Duisburg. Wegen fahrlässiger Körperverletzung steht ein Arzt aus Duisburg vor Gericht. Er soll Schuld daran sein, dass eine Frau Finger und Füße verlor.

Einer Frau aus Wanheimerort ging es Mitte März 2017 schlecht. Sie litt unter Brechdurchfall, hatte starke Schmerzen in den Gliedern. Die Notaufnahme eines Duisburger Krankenhauses ging von einer Norovirus-Infektion aus, schickte sie wieder nach Hause. Auch ein Arzt des notärztlichen Bereitschaftsdienstes soll sich während des folgenden Wochenendes keine Mühe gegeben haben, das Krankheitsbild weiter aufzuklären. Die heute 56 Jahre alte Frau wäre beinahe gestorben, sitzt nun im Rollstuhl. Der 69-jährige Mediziner aus Duisburg muss sich wegen fahrlässiger Körperverletzung vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz verantworten.

Viel mehr als die Patientin mit einem Stethoskop abzuhören und die Diagnose des Krankenhauses zu übernehmen, soll der Mediziner bei seinen zwei Hausbesuchen nicht getan haben. Eine Einweisung ins Krankenhaus soll er für unnötig gehalten haben. Als die Frau schließlich doch ins Krankenhaus kam, war sie dem Tode nahe. Denn in Wahrheit litt sie unter einer durch eine Meningokokken-Infektion ausgelösten lebensgefährlichen Blutvergiftung.

Der Patientin mussten Finger und Füße amputiert werden

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Ihre inneren Organe versagten den Dienst, Gewebe in den äußeren Extremitäten starb ab. Zwei Monate lag die Frau auf der Intensivstation. Ihr mussten beide Vorderfüße und sämtliche Finger amputiert werden. Ihr wurde eine neue Leber implantiert. Zudem hört sie nur noch sehr wenig. Mit einer rechtzeitigen Diagnose hätten die Folgen weitaus weniger tragisch sein können, so die Ansicht der Staatsanwaltschaft.

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„Als mein Mandant von dem Krankheitsverlauf erfuhr, war er sehr erschüttert“, erklärte der Verteidiger des 69-jährigen Angeklagten, der früher als Oberarzt an einem Krankenhaus tätig war und seit einigen Jahren als freiberuflicher Arzt, unter anderem im Bereitschaftsdienst tätig ist.

Der Angeklagte, so der Anwalt, habe keinen Grund gesehen, an der Diagnose des Krankenhauses zu zweifeln. Eine Verschlechterung des Zustandes der Patientin habe er nicht erkennen können. Er habe dennoch eine Einweisung für das Krankenhaus da gelassen, auf der der Name des Hausarztes lediglich zur Orientierung des Krankenhauses vermerkt gewesen sei.

Medizinischer Sachverständiger sieht grobe Pflichtverletzung

Dokumentiert habe der Angeklagte das alles allerdings nur höchst unzureichend, so die erste Einschätzung eines medizinischen Sachverständigen. Ein Arzt, der sich bei einem fiebernden Patienten mit dem Abhören mittels Stethoskop zufrieden gebe, handle grob pflichtwidrig.

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Gegen einen weiteren Arzt des Bereitschaftsdienstes, der die Patientin noch nach dem Angeklagten besuchte und ebenfalls keine Einweisung ins Krankenhaus veranlasst haben soll, war das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 3000 Euro eingestellt worden.

Nicht so gegen den 69-Jährigen, denn gegen ihn soll es in ähnlichem Zusammenhang bereits ein Ermittlungsverfahren in Göttingen gegeben haben. Um die Frage zu prüfen, ob gegen den Angeklagten auch ein Berufsverbot verhängt werden könnte, müssen nun erst einmal die Akten aus Niedersachsen beigezogen werden. Der Prozess wurde ausgesetzt und muss irgendwann von vorn beginnen.