Duisburg. Teils einfallslos, teils kreativ: Wie die Duisburger Parteien im Online-Wahlkampf vorgehen, und wie viel sie an Facebook zahlen. Ein Vergleich.

Für Wahlkämpfer ist es ohnehin mühsam, mit Stimmberechtigten ins Gespräch zu kommen. Vor den Kommunalwahlen sollen sie im Wahlkampf wegen des Coronavirus obendrein Abstand vom Wahlvolk halten. Ein Grund mehr also, sich im Online-Wahlkampf ins Zeug zu legen? Einige Parteien gehen dabei halbherzig, einfallslos und unversiert vor. Der Austausch mit Bürgern bleibt eine Ausnahme.

Dabei hatten Parteien und Wählerbündnisse in einer Umfrage unserer Redaktion vor den Ferien angegeben, der Online-Wahlkampf werde für sie noch wichtiger. Alle wollten (mehr) Geld in digitale Kanäle investieren. Das wichtigste soziale Netzwerk Facebook, das 60 Prozent der Deutschen nutzen, zeigt an, wie viel Parteien für Werbeanzeigen ausgegeben haben und wie viele Nutzer diese gesehen haben. Diese Daten sind in unsere Betrachtung eingeflossen. So viel vorweg: Plakate und Kugelschreiber waren den meisten Parteien sicher erneut mehr wert.

Dabei sind Facebook-Anzeigen auch für Parteien interessant, weil der Weltkonzern für vergleichsweise geringe Summen eine präzise Ausspielung an spitze Zielgruppen, gezielt nach Wohnort, Alter, Geschlecht und Interessen verspricht. Problematisch für einige Parteien: Im Netzwerk hängt der Erfolg – auch der finanzierter Anzeigen – davon ab, wie man seine Auftritte zuvor jahrelang gepflegt hat.

SPD Duisburg zahlt größte Beträge an Facebook und wirbt mit Sören Link

Auch die Online-Kampagne der SPD rückt Sören Link als Lokomotive des Wahlkampfs in den Mittelpunkt, obwohl der OB nicht zur Wahl steht. Die Sozialdemokraten investieren am meisten Geld in Facebook-Anzeigen und sicher auch in Beratung (durch die Oberhausener Werbeagentur h2m, die 2017 Links OB-Kampagne konzipierte).

Die SPD hat auf Facebook die beste Ausgangsbasis, obwohl ihr Auftritt nur 2940 Abonnenten hat ( alle Abonnenten-Zahlen im Text: Stand 30. August). Zum Vergleich: Sören Link hat mehr als 8500 Facebook-Fans. Viele der etwa 3330 SPD-Mitglieder wirken mit eigenen Profilen als Multiplikatoren. Hinzu kommen über 30 weitere Facebook-Accounts, etwa von Ortsvereinen und Unterorganisationen wie den Jusos (1448 Abonnenten).

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Die SPD hat bis zum 31. August 2911 Euro für Facebook-Anzeigen ausgegeben, 575 Euro allein vom 25. bis 31. August. Beworben hat sie fast ausschließlich Sören-Link-Motive und -Videos. Die gekaufte Reichweite: Mindestens 400.000 Sichtkontakte bis zum 25. August. Die SPD-Ratsfraktion (1216 Abonnenten) setzte zuvor bis zum 22. Juni 54 Anzeigen für 604 Euro ab, um mit beschrifteten Bildern vor allem auf Beschlüsse der GroKo im Rat hinzuweisen.

In ihren nicht beworbenen Facebook-Beiträgen setzt die SPD auch Infografiken ein. Kein anderer parteilicher Facebook-Auftritt antwortet so häufig auf Nutzer-Kommentare. Insgesamt eine Seltenheit im Duisburger Online-Wahlkampf: Zwei Live-Videos boten Nutzern die Möglichkeit zum Austausch (mit Sören Link und Sarah Philipp).

Die SPD hat auf Instagram mit 315 Beiträgen etwa 1060 Abonnenten gewonnen. Der Account profitiert von den umtriebigen Jusos (829 Abonnenten). SPD und Linke sind die einzigen Parteien mit einer Kampagnen-Webseite: kommunalwahl-duisburg-2020.de zeigt in Bildern und professionell produzierten Webvideos vor allem Sören Link, aber auch den „Duisburg Plan 2020-2025“.

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CDU Duisburg erreicht über Facebook kaum Duisburger

Duisburgs zweitgrößte Partei kann über das wichtigste soziale Netzwerk kaum Wähler erreichen. Der Facebook-Auftritt der CDU Duisburg konnte über Jahre kaum Abonnenten (651) gewinnen. Einzelne Ortsvereine von Grünen, FDP und Linken haben mehr Fans und Abonnenten. Die Satirepartei „Die PARTEI“ hat über 1740, die „Junge Union Duisburg“ 648. So haben die Profile einzelner CDU-Politiker – Peter Ibe hat 4436 Facebook-Freunde, Frank Heidenreich 2625 – größeres Reichweitenpotenzial als der Account der Kreispartei.

