Duisburg. Spitzenkoch Sven Nöthel will aus dem alten Kuhstall des Renzi’s in Duisburg-Baerl eine neue Top-Adresse machen. Das ist sein Konzept.
Auch kulinarische Liebesbeziehungen beginnen manchmal online: Im Sommer schaltete Tobias Bähner, Chef des beliebten Restaurants „Renzi’s“ in Duisburg-Baerl, bei Facebook eine Stellenanzeige und suchte Unterstützung für die Küche. Es bewarben sich etwa 20 Frauen und Männer, darunter Sven Nöthel, Spitzen- und Sternekoch aus Mülheim. Zuletzt hatte der im Wirtschaftsclub Düsseldorf gewirkt.
Auch interessant
Bähner war elektrisiert, glaubte allerdings zunächst an eine „Fake-Mail“. Nach einem ersten Telefonat war schnell klar: Bähner und Nöthel sind sich sympathisch. Mehr noch: Sie verbindet eine ähnliche gastronomische Idee. Nun gibt es ein Happy-End, das für Furore in der Duisburger Gastro-Szene sorgen soll. Die ganze Geschichte.
Nun in Duisburg: Spitzenkoch hat Spaß an der kreativen Arbeit in der Küche
„Ich habe die Anzeige online gesehen und ein dazugehöriges Video, welches das Restaurant und die Umgebung zeigt. Das war cool gemacht“, erinnert sich Sven Nöthel seinerseits an den ersten Eindruck vom Renzi’s. Nöthel stammt aus einer erfahrenen Gastronomie-Familie. Sein Vater Peter war 1988 der jüngste Sternekoch Deutschlands, seine Mutter betreibt das Mülheimer Restaurant „Am Kamin“, eine der kulinarischen Top-Adressen im Ruhrgebiet. Doch Nöthel spielte nach der Schule erst einmal professionell Tennis, bevor er sich für eine Ausbildung zum Koch entschied. „Eigentlich habe ich mich immer eher im Hotel gesehen, im Anzug am Gast.“
Während der Lehre merkte er allerdings, wie viel Spaß ihm die kreative Arbeit in der Küche machte. Das erste Jahr verbrachte er im heutigen Sternerestaurant Haus Stemberg in Velbert-Neviges. Danach ging er in den Familienbetrieb „Am Kamin“. „Im dritten Lehrjahr fiel der Chef aus“, erinnert er sich. Nöthel probierte und entwickelte Rezepte, die Gäste waren begeistert – die Kritiker auch. Seit seinem Einstieg kletterte die Punktebewertung in den Restaurantführern jedes Jahr Stück für Stück höher. 2015 gab es den lang ersehnten Stern.
Kocherlebnisse mit Blutwurst, Gurke und vielen Kräutern
Der 32-Jährige stellt klar: „Ich brauche keinen Hummer oder Trüffel. Ich möchte mit Blutwurst, Gurke, Kräutern und Zutaten von hier etwas Gutes kochen. Gemüse finde ich viel spannender als Fisch und Fleisch.“ Was nicht bedeutet, dass es kein Fleisch bei ihm auf der Karte gebe. Aber schon in Mülheim hat Nöthel einen großen Kräutergarten angelegt und seine Gäste mit einer Saftbegleitung zum Menü überrascht. Nachhaltigkeit ist für ihn ein wichtiges Thema.
Das trifft sich gut: Tobias und Astrid Bähner, Betreiber des „Renzi’s“, haben vor rund einem Jahr dem idyllisch gelegenen Ausflugslokal eine komplett neue kulinarische Ausrichtung verordnet. Statt All-You-Can-Eat-Angeboten stehen seitdem regionale Mahlzeiten, etwa modern dargeboten als Bowl, im Mittelpunkt. Fleisch und Fisch bezieht Küchenchef Bähner von Produzenten aus der Region.
Mit Gänsetaxi, Genuss-Boxen und einem innovativen Drive-in-Konzept hält sich das Restaurant auch zu Corona-Zeiten über Wasser. „Die Unterstützung ist enorm. Die Leute kommen teilweise aus Krefeld, um sich bei uns mit Essen zu versorgen“, erklärt Astrid Bähner dankbar. Das Paar investierte in den alten Hof, den sie vor elf Jahren übernommen haben. Das hübsch eingerichtete Landhaus ist seitdem eine gefragte Location für Hochzeiten und Familienfeiern. Bis 2022 sind die Wochenenden bereits ausgebucht.
