Duisburg. Duisburg-Hochfeld ist Diaspora für die evangelische Kirche. Im Gespräch erzählt der neue Pfarrer Martin Hoffmann, warum er die Arbeit schätzt.
Martin Hoffmann ist der neue und zugleich alte Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Duisburg-Hochfeld. Nachdem er in den vergangenen acht Jahren Axel Hermann vertrat und dieser nun in Ruhestand ging, wurde Hoffmann einstimmig vom Presbyterium zum Pfarrer gewählt. Früher zählte die evangelische Gemeinde mal 16.000 Mitglieder, mittlerweile sind es unter 3000. In Hochfeld leben Menschen vieler Nationalitäten – ein Kirchenbesuch gehört bei den meisten nicht mehr automatisch zum Sonntagsprogramm. Dennoch schätzt er die Arbeit in dem Stadtteil. Im Gespräch erklärt er, warum.
Wieso sind Sie eigentlich Pfarrer geworden?
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Ich habe meinen Zivildienst in der Gemeinde am Ostacker gemacht. Da habe ich die Arbeit des Pfarrers mitbekommen und mir gedacht, dass ich das auch könnte. In den 1980er Jahren, als ich das Max-Planck-Gymnasium besuchte, war das ein beliebter Beruf. Aus meinem Jahrgang sind vier Mitschüler Pfarrer geworden.
Kommen Sie aus einer christlich geprägten Familie?
Ich war als Jugendlicher im CVJM aktiv und habe später eine Jungschar geleitet.
Neuer Pfarrer in Duisburg-Hochfeld hatte schon viele Jobs
Der heute 55-Jährige schrieb sich nach der Schule für das Fach Theologie ein, und hatte zahlreiche Nebenjobs. Hoffmann arbeitete beispielsweise als Kurierfahrer, schob Nachtschichten an der Tankstelle oder half in einem Forstbetrieb, indem er Bäume setzte und vor Weihnachten Tannenbäume verkaufte. Sein Vikariat machte er in der Kirche am Ostacker, er war am Robert-Bosch-Berufskolleg und in der heutigen Evangelischen Bonhoeffer-Gemeinde Marxloh Obermarxloh tätig. Seine Einsätze waren allerdings stets befristet. Als er arbeitslos wurde, hielt er freiberuflich Trauerreden. Er weiß, wie hart es ist, sich nach einer komfortablen Festanstellung neu orientieren zu müssen.
Was haben Ihnen die vielen verschiedenen Jobs für Ihren Beruf als Pfarrer gebracht?
Ich kenne die verschiedenen Lebenswirklichkeiten der Menschen, weiß auch, wie es denen geht, die am Rand stehen. Natürlich hat man am Anfang immer den Traum, Jahre lang in einer Gemeinde tätig zu sein, aber es sah zwischendurch nicht so aus, als würde Kirche noch neue Pfarrer brauchen.
Martin Hoffmann kennt die evangelische Gemeinde Hochfeld schon seit gut acht Jahren. Nachdem er zunächst vertretungsweise in der Gemeinde Dienst tat, wurde er nach dem Ruhestand von Pfarrer Axel Hermann einstimmig zum Pfarrer gewählt. Der Einführungsgottesdienst ist allerdings verschoben worden. Und weil auch die Konfirmation vom vergangenen Jahr noch nachzuholen ist, denken Hoffmann und das Presbyterium über eine ganze Festwoche nach – kommen soll sie, sobald wieder größere Gottesdienste möglich sind.
Machen wir uns nix vor, Ihre evangelische Kirche in Hochfeld ist Diaspora. Menschen pinkeln gegen das Gotteshaus, auf dem Platz treffen sich die Menschen, um zu trinken oder Sonnenblumenkerne zu kauen. Wie viele Menschen erreichen Sie mit Ihren Angeboten?
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Zu den Gottesdiensten kommen in der Tat eher wenige Personen. Auch der Bibelkreis ist nicht besonders gut besucht. Aber wenn man die Hochfelder fragt, dann gehört die Pauluskirche ganz klar zu ihrem Stadtteil und sie identifizieren sich auch mit ihr.
Die Pauluskirche ist immer wieder Ort für Konzerte und Stadtteilveranstaltungen - außerdem ist die Gemeinde Teil von zahlreichen Arbeitskreisen. Bringt diese Zusammenarbeit etwas?
Unsere Akustik-Nights sind beliebt und sollen nach Corona wieder stattfinden. Auch die Orgelmusik auf dem denkmalgeschützten Instrument hat ihre Liebhaber. Die Arbeitskreis-Treffen drehen sich oft um die gleichen Themen. Am meisten hat bewirkt, dass Ordnungsamt und Wirtschaftsbetriebe regelmäßig in Hochfeld und rund um die Pauluskirche nach dem Rechten sehen und ihre Arbeitszeiten bis in die späten Abendstunden ausgeweitet haben. Trotzdem schaffen es Kinder immer wieder, die kleinen Steine auszubuddeln. Die Jugendlichen werfen uns dann mit den losen Steinen die Fensterscheiben ein. Das kostet uns jedes Jahr mehrere tausend Euro.
Haben Sie einen Kontakt in die türkische Community?
Keinen strukturierten. Aber es ist Hochfeld, die Wege sind kurz, jeder kennt jeden. Bei einer schiitischen Moschee bin ich einfach mal reinspaziert.
Pfarrer träumt von Solarzellen auf dem Kirchendach
Die evangelische Kirche in Duisburg muss ja sparen - die Pauluskirche in Hochfeld steht aber nicht auf der Kippe?
Gemeinsam mit den Gemeinden in Neudorf, Duissern und Alt-Duisburg bilden wir eine Region. Vor allem mit Neudorf sind wir im Gespräch, wie wir enger zusammenarbeiten können. Wir nutzen die Corona-Zeit dafür, um zu überlegen, wie wir uns künftig aufstellen. In Hochfeld haben wir bereits die Kirche an der Friedenstraße abgegeben. Am Dietrich-Bonhoeffer-Haus gibt es noch einen Kindergarten, es sind aber auch Räume an die Stadt vermietet. Langfristig überlegen wir aber, ob wir den Kindergarten zur Pauluskirche verlagern und den Kindergarten, den es hier gibt, neu bauen. Er müsste dringend renoviert werden. Ich möchte mit meiner Gemeinde in die Zukunft denken. Uns beschäftigt ja nicht nur Corona, sondern langfristig auch die Klimakrise. Ob wir Solarzellen auf unser Kirchendach schrauben, ist ja gar keine Frage. Ich frage eher: Wann werden wir das tun? Mit dem Strom könnten wir die Räume heizen.
Hochfeld soll in den nächsten Jahren Zuzugsgebiet werden. Die Gebag plant Neubauten auf dem Theisen-Gelände. Im Rheinpark soll das Wohngebiet Rheinort entstehen. Erhoffen Sie sich davon etwas für Ihre Kirche?
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Es kann natürlich sein, dass der eine oder andere Bewohner darunter sein wird, der evangelisch ist. Auch der Güterbahnhof gehört zur Gemeinde. Diese Überlegungen fließen natürlich auch ein, wenn wir über die Zukunft nachdenken. Hochfeld wird sich in den nächsten Jahren verändern. Die Frage ist, was dann mit den Menschen passiert, die schon hier sind. Diese Frage bereitet vielen im Stadtteil Sorge.
Nun haben Sie mit 55 Jahren doch noch eine Gemeinde bekommen. Schließt sich jetzt ein Kreis für Sie?
Ich freue mich auf meine Tätigkeit hier.