Duisburg. Nach Plänen der Bundesregierung soll die Sperrstunde auch in Duisburg verschärft werden. Dehoga-Vorsitzender kann Maßnahme nicht nachvollziehen.
Seit Mittwoch greift in Kneipen, Bars und Restaurants um 1 Uhr nachts eine Sperrstunde. Diese soll nach einer Vereinbarung zwischen Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten möglichst zügig in Risikogebieten (also auch in Duisburg) bereits ab 23 Uhr gelten. Marc Weber ist Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Duisburg. Der 59-jährige betreibt das Webster-Brauhaus am Dellplatz und fürchtet immense Einbußen. In Kneipen mit Hygienekonzept zu sitzen ist seiner Ansicht nach viel sicherer als eine gesellige Runde im Wohnzimmer.
Herr Weber, wie stehen Sie zu der geplanten Sperrstunde um 23 Uhr in Risikogebieten?
Das ist eine der Maßnahmen, die ich nicht nachvollziehen kann. Das Virus macht nicht um 23 Uhr oder 1 Uhr Schluss. Gerade die Betriebe, die eher jüngere Leute anziehen, öffnen erst später. Für die käme das einem neuen Lockdown gleich. Und vor allem werden diejenigen, die auch danach ein Bier trinken wollen, das auch weiterhin tun. Regeln alleine bringen nichts, die Behörden müssen viel strenger kontrollieren, dann wären neue Vorgaben gar nicht nötig.
Würden die Verschärfung Auswirkungen auf den Betrieb haben?
Auf jeden Fall. Wir merken das bei uns im Brauhaus: Da machen wir am Wochenende derzeit um 23 Uhr zu. Wenn dann Leute für 20 Uhr einen Tisch reservieren und wir sie darauf hinweisen, überlegen sie sich es meist anders. Aber wir schmeißen natürlich niemanden raus, wenn noch Leute im Laden sind. Das wird jetzt anders. Viele kommen außerdem nach dem Besuch im Kino nebenan noch rein, das geht dann nicht mehr. Und wer um halb 10 ein Essen bestellt, muss das ja runterschlingen.
Aber je später es wird, desto betrunkener werden die Leute möglicherweise und lassen weniger Vorsicht walten.
Davon ist mir nichts bekannt. Wenn das der Fall gewesen ist, bedeutet das aber auch, dass sich nicht an die Regeln gehalten wurde. Von Tisch zu Tisch zu laufen wäre gar nicht erlaubt gewesen. Das hat man bei den ganzen Hochzeiten mit 150 Gästen gesehen. Das Wort „Sperrstunde“ wirkt ja auch so abschreckend, damit macht man die Wirtschaft kaputt.
Die Abschreckung ist ja auch gewollt – wer zu Hause bleibt, kann sich nicht anstecken.
Die Wirte wissen über die Hygieneauflagen doch viel besser Bescheid, das ist ihr tägliches Geschäft. Die Sache mit der Entlüftung kennen wir noch aus der Raucherzeit. Verlagert man das Beisammensein in den privaten Bereich, ist das für den Infektionsschutz nicht sinnvoll. In Gaststätten mit einem vernünftigen Hygienekonzept, einer Entlüftungsanlage und Plexiglasscheiben neben den Tischen ist es viel unwahrscheinlicher, sich zu infizieren, als wenn man zusammen im Wohnzimmer hockt.
Auf welche Lösungen setzen Sie?
Lüften ist im Winter ein großes Thema. Das bringt aber nur was, wenn man einen Durchzug schaffen kann, ein Fenster auf Kipp nutzt nichts. Die Betriebe, die das nicht können oder keine Entlüftungsanlage haben, dürfen halt nur wenige Personen reinlassen. Es gibt gute und sinnvolle Regeln, zum Beispiel, dass Wirte beim Ordnungsamt die technischen Daten ihrer Anlage hinterlegen.
Wie stehen Sie zum Thema Heizpilze?
Persönlich lehne ich sie ab, da sie umweltschädlich sind. Für das Webster haben wir uns allerdings ein paar Geräte zugelegt, man könnte damit die Saison verlängern oder früher beginnen lassen. Bei diesen Temperaturen und dem Wetter bringen sie allerdings nichts. Dazu müsste man die Seiten schließen, damit man nicht im kalten Wind sitzt. Dann aber sitzt man quasi wie in einem Zelt und kann nicht lüften. Ich frage mich, ob man sich dann nicht auch wieder in der Gaststätte aufhalten kann.
Denkt der Gesetzgeber also nicht weit genug?
Wir brauchen sinnvolle Konzepte, am besten schon gestern. Gerade im Hinblick auf die Weihnachtszeit: Der Dezember ist der wichtigste Monat für die Gastronomie, weil da viele Firmen ihre Weihnachtsfeier abhalten. Bis dahin könnte es für manche Betriebe aber schon zu spät sein, die stehen mit dem Rücken zur Wand. Die finanzielle Überbrückung durch den Staat kostet Steuergeld, da wäre es doch sinnvoller, dort die Gaststätten zu öffnen, wo es mit Hygieneauflagen möglich ist. Das Virus wird uns noch monatelang begleiten, deswegen müssen wir intelligentere, langfristige Lösungen finden.
>>POLIZEI UND ORDNUNGSAMT KONTROLLIEREN EINHALTUNG DER SPERRSTUNDE
- Derzeit gilt die Sperrstunde in Duisburg zwischen 1 und 6 Uhr. Sie soll nach Plänen der Bundesregierung bald aber schon ab 23 Uhr greifen.
- Die Duisburger Polizei und der Städtische Außendienst des Ordnungsamts kontrollieren gemeinsam die Einhaltung.