Duisburg. Die Stadt reagiert auf das Freibad-Chaos: Nachrücker kommen nicht mehr rein – selbst wenn Platz ist nicht. Was andere Betreiber besser machen.

Hunderte stehen vor der Freibadkasse Schlange, viele stundenlang. Die ersten Gäste kommen zwei Stunden vor Einlass. Die Wartenden, darunter viele Familien, stehen oft ohne Abstand zueinander, Mund-Nasen-Schutz trägt fast niemand. Die meisten wissen nicht, ob sie einen der wegen aus Coronaschutzgründen stark begrenzten Plätze bekommen oder umsonst ausharren. Die spärlichen Auskünfte, die sie erhalten, sind oft widersprüchlich. In der Hitze wächst der Unmut, Abgewiesene sind frustriert. Einige klettern trotz Security über die Zäune aufs Freibadgelände. Anwohner sind vom Menschenauflauf genervt, vom Lärm und vom Müll, den er hinterlässt.

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Diese Szenen haben sich vorige Woche bis Sonntag vor dem Kassenhäuschen des städtischen Freibads in Homberg abgespielt. Vor dieselbe Geduldsprobe stellte das zweite städtische Freibad in Walsum seine Gäste (wir berichteten). Ein solches Chaos herrschte dagegen in diesem Sommer zu keiner Zeit vor den beiden von Trägervereinen betriebenen Bädern am Wolfssee und in Großenbaum. „Wir hatten einen reibungslaufen Ablauf und maximale Wartezeiten von zehn, 15 Minuten“, sagt Frank Skrube, Vorsitzender der Trägervereine DJK Schwimmverein Poseidon Wolfssee und „Freizeit-Anlage Großenbaum“.

Freibäder Wolfssee und Großenbaum: Tickets nur online erhältlich

Dabei mussten die privaten Betreiber den Einlass seit dem Corona-bedingt verspäteten Saisonstart ebenso reglementieren wie Duisburg Sport, die zuständige Einrichtung der Stadt. Am Wolfssee dürfen 1400 statt 6500 Kunden aufs Gelände, in Großenbaum 500 statt 1800. Das Bad in Homberg (wo sonst Platz für 3500 Gäste ist) zählte am Samstag 1679 und am Sonntag 646 Besucher, das Allwetterbad Walsum (Kapazität: ca. 2500) am Samstag 490, am Sonntag 357.

„Die sehr unterschiedlichen Zahlen kommen durch den jeweiligen Prozentsatz von ,Einzelnutzung’ bzw. ,Mehrfachnutzung’ der Parzellen zustande“, erklärt Stadtsprecher Max Böttner. Ein markiertes Rasenplätzchen kann im Duisburg-Sport-System von einer Einzelperson, aber auch von einer „maximal vierköpfigen Familie“ belegt werden.

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Der entscheidende Unterschied zwischen den städtischen Bädern im Stadtnorden und -westen einerseits und den privaten im Süden andererseits: Für Letztere kann man Eintrittskarten ausschließlich vorab online buchen.

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Mitarbeiter von Duisburg Sport und extra angeheuerte Sicherheitsfirmen dagegen mussten in Homberg und Walsum permanent überwachen, wie viele Personen im Bad sind. Wenn die Kapazitätsgrenze erreicht war, haben sie niemanden mehr eingelassen – bis Gäste das Gelände verlassen und Platz für Nachrücker gemacht haben. Darum konnten selbst Mitarbeiter Wartenden oft nicht sagen, ob sie noch eine Chance auf eine Abkühlung haben.

Stadt Duisburg ändert Zutrittsregel: Nachrücker haben keine Chance mehr

Es liege „in wesentlichen Teilen in dem eigenen Verantwortungsbereich der Wartenden, wie lange sie Wartezeiten in Kauf nehmen wollen“, sagt dazu Stadtsprecher Böttner. Nach den Erfahrungen vom Samstag aber „wurde die Zutrittssystematik dahingehend verändert, dass nach Verkauf aller maximal zulässigen Belegungskapazitäten die Kasse für den Tag geschlossen wird“. Wer erst nachmittags Zeit hat – Schüler nach den Ferien etwa –, hat also an Sonnentagen künftig kaum noch eine Chance, ins Bad zu kommen – selbst wenn drinnen noch Platz genug ist.