Dieser Wettbewerbsnachteil ist auch über Werbeanzeigen kaum zu kompensieren. In 42 Anzeigen hat die CDU im August – insgesamt – aber nur 324 Euro investiert, weniger etwa als das Wählerbündnis DAL (siehe unten). Meist erreichten diese Anzeigen nicht mal 1000 Nutzer. Das liegt wohl auch an den Formaten: Die gesponserten Postings zeigen nur die Wahlplakate der Kandidaten. Die Verantwortlichen teilen über den Account zudem viele unspezifische Inhalte der CDU NRW.

Wie es inhaltlicher und abwechslungsreicher geht, zeigen etwa CDU-Direktkandidat Björn Pollmer („Support your local Tour“ durch Wehofen und Fahrn), die JU (Zoom-Konferenz und Livestream mit Wirtschaftsdezernent Andree Haack) oder Ortsverbände aus dem Stadtnorden. Der Neumühler verbreitet zum Beispiel ein Videogespräch zwischen Sonja Dietl (Vorsitzende Walsum), Marcus Jungbauer (Hamborner Bezirksbürgermeister) und Ratsherr Heidenreich (Vorsitzender CDU-Fraktion VRR) über die Walsum-Bahn.

Die Website cdu-duisburg.de ist nicht zeitgemäß. Das Wahlprogramm präsentiert die Partei darauf lieblos als schmuckloses PDF mit 19 kaum strukturierten Seiten Text.

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Grüne setzen auf Facebook-Videos

Die Grünen haben den zweitgrößten Facebook-Account (2704 Abonnenten), obwohl sie nicht annähernd so viele Parteimitglieder wie die SPD haben. Viele ihrer etwa 340 Mitglieder sind bei Facebook, Instagram und Twitter aktiv, was die grüne Reichweite vergrößert. Der Ortsverein Mitte hat ebenfalls mehr als 1000 Abonnenten.

Zwischen März 2019 und 31. August haben die Grünen an Facebook 1147 Euro für 38 Werbeanzeigen gezahlt. Im August hat die Partei so vor allem ein Video zur Briefwahl beworben und damit bislang etwa 10.000 Nutzer erreicht. Bei den Werbeanzeigen hat es der Kreisverband anscheinend vor allem auf Männer abgesehen: Laut Facebook ist deren Anteil unter den erreichten Nutzern in jeder Altersgruppe höher.

Über ihren Facebook-Account haben die Grünen im August zwar deutlich weniger Postings als SPD und CDU abgesetzt. Die Kreisgeschäftsstelle setzt dafür verstärkt auf Videos, in denen einzelne Kandidatinnen und Kandidaten über Inhalte und Ziele sprechen, ebenso auf Live-Videos. Dass die Partei sich Gedanken über ihren Auftritt im Netz gemacht hat, ist auch am einheitlichen Design ihrer Foto- und Infografikbeiträge zu erkennen und an Kleinigkeiten wie der, dass alle Kandidaten ihre Profilbilder mit einem auffälligen Banner versehen haben.

Der Instagram-Account der Grünen ist ähnlich groß wie der der SPD (960 Abonnenten). Das Parteigramm verbreitet der Kreisverband als professionell gestaltete PDF-Datei über die Website.

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Linke: Poppige Webseite und YouTube-Videos

Die Facebook-Seite „DieLinke.Duisburg“ hat 1511 Abonnenten. Postings gab’s hier selbst im August nicht täglich, auch der Ortsverein Süd (624 Abonnenten) nutzt seinen Account sehr zurückhaltend. Die Ratsfraktion (488 Abonnenten) beteiligt sich gar nicht am Wahlkampf. Der Kreisverband nutzt den Haupt-Account vor allem, um auf Veranstaltungen hinzuweisen, Wahlkämpfer im Einsatz auf der Straße zu zeigen und für Postings zur Kampagne „Eine Stadt für alle“.

Das frische Kampagnendesign prägt auch die Extra-Website eine-stadt-fuer-alle-duisburg.de, die das Wahlprogramm und YouTube-Videos mit Statements mehrerer Kandidaten präsentiert. Das zentrale Kampagnenvideo kommt allerdings auf YouTube nicht mal auf 400 Abrufe – Nutzer werden auf die versteckte Kampagnenseite und die Clips kaum hingewiesen.

Zur Bewerbung ihres YouTube-Wahlwerbespots hatten die Linken im August einmal über 100 Euro für eine Facebook-Anzeige ausgegeben, die auch über 25.000 Nutzer angezeigt bekamen. Insgesamt investierte der Kreisverband für zehn Facebook-Anzeigen bis Ende August 455 Euro, was ihm etwa 45.000 „Sichtkontakte“ von Duisburger Nutzern beschert haben dürfte. Für ihren Instagram-Account haben die Linken ähnlich viele Abonnenten wie SPD und Grüne gewonnen.

