Duisburg. Das Johanniter-Krankenhaus Rheinhausen ist aktuell das einzige in Duisburg mit einem Besuchsverbot. Die anderen setzen auf strenge Besuchsregeln.
Dieses Gefühl kennt bestimmt jeder: Wer ernsthaft krank ist, der braucht nicht nur medizinische Hilfe. Mut machende Worte, Händchen halten, getröstet werden – das kann niemand besser als die engsten Vertrauten, die einem in solchen Zeiten zur Seite stehen.
Viele Wochen hat Friedrich M.* seit Dezember im Krankenhaus verbracht. Eine Pechsträhne, die durch Corona doppelt belastend für den 85-Jährigen war, weil es in der Zeit des Lockdowns ein komplettes Besuchsverbot in den Kliniken gab. „Das war eine sehr schwierige Zeit für meinen Schwiegervater. Wir haben ihm ein Handy besorgt, damit wir wenigstens auf diesem Weg Kontakt zu ihm halten konnten“, sagt Gisela S.* Erleichtert war sie, als die Krankenhäuser die Besuchsregelungen im Mai wieder lockerten.
Vor einigen Wochen musste der Senior überraschend erneut ins Johanniter-Krankenhaus Rheinhausen. Als seine Schwiegertochter den Besuch organisieren wollte, rief sie bei der Zentrale an und erfuhr, dass Patientenbesuche doch nicht mehr erlaubt sind. „Als ich nachgefragt habe, wie das denn sein kann, hat man mir nur gesagt, dass das eine Entscheidung der Geschäftsführung ist.“
„Das geht in anderen Krankenhäusern doch auch“
Gisela S. versuchte es an einem anderen Tag noch mal und bekam wieder die Antwort, dass Besuche grundsätzlich nicht erlaubt sind. „Ich finde das unmöglich. Gerade ein Krankenhaus wie das Johanniter, das sich auf christliche Werte beruft, sollte doch versuchen, zum Wohle der seelischen Gesundheit der Patienten eine Möglichkeit zu finden“, ärgert sich die Duisburgerin. „Das geht in den anderen Krankenhäusern doch auch.“
Vor signalrotem Hintergrund steht auf der Homepage des Johanniter-Krankenhauses, dass aufgrund der Corona-Situation bis auf weiteres ein Besuchsverbot gilt. „Mit den steigenden Fallzahlen durch die Sommerferien hat sich unser Krankenhaus am 13. August zu diesem Schritt entschlossen“, sagt Pressesprecherin Sandra Kalkmann.
Für sterbenskranke Menschen gibt es Ausnahmen bei der Besuchsregelung
„Wir können nur um Verständnis bitten, schließlich geht es hier um den Schutz von Besuchern, Patienten und Mitarbeitern.“ Bisher habe es noch keine Beschwerden von Angehörigen gegeben. Das Johanniter-Krankenhaus sei außerdem nicht das einzige in Duisburg mit einem Besuchsverbot. „Das machen die meisten so.“Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen
Unsere Recherche hat etwas anderes ergeben: Das Rheinhauser Johanniter-Krankenhaus ist aktuell das einzige in ganz Duisburg, das ein Besuchsverbot angeordnet hat. Zwar können nach Rücksprache mit den Ärzten hier Ausnahmen möglich gemacht werden, aber die, so erklärt es Sandra Kalkmann, gelten nur für „Härtefälle mit besonderer medizinischer oder ethisch-humanitärer Indikation.“ Dazu gehören zum Beispiel sterbenskranke Menschen. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass es für das Johanniter einfach nur bequemer ist, die Coronakrise ohne Besucher durchzustehen“, schildert Gisela S. ihren persönlichen Eindruck.
Andere Kliniken, andere Regeln
Auch in den Duisburger Sana-Kliniken möchte man Mitarbeiter, Besucher und Patienten vor dem Corona-Virus schützen. Dennoch hat man sich hier am 27. Mai dazu entschieden, ein Stück weit zur Normalität zurückzukehren und Patientenbesuche mit einem umfangreichen Hygienekonzept möglich zu machen. Trotz der Mehrbelastung für das Klinikpersonal.
Das funktioniert so: Pro Tag und Patient ist zwischen 16 und 19 Uhr ein Besucher für 30 Minuten erlaubt. Auf einem „Passierschein“ wird festgehalten und persönlich unterschrieben, dass niemand an den typischen Covid-19-Symptomen leidet. Auch die Desinfektion der Hände und der Mund-Nasen-Schutz gehören zum verbindlichen Besuchsprogramm.
Ähnlich handhaben es auch die anderen Duisburger Krankenhäuser – mit Ausnahme der Johanniter in Rheinhausen. Im Homberger Malteser Krankenhaus St. Johannes-Stift wird zum Beispiel zusätzlich noch die Körpertemperatur der Besucher gemessen, im Evangelischen Klinikum Niederrhein im Norden der Stadt sind nur Besucher aus dem engsten Familien- oder Freundeskreis erlaubt und die Helios-Kliniken halten sich sehr übersichtlich an die selbst ernannte „1111-Regel“: pro Patient pro Tag ein Besucher für eine Stunde.
„Da muss man sich also künftig nicht nur fragen, welches Krankenhaus fachlich das beste ist, sondern auch noch, wo man seine Angehörigen besuchen darf.“ Das ist das Fazit, das Gisela S. aus ihren Krankenhaus-Erlebnissen in der Corona-Zeit zieht. „Vom Johanniter bin ich sehr enttäuscht.“ Ihr Schwiegervater hat jetzt übrigens wieder Gesellschaft. Es geht ihm wieder so gut, dass er aus dem Krankenhaus entlassen wurde.