Duisburg. Vor dem großen Shutdown im März gehörte sie zu den ersten, die in Duisburg an Covid-19 erkrankten. So geht es Patientin Nummer zehn heute.
Sie war Corona-Fall Nummer 10 in Duisburg, noch vor dem Shutdown gehörte sie Anfang März zu den ersten, die an Covid-19 erkrankten. So geht es ihr heute.
Nummer zehn klingt müde. „Ich muss viel schlafen“, sagt die Corona-Patientin. „Ich fühle mich bleischwer, weniger belastbar.“ Dabei ist die akute Phase schon fünf Monate her.
Mitsänger steckte die Duisburgerin auf einem Chor-Wochenende an
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Auf einem Chorwochenende hatte sie sich angesteckt. Ein Mitsänger aus dem Aachener Raum hatte unbewusst das Virus verbreitet. Das passierte auch ihr, an ihrer Arbeitsstätte war sie die „Patientin Null“ und steckte einige Kollegen an.
„Das hat mir zu schaffen gemacht“, sagt die End-Fünfzigerin. Das Coronavirus schwappte durch sie auch in eine Schule. „Dieses Wissen konnte ich nicht so einfach wegstecken“, erzählt sie, zum Glück sei der Verlauf bei den meisten glimpflich gewesen, keiner sei gestorben.
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„Die Symptome kamen erst Tage später“, erinnert sie sich. Erst kam der Husten, dann das Fieber und schließlich die große Schlappheit. An Alpträume, wie sie manche Covid-Patienten durchleben, kann sie sich kaum erinnern. Die Geschmackssinnveränderung, durch die selbst Schokolade bitter schmeckte, beobachtete sie einige Wochen.
Langzeitstudie in Köln, wo die Antikörper ermittelt werden
Nach einem Monat ging die Physiotherapeutin wieder zum Dienst. „Vermutlich war es ein Fehler, dass ich mich zusammengerissen habe und schnell wieder arbeiten ging.“ Aber der Bedarf war groß. Sie ist unter anderem in einem Seniorenzentrum tätig, wollte ihre Kollegen während der Pandemienicht allein lassen.
Inzwischen beteiligt sich die Duisburgerin an einer Langzeitstudie in Köln, wo regelmäßig die Antikörper bestimmt werden. Daher weiß sie, dass sie aktuell vor einer Ansteckung geschützt ist. Aber wie lange die Immunität anhalten wird, weiß keiner. Dennoch beruhigt sie dieses Wissen. Beim Einkaufen, bei der Arbeit fühle sie sich sicherer als andere. „Wenn mir jemand zu nahe kommt, bin ich entspannter.“
Die Wesensveränderung erschreckt sie, nichts begeistert sie derzeit
Eine Nachrichtensperre verordnete sie sich zwischendurch aber schon, um sich nicht verrückt zu machen angesichts der weltweiten Folgen der Pandemie, der Unsicherheit der Ärzte auf der Suche nach geeigneten Behandlungsmethoden. Erst jetzt, wo sie offensichtliche Post-Covid-Symptome verspürt, ist sie wieder aufmerksamer, recherchiert konkret.
Grundsätzlich aber müsse sie sich zu allem aufraffen, „so richtig begeistert mich nichts und das ist ein Scheiß-Gefühl“, sagt sie. Diese Wesensveränderung erschreckt sie und auch ihre Umgebung. Singen, Klavier spielen, Dinge, die sie immer mit Herzenslust machte, verlocken sie nicht zurzeit.
Anstrengungen können „Schübe“ auslösen
Schon eine kleine Radtour am Wochenende war zu viel, und offenbar lösen Anstrengungen auch einen Schub aus, wie sie lernen musste. Eine Woche ließ sie sich krank schreiben. Der Arzt wollte sie gleich länger aus dem Verkehr ziehen, zu unsicher ist die Medizin im Umgang mit den Spätfolgen. Stattdessen will sie jetzt nach und nach Symptome abklären lassen, das Hautjucken, die Atemnot – und die massive Erschöpfung. „Ich lege mich tagsüber ins Bett, das ist für mich eine krasse Ausnahme“, sagt die Covid-19-Patientin.
Jetzt setzt sie auf eine Reha, die beantragt ist. Und natürlich wartet sie auf das Ende der Pandemie, die Rückkehr der Reisefreiheit, ihren alten Schwung.