Zu den ersten Leidtragenden der neuen Zutrittsregel gehörten am Montag Ulrike Görtz aus Homberg und ihre 13-jährige Enkelin aus Meiderich, die um 14.30 Uhr am Homberger Kassenhäuschen ankamen: „Wir haben uns zuerst gefreut, dass nur wenige Kinder vor uns anstanden“, berichtet die 68-Jährige. Dann aber habe ein Mitarbeiter gesagt, „dass es keine Karten mehr gäbe. Jedoch nicht weil die Kapazitätsgrenze erreicht sei, sondern weil Anwohner sich am Wochenende über die Lautstärke der anstehenden Menschen beschwert hätten. Deshalb würden ab sofort vormittags einmal alle Plätze vergeben, jedoch für die Schwimmer, die das Bad verlassen, keine neuen Karten ausgeteilt.“

Für Einschränkung durch Infektionsschutz habe sie Verständnis, sagt Görtz, „aber dafür nicht. Ein Unding! Da hat wohl einer nicht nachgedacht.“

Warum die „Smart City Duisburg“ online keine Tickets verkauft

Am Wolfssee und in Großenbaum verhindert all den Ärger die Online-Buchung vorab. Solche Systeme nutzen in der Corona-Saison auch die meisten Kommunen und Badbetreiber seit Wochen, etwa in den Nachbarstädten Ratingen, Düsseldorf, Moers und Mülheim.

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Warum die selbst ernannte „Smart City“ Duisburg Tickets nicht über die Website duisburgsport.eu oder anderswo online verkaufen kann? Die „technischen Voraussetzungen“ dafür seien in den von Duisburg Sport betriebenen Bädern „noch nicht gänzlich vorhanden“, teilt Stadtsprecher Böttner mit. Diese würden „erst mit Installation des neuen, in Anschaffung befindlichen Kassensystems möglich“. Darum seien kurzfristige Übergangslösungen „– wenn überhaupt – nur mit sehr hohem zeitlichen Aufwand und mit erheblichem zusätzlichen finanziellen Aufwand möglich gewesen“.

Wolfssee und Großenbaum: Online-Buchung schnell und preiswert umgesetzt

Teuer und kompliziert? Frank Skrube erläutert, die Umsetzung mit einem externen Systemanbieter habe alles in allem knapp zwei Wochen gedauert, die Abwicklung verlaufe seither reibungslos. Von den Internetseiten der Bäder werden Kunden über einen Link direkt ins Ticketsystem des Dienstleisters geschickt. Die Kosten? „Ganz gering“, sagt Skrube. „Wir mussten nur vier Smartphones kaufen, mit denen wir die Online-Tickets jeweils am Ein- und Ausgang einscannen.“

Ein weiterer Vorteil: Die Daten der Besucher werden bereits bei der Online-Buchung digital erfasst – nicht mit Zetteln in Warteschlangen. Skrubes Fazit: „Bei uns läuft alles ganz entspannt. Wir sind sehr zufrieden.“ Die Badegäste auch.

>> ZWISCHENBLANZ DER DUISBURGER FREIBÄDER

• Die Zwischenbilanz der Bäder Großenbaum und Wolfssee fällt trotz Corona „viel besser als erwartet aus“, sagt Frank Skrube.

• Am Wolfssee (geöffnet seit 24. Juni) waren bislang 20.000 Gäste, 30.000 seien bis Saisonende möglich (2019: 60.000 Besucher). In Großenbaum (geöffnet seit 13. Juni) sei „eine schwarze Null am Saisonende wahrscheinlich“, so Skrube.

• Die städtischen Freibäder haben wegen der vergleichsweise vielen Corona-Fälle in Duisburg später als in Nachbarstädten geöffnet, am 27. Juni erst. Bis Sonntagabend besuchten 10.062 Gäste das Allwetterbad in Walsum, 12.536 das Freibad Homberg.