholz gezurrt ist? Die etwa 50 Teilnehmer wanderten zwischen den Stelen umher, diskutierten ihre Eindrücke und genossen ihr öffentliches Beisammensein, wenn auch mit gebotenem Abstand.

Der Historiker Thorsten Fischer erinnerte an die Ereignisse in Duisburg gegen Kriegsende 1945. Damals wurden abgestürzte Bomberpiloten gelyncht, sogenannte Endsiegleugner exekutiert und 30 Kriegsgefangene auf Anweisung des Duisburger Polizeipräsidenten Franz Bauer ohne Verurteilung auf dem Waldfriedhof erschossen.

Mahnmal-Gräber für getötete Zwangsarbeiter

Befreit fühlten sich die wenigsten Duisburger. Eher drangsaliert durch Umerziehungsmaßnahmen wie die Mahnmal-Gräber für getötete Zwangsarbeiter mitten auf der Grünanlage des König-Heinrich-Platzes, die auf Befehl der Amerikaner angelegt wurden. Diese Gräber wurden nachts geschändet, die 38 weißen Kreuze vernichtet. Die Toten bettete man später um.

Aber die Forderung nach einem Mahnmal gegen Krieg und Faschismus auf Duisburgs zentralem Platz besteht auch heute noch. Genau wie man auch heute wieder mit nächtlichen Zerstörungsaktionen aus der rechten Ecke rechnen müsse. „Sich daran zu erinnern, was war und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen, ist ein wichtiges Ziel, deshalb lohnt es sich, für würdige Erinnerungskultur zu kämpfen“, erklärte Eckart Pressler ungebrochen.

>> GEDENKTAG: EMPÖRUNG ÜBER GENEHMIGUNGSBEHÖRDEN IN DUISBURG

  • Eckart Pressler hatte im Vorfeld mit allen Mitteln versucht, sich mit der Stadt auf einen größeren Rahmen für die Veranstaltung zu einigen, war jedoch in Corona-Zeiten gescheitert.
  • Bei allen Rednern schimmerte daher die Empörung darüber durch, dass es in Pandemiezeiten riesige praktisch maskenfreie Aufmärsche „rechter Seuchenleugner“ gebe, aber den Genehmigungsbehörden kein noch so ausgefeiltes Sicherheitskonzept gut genug für einen großen Gedenktag gewesen sei.