Beide Köche haben Respekt voreinander
„Nach dem Telefonat bin ich spontan vorbei gekommen und wir haben bei einem Kaffee vier Stunden gequatscht“, erzählt Nöthel. Abends reservierte er dann einen Tisch. „Blutwurst mit Himmel und Ähd“ probierte er von Tobias Bähner. „Da war mir klar, dass er mich nicht für die kulinarische Unterstützung braucht. Das Gericht war top.“ Beiden ist wichtig: Sie haben Respekt voreinander. Nöthel hat mit seinem Stern bewiesen, was er in der Küche beherrscht. Bähner hat das „Renzi’s“ zum Erfolg geführt. Das wurde auch deutlich, als die beiden über Zahlen und eine engere Zusammenarbeit sprachen. Nöthel: „Davon können sich andere Restaurants eine Scheibe abschneiden.“
Auch interessant
Wie verliebte Teenager überlegten sie also, ob sie gemeinsame Kochkurse anbieten sollen. Zunächst einmal im Monat. Dann wurden die Ideen immer größer. Neben dem Gebäude, in dem sich Restaurant und Veranstaltungssaal befinden, gab es noch einen alten Kuhstall. Bis in die 1960er Jahre waren hier Rindviecher zu Hause. „Bald wieder“, frotzelt Bähner. Nöthel nimmt’s mit Humor.
Gastronomen investieren 300.000 Euro und glauben an Duisburg
Etwa 300.000 Euro investieren die beiden, ein eigenes Blockheizkraftwerk inklusive. Ein Weinkeller sowie ein Gastraum für bis zu 30 Personen soll dort entstehen, wo nun noch Baustelle ist. Konkrete Ideen, wie es später einmal aussehen soll, gibt’s einige: Heller Holzboden, schlichtes-schickes Design im skandinavischen Stil. Weil Nöthel zu jeder Jahreszeit ein Stunden-Ei auf die Speisekarte setzen will, werden noch Hühner angeschafft. „Wir sind kein Etepetete-Laden, hier kann man für 100 Euro pro Person einen guten Abend haben. Gäste dürfen auch in Jeans und Polo-Shirt vorbeikommen“, betont Nöthel, der das Kochen in den vergangenen Monaten vermisst hat. Vier Gänge soll es ab 69 Euro geben. Auch Veganer sollen auf ihre Kosten kommen.
Zum gehoben-lässigen Konzept gehört, dass die Besucher etwa als siebten Gang auch mal Rippchen aus dem „Renzi’s“ ordern können oder umgekehrt ein Saiblingstatar nebenan aufgetischt wird. „Es sind zwei Restaurants, aber ein Team“, sagt Astrid Bähner.
Die Lage im Duisburger Westen finden die Macher übrigens nicht zu abgelegen. Nöthel stellt klar: Eine Adresse in der Duisburger Stadtmitte hätte ihn nicht gereizt. „Düsseldorf ist 31 Kilometer entfernt, Mülheim 19 Kilometer. Das ist alles machbar.“ Außerdem gibt’s vor Ort ein Appartement. Tobias Bähner: „Ich bin ein Duisburger Jung. Wir glauben daran, dass man in Duisburg so eine Gastronomie betreiben kann.“ Nöthel wird zwei junge Weggefährten, mit denen er schon zusammen gearbeitet hat, in sein Team holen. Ein neuer Stern wäre schön.
Einen Namen für das neue Restaurant gibt es bereits. „Mod by Sven Nöthel“. Mod ist Schwedisch und bedeutet: „Mut“.
>>GUTSCHEINE FÜR KOCHKURSE ERHÄLTLICH
- Wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht: Ab kommendem Frühjahr wollen Sven Nöthel und Tobias Bähner zusätzlich ihre Idee umsetzen, Kochkurse anzubieten. Wer mag, kann schon jetzt Gutscheine dafür erwerben. 129 Euro pro Person wird es kosten, gemeinsam mit dem Sternekoch in der Küche zu stehen.
- Interessierte können sich ab sofort unter der Rufnummer 02841/9811123 melden.