Duisburg. Die Initiative „Freiheitsboten“ steht gedanklich den Querdenkern nahe. Jetzt warnt sie in Duisburg vor einer Corona-Impfung – mit falschen Fakten.
Während das Impfzentrum ohne störende Zwischenfälle in Betrieb ging, sind Impfgegner in Duisburg auf anderen Wegen aktiv. Nicht nur im Netz, sondern auch per Flugblatt versuchen sie, Menschen von der angeblichen Gefahr einer Corona-Schutzimpfung zu überzeugen. Der Buchholzer Wilfried Rohen berichtet von einer vermeintlichen Aufklärungsbroschüre, die er im Briefkasten seines Zuhauses an der Gasteiner Straße fand.
„Die unmittelbaren Nebenwirkungen könnten zum Tod führen“, steht auf dem Flugblatt geschrieben. „Viele schlimme Szenarien“ seien denkbar, wie Autoimmunkrankheiten, schwerere Verläufe bei späteren Corona-Infektionen oder Unfruchtbarkeit – Szenarien, die von anerkannten Wissenschaftlern für äußerst unwahrscheinlich gehalten werden oder bereits gänzlich widerlegt sind.
Prominent in der „Querdenker“-Szene: Sucharit Bhakdi und Stefan Homburg
In der Corona-Pandemie herrsche zudem „eine medizinisch unbegründete Panik“. Es seien in Deutschland weder ungewöhnlich viele Menschen gestorben, noch seien die Intensivstationen überlastet gewesen. Die Verfasser fragen: „Denken Sie, dass der Nutzen größer sein wird, als die möglichen Gefahren?“
Diese Verfasser sind der Mediziner Sucharit Bhakdi und der Ökonom Stefan Homburg – zumindest finden sich ihre Namen und Gesichter auf der letzten der insgesamt vier Seiten. Beide Namen sind nicht nur in der Verschwörungs- und „Querdenker“-Szene bekannt: Bhakdis Verharmlosungen der Pandemie und seine Behauptungen über das Impfen wurden nach Recherchen von Correctiv und ZDF als unbelegt und sogar irreführend bezeichnet.
Auch die Universität in Mainz, an der Bhakdi einst forschte und lehrte, hat sich „von den vertretenen Positionen, die wir als irreführend bis falsch betrachten“, distanziert. In Stefan Homburg sieht etwa die Süddeutsche einen „Professor Dr. Verschwörung“, der zweifelhafte Schlüsse mit seriösen Daten vermische.
Gruppe „Freiheitsboten“ verteilt Flugblätter auch in Duisburg
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Das Flugblatt verweist zudem auf die Website der Gruppierung „Freiheitsboten“. Diese Initiative wurde ursprünglich vom Arzt und Corona-Leugner Bodo Schiffmann ins Leben gerufen, der seit Mai 2020 Verschwörungstheorien zur Pandemie verbreitet und sich an Protesten gegen die Schutzmaßnahmen beteiligt.
In einer öffentlich zugänglichen Gruppe auf dem Messenger-Dienst Telegram organisieren die Duisburger Anhänger der „Freiheitsboten“ die Verteilung der Flugblätter. „44.000 Briefkästen gehen auf unser Konto“, schrieb der Administrator bereits im November, wobei unklar bleibt, ob sich die Zahl auf Duisburg oder auf ganz Deutschland bezog.
Ähnlich wie in Chatgruppen der „Querdenker“ werden die Infektionsschutzmaßnahmen als „Diktatur“ bezeichnet. Um diese Positionen zu verbreiten, kündigt der Administrator regelmäßig an, wann und wo Flugblätter abgeholt werden können. Wo sie verteilt werden, bleibt den Abholern wohl selbst überlassen.
Betrieb des Duisburger Impfzentrums noch ohne Zwischenfälle
Einer wählte offenbar die Gasteiner Straße in Buchholz. Anwohner Wilfried Rohen: „Ich frage mich, ob das rechtens ist.“ Es ist rechtens, erklärt Stadtsprecher Falko Firlus: „Flyer dürfen grundsätzlich verteilt werden, solange sie keine strafrechtlich relevanten Inhalte haben. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um politische, religiöse oder werbende Inhalte handelt.“ Ein Grund für eine Ablehnung sei in diesem Fall juristisch nicht gegeben.
Immerhin: In Duisburg bleibt es bislang beim Kampf mit Worten. Wie Polizeisprecher Stefan Hausch mitteilt, ist bislang nichts vorgefallen, was den Betrieb des Impfzentrums in irgendeiner Form behindert hätte. Auch Ankündigungen zu Störaktionen habe es noch nicht gegeben: „Das Gefahrenszenario, dass bei der Planung immer mitschwang, hat sich bislang nicht eingestellt.“
>> IMPFZENTRUM IN DUISBURG WIRD GUT BEWACHT
• Vor dem Impfstart befürchteten deutschlandweit viele Städte Aktionen von Corona-Leugnern und Impfgegnern. Auch die Stadt Duisburg hat deshalb einen Sicherheitsdienst engagiert, der das Impfzentrum an allen sieben Wochentagen 24 Stunden lang bewacht.
• Auch die Polizei hat angekündigt, die Situation rund um das Impfzentrum im Theater am Marientor im Auge zu behalten.