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AfD: Auf Facebook kaum Kommunalpolitik

Die AfD Duisburg hatte Ende 2019 nur 155 Mitglieder, ihr Facebook-Account 2351 Fans und 2418 Abonnenten. Für Wahlwerbung hat der Kreisverband kein Geld ausgegeben, das letzte finanziell befeuerte Posting war ein Foto von einer Kranzniederlegung am Volkstrauertag 2019.

Zu konkreten kommunalpolitischen Duisburger Themen äußert sich die AfD bei Facebook kaum, sie teilt vorrangig Postings der Landes- und Bundespartei sowie überregional bekannter AfD-Politiker. Zuletzt wurden vereinzelt Parteimitglieder im Wahlkampfeinsatz auf der Straße gezeigt. Der Ortsverband Mitte/Süd (1083 Abonnenten) hat das Wahlprogramm für Duisburg als Beitrag fixiert, das man auf afd-duisburg.de nachlesen kann.

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FDP erreicht mit gezielten Facebook-Anzeigen vergleichsweise viele Duisburger

Die FDP Duisburg verzichtet auf Wahlplakate an Straßenlaternen: „Wir setzen uns für ein modernes Duisburg ein, dementsprechend wird unser Wahlkampf vorwiegend digital ablaufen. Insbesondere unser Verzicht auf Plastikplakate aus Sorge um unsere Natur und um das Stadtbild lässt uns verstärkt in den Onlinewahlkampf gehen.“

Ihren Internetauftritt fdp-duisburg.de hat die Partei mit neuen Fotos etwas aufpoliert, auf allen Kanälen fällt die einheitliche Gestaltung der Wahlwerbung auf. Große Summen hat die FDP zwar auch in Facebook-Anzeigen nicht investiert, sie zeigt aber, wie man das Netzwerk trotz vergleichsweise weniger Abonnenten (417) effizient nutzen kann. Bis zum 31. August hat sie 438 Euro gezahlt, allein im August 41 Beiträge mit je unter 100 Euro angeschoben.

Alles in allem hat sie sich so mindestens 60.000 Sichtkontakte mit Duisburgern gesichert. Mit dem Vorschlag, einen „Tropical Islands“-Wasserpark am Alten Güterbahnhof zu bauen, hat sie allein über 8000 Nutzer erreicht. Ähnlich erfolgreich war ein Beitrag zur Bildung, den die FDP vor allem Frauen in den Newsfeed geschickt hat. Kurios: Der FDP-Ortsverein Mitte hat mehr Abonnenten (613) als der Kreisverband und im August ebenfalls kleines Geld in zehn Anzeigen gesteckt.

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Junges Duisburg wirbt auf vielen Kanälen

Das Wählerbündnis Junges Duisburg hat nach eigenen Angaben im Wahlkampf „eine Multi-Channel Strategie“. Zu den Kanälen zählen neben Facebook, Instagram und Twitter auch das Karrierenetzwerk LinkedIn und die bei Jugendlichen beliebte App Snapchat.

Die Website junges-duisburg.de sticht im Vergleich zu denen der anderen Parteien deutlich durch Klarheit und Navigation hervor. Im leserfreundlich verpackten Wahlprogramm weist JUDU unter „Fun Facts“ auf erfolgreiche Initiativen und Anträge im Stadtrat hin.

Das Bündnis hat immerhin 1100 Facebook-Abonnenten. Seine konkreten Forderungen verbreitet es im Netzwerk vorrangig mit betexteten Fotos. In Facebook-Anzeigen investiert das Bündnis erst seit Ende August – anders als bei den Parteien zeigt Facebook unter „Seitentransparenz“ Werbebudget und gekaufte Reichweite hier jedoch nicht an. Der stellvertretende Vorsitzende Oliver Beltermann mischt zudem als Administrator zweier öffentlicher Facebook-Gruppen mit, in denen sich Nutzer über Politik in Duisburg austauschen.

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>> DIE PARTEI, BL UND DAL

• Den größten Unterhaltungswert aller politischen Duisburger Facebook-Accounts hat der des „Die PARTEI“-Kreisverbandes. Satire und Humor haben 1750 Facebook-Abonnenten angelockt. Der KV ist auch bei Twitter aktiv.

• Die Duisburger Alternative Liste (DAL), www.dal-duisburg.de, hat 588 Facebook-Abonnenten und für 30 Anzeigen bis Ende August 350 Euro ausgegeben. Das brachte im August über 70.000 gekaufte Sichtkontakte, vor allem von Männern. Die Aussteuerung aber ist offenbar eher unpräzise: Viele der erreichten Nutzer wohnen nicht in Duisburg.

• Die Wählergemeinschaft Bürgerlich-Liberale (BL) ist online bei Facebook (245 Abonnenten) und unter www.bl-duisburg.de vertreten. Größere Reichweite haben die privaten Facebook-Profile der Ex-AfDler Hans-Werner Schwarz und Marion Stöbbe.