Duisburg. 100.000 Kilometer, fünf Kontinente und viele Begegnungen: So reisten Sonja Beheng und der gebürtige Duisburger Dirk Erker im Unimog um die Welt.
Fast 100.000 Kilometer in einem Unimog über fünf Kontinente und durch Länder, von deren Existenz sie nichts ahnten: Das ist in einem Satz die Bilanz der Weltreise des Duisburgers Dirk Erker und seiner Frau Sonja Beheng. Vom 1. Mai 2018 bis Anfang Juli 2020 war das Paar unterwegs – zwei Monate länger als geplant, weil das Coronavirus die Welt in den Lockdown zwang und Elmos Odyssee in Montevideo jäh stoppte. Doch dazu später mehr.
„Elmo, ein freundlicher Kerl“, sagt Erker über den Kosenamen „Elmo“ – ein Akronym, gebildet aus den Wörtern Expedition, Leben und Mobil. Auf große Reise ist der 53-Jährige schon oft gegangen, mit dem Motorrad durch Afrika und Südostasien etwa. Ein Jahr lang hat der KfZ- und Zweiradmeister den Unimog mit Kofferaufbau zum geländegängigen, bewohnbaren Expeditionsmobil mit Stauraum, Dachgepäckträger und mehr PS unter der Haube umgebaut. „Do it“, seine Werkstatt mit Motorradverleih, die der gebürtige Duisserner lange an der Winkelhauser Straße in Asterlagen betrieb, ist vor allem in Rheinhausen vielen ein Begriff.
Der Unimog: Einfache Technik, wenig Elektronik, leicht zu reparieren
„Der Unimog ist eigentlich nicht für die Langstrecke gebaut, aber er kann es“, sagt Erker über den Lastesel von Mercedes Benz, den er nach 20 Jahren Dornröschenschlaf in einer belgischen Scheune entdeckte. Was zählt: Einfache Technik, wenig Elektronik, mit Bordmitteln auch fern der Heimat zu reparieren.
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Ein übriges tat die Facebook-Seite „Elmos Odyssee“, die beide eigentlich gestartet hatten, um Freunde und Familien auf dem laufenden zu halten. „Unimog-Besitzer und Fans gibt’s auf der ganzen Welt“, sagt Erker, „wir wurden von einem zum nächsten weitergereicht“. Sehr hilfreich etwa, als Elmo in der Mongolei einen Satz neue Stoßdämpfer benötigte.
Rucksacktour durch Neuseeland und Hochzeit auf Hawaii
Da waren nicht nur die ersten fünf Monate vorbei, sondern auch der zuvor geplante Teil der Reise. „Wegen der Gültigkeit einiger Visa sollte man wissen, wann man wo ist“, erklärt Erker. So ging’s über Polen, Ungarn Moldawien unverhofft auch durch Transnistrien. „Wir wussten gar nicht, dass es das überhaupt gibt’, staunte das Paar, als es unvermittelt vor dem Grenzposten des autonomen Gebietes zwischen der Republik Moldau und Russland stand.
Ab Wladiwostok, östlichster russischer Außenposten und kontinentale Grenze, trennten sich die Wege: Elmo reiste per Schiff vor nach Australien, seine Besitzer machten zunächst noch in Japan, Südkorea und Indonesien Station, ehe es gemeinsam fünf Monate lang durch Australien ging.
Danach die nächste Verschiffung für den Unimog mit Zielhafen Long Beach (Kalifornien/USA). Beheng und Erker ging’s mit dem Flieger zunächst zur Rucksacktour nach Neuseeland, dann weiter nach Hawaii, an das eine Erinnerung bleiben wird: „Da haben wir am Strand noch einmal geheiratet.“
Einmal quer durch Kanada bis zu den Niagarafällen
Richtung Norden ging’s dann entlang der Pazifikküste, hinter der Grenze rechts ab und Richtung Westen quer durch Kanda bis zu den Niagarafällen. „Wir wollten dahin, wo wir beide noch nicht waren“, erklärt Erker die Wahl der Route, die dann aber doch wieder durch die USA führte zu australischen Reisebekanntschaften in Tennessee und Dirks altem Freund in Dallas.
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Nach der Etappe durch Mexiko und Mittelamerika musste Elmo die Sümpfe an der kolumbianischen Grenze per Schiff nach Cartagena überqueren, dann ging’s entlang der Anden über Ecuador, Peru und Bolivien sowie Argentinien, Paraguay und Brasilien schließlich nach Uruguay.
Zwangspause am Rio de la Plata in Uruguay
In Montevideo, an der Mündung des Rio de la Plata, solle Elmo eigentlich im März 2020 seine finale Schiffsreise nach Hamburg antreten, Sonja und Dirk wollten noch die Osterinseln besuchen, um dann über Florida die Heimreise anzutreten. „Der Spediteur, die Flüge, alles war schon gebucht“, berichtet Erker. Dann kam Corona.
