Duisburg. Drei Intensivpfleger von der Corona-Station im Krankenhaus Duisburg-Nord berichten von Ängsten und Routinen im Umgang mit Covid-19 und Patienten.
Seit März bestimmt das Coronavirus ihr Leben. Hinter Masken, Brillen und unter Schutzanzügen begleiten die Krankenpfleger die Infizierten mit schweren Verläufen, beim Kampf um ihr Leben auf den Intensivstationen rund um die Uhr. Carina Hackstein, Dominik Velten und Bernfried Nadrowski arbeiten auf den Covid-Stationen des Krankenhauses Duisburg-Nord – in der Röttgersbacher Klinik des Ev. Klinikums Niederrhein (EVKLN) werden viele Erkrankte behandelt.
Von weit weg in China bis nah dran, das ging schneller als erwartet, erinnert sich Carina Hackstein. Die alte Notaufnahme der Klinik wurde hergerichtet für die Covid-19-Patienten. „Als die ersten kamen, da waren wir plötzlich mittendrin.“
Warten auf die ersten Covid-Patienten: "Es war ein Gefühl der Ohnmacht"
Eine neue Krankheit, keine etablierte Therapie, die Gefahr, sich selbst und die eigene Familie zu infizieren. „Man wusste im Frühjahr sehr wenig. Das war für mich eine neue Situation“, sagt Domink Velten. Wie viele kommen, wie schwer sind sie erkrankt, was ist zu tun? „Es gab viele Fragezeichen, viel zu organisieren. Dann haben wir auf die ersten Patienten gewartet. Das war sehr intensiv.“
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In Schulungen bereitete sich das Personal auf viele Patienten in Isolation vor. Die Schreckensbilder aus Bergamo verfehlten auch in Duisburg ihren Eindruck nicht. „Es hieß, das zieht jetzt aus dem Süden hier hoch“, sagt Carina Hackstein. „Was kommt jetzt wirklich? Müssen wir auch Patienten abweisen, sterben sie uns unter den Händen? Es war ein Gefühl der Ohnmacht. Wir haben fast jeden Tag auf Busse voller Patienten gewartet.“
Die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Gesundheitssysteme sei schwer einschätzbar gewesen, berichtet Velten. „Ich wusste, was ich kann, aber nicht genau, was da kommt.“ Reicht die Schutzausrüstung in den Kliniken? - das war eine weitere bange Frage. „Es gab Lieferengpässe in ganz Europa.“
Freiwilliger Einsatz auf der Covid-Station
Der Einsatz auf der Covid-Station sei freiwillig gewesen, betonen die Pfleger. „Jeder wurde gefragt. Wer Angst hatte, oder ein erhöhtes Risiko durch eine Infektion, der musste dort nicht arbeiten.“
Die erste Welle kam nicht mit der befürchteten Wucht. „Die Quantität war nicht das Problem“, sagt Velten, „eher die Ängste und die Ungewissheit“. Das erlebt er aktuell deutlich anders. „Die Belastung durch die Covid-Zahl der Patienten ist deutlich höher, aber die Routine im Umgang ist deutlich höher. Wir wissen, wie wir mit der Krankheit umgehen müssen, kennen unseren Feind.“
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Das Screening per Schnelltest mit der Aufnahme entlaste nun den Alltag, sagt Intensivpfleger Bernfried Nadrowski. „Am Anfang hatten wir sehr viele Verdachtsfälle, von denen am Ende die meisten negativ waren.“
Die älteren Patienten ohne Handy sind komplett isoliert
Die Arbeit unter Vollschutz sei eine Belastung, besonders bei sommerlichen Temperaturen rinnt schnell der Schweiß. Aber sie gab besonders am Anfang auch Sicherheit. „Wir sind besser geschützt gegen das Virus als alle andere“, sagte sich Carina Hackstein.
Erheblich gestiegen sei der Aufwand - der Schutz vor einer Ausbreitung bestimmt die Abläufe. „Ich muss genau bedenken, was ich in welcher Reihenfolge mache“, erklärt Velten, „die Covid-Patienten unterscheiden sich ansonsten nicht von anderen.“
Seinen ersten Covid-Intensivpatienten wird Nadrowski dennoch nicht vergessen. „Ein älterer Mann, der Vorerkrankungen hatte. Ein Klassiker.“ Aber es ging gut aus, trotz schlechter Prognose. „Er konnte nach über vier Wochen in relativ gutem Zustand ohne künstliche Beatmung verlegt werden.“
Wie wirkt die Maskierung auf die Kommunikation? „Die Hälfte der Mimik ist nicht mehr wahrnehmbar, wir sehen alle irgendwie gleich aus. Das macht es schwer, weil sich darüber auch viel Empathie ausdrückt“, sagt Dominik Felten, „hinzu kommt, dass gerade die älteren, die nicht über das Handy Kontakte zur Außenwelt in Kontakt stehen, komplett isoliert sind.“
Corona-Skeptiker und Maskenverweigerer? „Verhalten nicht tragbar“
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Nach entspannten Wochen im Sommer, in denen die Corona-Station über Wochen komplett geschlossen war, stemmen sich die Pfleger seit November gegen die zweite Welle. „Ich hatte ein wenig Hoffnung, dass wir es überstanden hatten“, sagt Carina Hackstein. Die schwand, als in den Nachbarländern die Zahlen wieder stiegen.
„Die Belastung ist jetzt anderes, die Schnelltests bringen mehr Ruhe rein“, meint Dominic Velten, „aber wir sind jetzt nahezu ausgelastet“. Die gewonnene Routine hilft auch auf der Intensivstation, die gestiegene Zahl der Patienten zu versorgen. „Die Versorgung der Corona-Patienten ist in den normalen Betrieb integriert“, erklärt Bernfried Nadrowski, „das ist nicht immer leicht, aber es funktioniert noch“.
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Was h alten sie Corona-Skeptikern, unverändert Leichtsinnigen und Maskenverweigerern entgegen? „Ich finde das Verhalten fahrlässig, weil die Menschen, selbst wenn sie sich nicht selbst schützen möchten, doch andere gefährden. Deshalb finde ich es nicht tragbar“, betont Dominic Velten.
„Corona hat unseren Beruf schon aufgewertet“
Viel Anerkennung hat die Berufsgruppe erfahren; Befürchtungen, ihnen wegen ihrer täglichen Nähe zu Covid-Erkankten nahe zu kommen, haben sie im eigenen Umfeld bisher nicht erlebt. „Es war eher so, das wir von uns aus den Kontakt gemieden haben“, berichtet Hackstein, deren Mann im Bethesda ebenfalls auf einer Corona-Station tätig ist. „Ich versuche immer, das im Keim zu ersticken, zu erklären, dass von mir keine Gefahr ausgeht, weil ich bestens geschützt bin“, sagt Velten, „ich erlebe eher, dass meine Meinung als Fachkraft wertgeschätzt wird“.
„Corona hat unseren Beruf schon aufgewertet“, meint Nadrowski, „ob wir im Nachhinein etwas davon haben, ist eine andere Frage.“
Wenn Menschen, wie in Italien oder Spanien, von ihren Balkonen den Pflegern allabendlich applaudierten, das ist schön, findet Dominic Velten, „in unserer Arbeit hilft das aber nur bedingt.“
Ein Banner mit der Aufschrift „Ihr seid Helden“ drückt auch am Parkplatz des Fahrner Krankenhauses Wertschätzung für den Einsatz aus. Intensivpfleger Bernfried Nadrowski fühlt sich nicht so. „Ich bin kein Held, ich bin Profi.“