Duisburg-Huckingen. Plötzlich lief das Wasser bei Elena (4) und ihrer Mutter nicht mehr. Die Stadtwerke Duisburg hatten es abgestellt – das war allerdings illegal.

Zu den obersten Geboten in der Corona-Pandemie gehört es, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Doch Tamara Kramberg und ihre Nachbarn in der Kaiserswerther Straße sitzen seit Montag auf dem Trockenen. Der Grund: Die Stadtwerke Duisburg haben das Wasser abgestellt, da die Wohnungsverwaltungsgesellschaft das Geld nicht pünktlich überwiesen hat. Laut Mieterschutzbund hätten sie das aber nicht ohne Vorwarnung tun dürfen.

Als sie am Montagmorgen einen Mitarbeiter der Netze Duisburg in den Keller ließ, dachte sich Tamara Kramberg erst nichts dabei. „Wenige Minuten später rief meine vierjährige Tochter schon, dass das Wasser in der Toilette nicht mehr richtig laufe. Auch in den Spülkasten floss nichts mehr nach, ebenso aus den Wasserhähnen und der Dusche“, schildert die 30-Jährige. Der Monteur hatte ihr, den Nachbarn ihres Mehrfamilienhauses und den angrenzenden Gebäuden das Wasser abgestellt.

Kein Wasser mehr – und bei der Vermietergesellschaft niemand zu erreichen

„Meine Tochter ist vier Jahre alt, die Nachbarn über mir haben ein zwei Monate altes Baby, das kann doch nicht so ohne Weiteres gehen“, empört sich Kramberg. Sie wandte sich an die Stadtwerke, die ihr erklärten, dass ihre Wohnungsverwaltungsgesellschaft, die WVB Centuria, die Rechnung nicht beglichen habe.

Auch Nachbarin Nazmiye Aydin (links) und ihr zwei Monate altes Baby waren von der Trockenlegung durch die Stadtwerke Duisburg betroffen. Tamara Kramberg (rechts) hat eine vierjährige Tochter.
Auch Nachbarin Nazmiye Aydin (links) und ihr zwei Monate altes Baby waren von der Trockenlegung durch die Stadtwerke Duisburg betroffen. Tamara Kramberg (rechts) hat eine vierjährige Tochter. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Seit drei Tagen müssen Kramberg und ihre Tochter Elena sich die Zähne mit Mineralwasser putzen. Um sich zu waschen, gehen sie zu Krambergs Mutter, die zwei Straßen weiter wohnt. „Bei der Wohnungsverwaltungsgesellschaft ist überhaupt niemand zu erreichen – zu jeder Tageszeit hört man nur dieselbe Bandansage“, sagt Kramberg konsterniert. Als wäre das nicht belastend genug, wurden auch der Strom für den Flur und die Klingel sowie die Internetleitung in den Häusern abgeschaltet.

Der Vermieter: Das ist die WVB Centuria

Die WVB Centuria verwaltet bundesweit über 3000 Wohnungen und betreibt drei Büros in Berlin, Marl und Ganderkesee bei Bremen. Erst im Januar habe das Unternehmen die Immobilien übernommen, sagt Sprecherin Tanja Brecht. Dabei seien nicht alle Versorgungsinformationen durch den Verkäufer übermittelt worden. Ohne zugehörige Zählernummern und -stände können Rechnungen von den Stadtwerken nicht eindeutig zugeordnet werden, und Wasser und Strom werden vorübergehend gesperrt. „Sofern die Rechnungen durch den Versorger korrekt vorliegen, bezahlen wir diese zügig“, versichert Brecht auf Anfrage der Redaktion. „Leider waren die Stadtwerke nicht bereit, die Sperrungen auszusetzen, auch nicht, als entsprechende Zahlungsnachweise erbracht wurden.“

Der Grund: Die Zählernummern waren nach wie vor unvollständig. Dass die Mitarbeiter der WVB Centuria für die Mieter in Notsituationen nicht zu erreichen sind, sei der Urlaubszeit und der Corona-Pandemie geschuldet. Eventuelle Mietnachlässe würden geprüft.

Mieterschutzbund: Stadtwerke Duisburg haben Wasser illegal abgestellt

Nach Einschätzung von Peter Heß vom Mieterbund Niederrhein hätte das Wasser jedoch niemals abgestellt werden dürfen: „Zuvor müssen die Stadtwerke die Bewohner informieren, dass eine baldige Abstellung des Wassers bevorsteht, damit diese noch Zeit haben zu reagieren.“ Alles andere sei gesetzeswidrig, das Wasser müsse umgehend wieder angestellt werden. Tamara Kramberg versichert, kein Schreiben erhalten zu haben, es habe auch keinen Aushang im Hausflur gegeben.

„Wenn so ein Schreiben eingeht, ist höchste Eile geboten“, mahnt Heß. „Die Mieter sollten sich dann an einen Mieterschutzbund wenden, damit der mit den Stadtwerken Kontakt aufnimmt. Er kann veranlassen, dass die Miete direkt beim Versorger ankommt“, erklärt er. Eine Mietminderung, sogar zu 100 Prozent, können Kramberg und ihre Nachbarn zwar geltend machen, „aber was nutzt das in dieser Situation? In einer Wohnung ohne Wasser und Strom kann man in Mitteleuropa nicht existieren.“

Stadtwerke Duisburg entschuldigen sich für die fehlende Information

Thomas Kehler, Sprecher der Stadtwerke Duisburg, räumt ein, dass keine Information an die Bewohner der Häuser in der Kaiserswerther Straße ergangen sei. „Dafür entschuldigen wir uns in aller Form“, sagt er. In der Abwicklung des Mahnverfahrens habe es einen kleinen, aber folgenschweren Fehler gegeben. Die Stadtwerke würden diesen „Einzelfall“ zum Anlass nehmen, um bestehende Verträge zu überprüfen.

Dass es so weit kommen musste, liege aber in der Verantwortung der WVB Centuria. „Die Immobilien gehören einem ausländischen Konzern. Wir haben erst am 23. Juli Kenntnis davon erhalten, dass dieser mittlerweile eine Verwaltungsgesellschaft einsetzt. Daher haben wir unsere Rechnungen und Mahnungen immer an unseren alten Vertragspartner geschickt. Der Auftrag an die Netze Duisburg, die Zähler zu sperren, war da nicht mehr rückgängig zu machen“, so Kehler.

Da die WVB Centuria nun eine verbindliche Zahlungszusage abgegeben habe, seien alle Zählersperrungen aufgehoben worden. Ein Anruf der Redaktion bei Familie Kramberg mit der frohen Botschaft: Elena testet sogleich das Wasser im Bad aus – und tatsächlich, es läuft.