Duisburg. Die Corona-Angst der Menschen beim Klinik-Besuch hat offenbar nachgelassen. In der Onkologie könnten sich aber die Folgen erst später zeigen.

Dass Patienten trotz Symptomen schwerer Erkrankungen den Gang zum Arzt meiden würden, fürchteten die Duisburger Krankenhäuser zu Beginn der Pandemie im April 2020 und reagierten mit eindringlichen Appellen. Nach einem Jahr belegen die Zahlen diese Corona-Angst allerdings nicht in allen Bereichen. „Eine Zurückhaltung, die es in der ersten Welle noch gab, hat sich danach gelegt“, sagt Dr. Andreas Sander, Medizinischer Direktor des Ev. Klinikums Niederrhein (EVKLN) und Sprecher der gemeinsamen Pandemie-Runde der Duisburger Kliniken.

Im März, während des ersten Lockdown, „war die Steuerung das Problem“, sagt Sander. Aus Ungewissheit, wie viele schwere Covid-Verläufe stationärer Behandlung erfordern würden, fuhren die Kliniken den Regelbetrieb herunter, sagten nicht zwingend notwendige Eingriffe ab. Das zeigte auch Wirkung bei den Patienten. Das zeigte Wirkung bei den Patienten. „In der Notfallversorgung von Infarkten gab es einen Rückgang von 15 bis 20 Prozent“, berichtet Sander.

Sana-Neurologen: Zahl der Schlaganfall-Patienten zuletzt wieder auf Vorjahresniveau

Prof. Dr. Wilhelm Nacimiento ist Chefarzt der Klinik für Neurologie der Sana Kliniken.
Prof. Dr. Wilhelm Nacimiento ist Chefarzt der Klinik für Neurologie der Sana Kliniken. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Die Strategie der zweiten Welle lautete: Trotz Covid-19 den Normalbetrieb möglichst aufrechterhalten.

Daran orientierten sich offenbar auch die Patienten, beobachtet Prof. Dr. Wilhelm Nacimiento, Chefarzt der Neurologie und der Neurologischen Frührehabilitation in den Sana Kliniken: „Eine Zurückhaltung der Patienten mit Schlaganfallsymptomen ist nicht mehr zu beobachten. Mit zirka 300 Schlaganfallpatienten zwischen November und Ende Januar in 2020 ist die Zahl ähnlich wie im Vorjahr.“

Auch Eltern zögern bei Kindern zu lange

Dass Patienten zögerlicher in die Klinik kommen, beobachtet Prof. Dr. Kurosch Moussazadeh, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme in den Sana Kliniken: „Es ist durchaus zu beobachten, dass die Symptome in einigen Fällen stärker ausgeprägt sind oder auf Nachfrage länger bestehen.“

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In der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie ist dagegen eine deutliche Zurückhaltung der Patienten mit akuten Symptomen festzustellen. „Insbesondere Patienten mit Hernien, Erkrankung der Gallenblase, des Dickdarms oder des Blinddarms warten oft lange, bis sie sich in ärztliche Hände begeben“, erläutert Sana-Chefarzt Prof. Dr. Stefan Hosch. „Vor allem Kinder mit fortgeschrittenen Blinddarmentzündungen werden uns immer wieder vorgestellt.“

Chefarzt warnt: Bei Herzinfarkt-Symptomen ist Diagnostik und Therapie unverzichtbar

Dr. Andreas Sander, Medizinischer Geschäftsführer des Evangelischen Klinikum Niederrhein (EVKLN).
Dr. Andreas Sander, Medizinischer Geschäftsführer des Evangelischen Klinikum Niederrhein (EVKLN). © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Nur leicht sei der Rückgang der Zahl der Patienten mit Koronar-Syndrom, berichtet Dr. Oliver Volk. „Da es sich hierbei um akute und häufig lebensbedrohliche Situation handelt, ist eine stationäre Diagnostik und Therapie unverzichtbar“, warnt der Chefarzt der Kardiologie, Pneumologie und internistischen Intensivmedizin am Kalkweg.

Es gebe keinen Grund, aus Angst vor dem Virus den Weg in die Klinik zu scheuen: Angesichts umfangreicher Infektionsschutz-Vorkehrungen sei „die medizinische, pflegerische und therapeutische Patientenversorgung weiterhin auf hohem Niveau sichergestellt“.

Onkologie: Kein einheitliches Bild

In der Krebsdiagnose und Behandlung werde sich ein Corona-Effekt wohl erst später zeigen, glaubt Dr. Andreas Sander. „Insgesamt kommen weniger Patienten in die Onkologie. Das Brustzentrum im Bethesda hat keinen Rückgang. Beim Darmkrebs kann Verzicht auf Vorsorge wegen Corona dazu führen, dass weniger Fälle im Frühstadium entdeckt werden.“

Auch Dr. Jan Sebastian Balleisen, Sana-Chefarzt der Onkologie und Hämatologie, ist besorgt über die Zurückhaltung von Patienten, bei denen eine Tumordiagnose bereits im Frühstadium gestellt werden kann. „Wir beobachten vermehrt einen verzögerten Gang zum Arzt und sehen einige Tumorpatienten erst, wenn die Erkrankung bereits ausgeprägt ist.“ Mit dieser späten Diagnose sinken die Heilungschancen, die dank moderner Tumortherapie in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind.

Die Zurückhaltung der Patienten schwindet: Dr. Oliver Volk, Chefarzt der Kardiologie und Koordinator der Corona-Stationen in den Sana Kliniken, registriert bei seinen Patienten mit Koronar-Syndrom nur leichte Rückgänge.
Die Zurückhaltung der Patienten schwindet: Dr. Oliver Volk, Chefarzt der Kardiologie und Koordinator der Corona-Stationen in den Sana Kliniken, registriert bei seinen Patienten mit Koronar-Syndrom nur leichte Rückgänge. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

SANA-ÄRZTE: EXZELLENTE VERSORGUNG IST SICHERGESTELLT

  • Die Mediziner der Sana Kliniken Duisburg betonen ausdrücklich, dass aufgrund der umfangreichen Vorsichtsmaßnahmen der NRW Corona-Schutzverordnung für alle Patienten eine exzellente medizinische Versorgung sichergestellt ist.
  • Daher, so die Ärzte, sollten Menschen auftretende Krankheitssymptome auch weiterhin ernst nehmen und sich vertrauensvoll in eine Behandlung bei ihrem Hausarzt oder in die Klinik begeben.