Die Frachter blieben im Hafen, die Flieger am Boden - nichts ging mehr. Das Paar kam unter bei Niederländern, die nahe Montevideo eine Farm mit Stellplätzen und Zimmern für „Overlander“ anboten. Wie vertreibt man sich die Zeit in einer dreimonatigen Zwangspause? „Wie Kriegsgefangene im Lager“, scherzt Dirk Erker, „man muss konsequent Rituale einhalten“. Das hieß: Joggen, dem Farmbesitzer im Wald zur Hand gehen, Tipis bauen mit den Kindern, Grillabende mit den anderen Gestrandeten. „So kriegt man die Tage rum.“
„Landschaften wiederholen sich, für Menschen gilt das nicht.“
Alles kein Drama. „Bis auf die unfreiwillige Verlängerung um zwei Monate“, sagen die Weltenbummler. Ein Buch könnten sie schreiben über all die Orte, die sie sahen. Unwirklich anmutende Landschaften wie am Salar die Uyuni, dem Salzsee in Bolivien oder in der neuseeländischen Gletscherwelt, wo „Herr der Ringe“ gedreht wurde. Faszinierende Momente in der Natur mit kanadischen Grizzlys.
„Die Welt ist schön“, sagen beide über ihre Motivation zu reisen. Einfacher sei es geworden in der globalisierten Welt, in der Übersetzungsprogramme überall die Kommunikation erlauben. „Da kannst du dich am Baikalsee in Russland mit Wohnmobilisten aus China unterhalten – das war richtig lustig“, berichtet Erker. Überhaupt sind solche Begegnungen der eigentliche Reiz für die Reisenden: „Landschaften wiederholen sich, da gibt es irgendwann nicht Neues mehr. Für Menschen gilt das nicht.“
>>>WICHTIG FÜR WELTREISENDE: VISA, GENUG GELD UND EINE STILLE RESERVE
Wenn einer eine Reise tut, kann er nicht nur viel erleben – er muss auch dafür bezahlen. Worauf kommt es besonders an bei der Planung einer so langen Zeit fern der Heimat?
„Vor allem müssen die Pässe und Visa in Ordnung sein“, sagt Dirk Erker. Für viele Länder müssen Visa beantragt werden, sie gelten zuweilen nur wenige Wochen – deshalb muss ein Reisefahrplan entworfen und eingehalten werden.
„Mein Schiff“- Duisburgerin (18) lebt auf Kreuzfahrtschiff „Das Geld darf nie ausgehen“, so der Duisburger Weltenbummler. Bei den einen steht das Budget bei Reiseantritt, andere hat er getroffen, die unterwegs längere Arbeitspausen einlegen, um den Geldbeutel zu füllen. „Wer ein Auto dabeihat, sollte außerdem eine finanzielle Reserve haben, um auch größere Schäden zu begleichen, denn sonst kann die Reise schnell zu Ende sein“, rät Erker.
Route und Lebensstil unterwegs bestimmen die Höhe der Kosten. Wer reist wie Sonja Beheng und Dirk Erker, sollte mit 3000 bis 5000 Euro pro Monat kalkulieren – die Anschaffungskosten für das Fahrzeug nicht mitgerechnet. „Wir sind unterwegs einige Male geflogen, haben Elmo mehrfach verschifft, Länder wie Japan bereist, die sehr teuer sind“, erklärt Dirk Erker, „das geht alles richtig ins Geld“.
Das vielleicht größte Reiserisiko: Zwei Jahre mit dem Freund oder Lebenspartner auf engstem Raum zu leben, will gut überlegt sein. „Das ist eine Extremsituation, man geht durch Höhen und Tiefen“, warnen Sonja und Dirk, die weiter gemeinsam durch das Leben reisen: Uns haben die Erfahrungen enger zusammengeschweißt.
>>> VOM UNIMOG IN DIE WANDERSCHUHE
- Dirk Erker hat seine Werkstatt in Rheinhausen aufgegeben, und geht jetzt mit seiner Frau Sonja Beheng das nächste gemeinsame Projekt an. Im sächsischen Bad Muskau hat das Paar unweit der polnischen Grenze einen alten Dreiseiten-Hof erworben, den sie nun renovieren. „Wir sind aber regelmäßig in Duisburg und Düsseldorf, um die Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen“, sagen die beiden.
- Die Leidenschaft für Reisen ist geblieben, allerdings auf Schusters Rappen. Immer wieder brechen sie zu mehrwöchigen Wanderungen auf entlang der Routen des mittelalterlichen Pilgerweges Camino de Santiago. Der Weg, den Hape Kerkeling in seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ beschrieb, soll sie in Etappen nach Santiago de Compostela im äußersten Nordwesten Spaniens führen. Und Elmo? Der Unimog hat soeben einen neuen Besitzer gefunden – und geht vielleicht bald wieder auf große Fahrt.