Duisburg. Ein Duisburger nutzte seinen Job im Schifffahrtsamt Meiderich, um 740.000 Euro in die eigene Tasche zu lügen. Nun stand er dafür vor Gericht.
Ein 54 Jahre alter Duisburger war bis 2017 im Wasser- und Schifffahrtsamt Meiderich unter anderem für die Abrechnung von Reparaturen an Land-Dienstfahrzeugen zuständig. Doch in rund 170 Fällen waren die Pannen und Schäden an den 150 Fahrzeugen der Behörde schlicht erfunden. Die Rechnungen waren von ihm selbst gefälscht und das Konto, auf das die Beträge überwiesen wurden, war sein Giro-Konto. 740.000 Euro wirtschaftete der Mann so innerhalb von fünf Jahren in die eigene Tasche. Das Amtsgericht am König-Heinrich-Platz gab ihm trotz des hohen Schadens eine Bewährungschance.
Es grenzte schon an ein Wunder, dass der Angeklagte niemals in der Untersuchungshaft landete und der Fall nicht bei einer Strafkammer des Landgerichts angeklagt wurde, sondern nur beim Schöffengericht. Das erklärt sich wohl hauptsächlich dadurch, dass der 54-Jährige recht schnell nach der Entdeckung der Untreue-Taten ein Geständnis abgelegt hatte, ein Schuldanerkenntnis unterzeichnete und sich der Zwangsvollstreckung unterwarf.
Betrug im Schifffahrtsamt: 54-Jähriger konnte nicht mehr aufhören
An die ersten Taten konnte sich der 54-Jährige gar nicht mehr recht erinnern. „Es kann sein, dass ich damals einen finanziellen Engpass hatte. Da habe ich das mal ausprobiert.“ Er erfand einen Schaden, bastelte die Rechnung eines Kfz-Betriebes am heimischen Computer und gab seine Kontonummer an. Es klappte.
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Immer öfter besserte der Bundesangestellte auf diese Weise sein Einkommen auf – und lebte entsprechend. „Ich stamme aus bescheidenen Verhältnissen. Ich wollte wohl, dass die Leute mich für erfolgreich halten und zu mir aufsehen.“ Und irgendwann habe er ja auch gar nicht mehr aufhören können. „Wenn ich plötzlich damit Schluss gemacht hätte, wäre ja aufgefallen, dass es im Fuhrpark kaum noch Schadensfälle gab.“
Vorgesetzte zeichnete gefälschte Rechnungen Jahre lang ab
Vielleicht hätte dann sogar seine Vorgesetzte etwas gemerkt. Die hatte über Jahre hinweg die Rechnungen abgezeichnet. Offenbar war sie nur unvollkommen im Bilde über die Struktur ihrer Behörde. Zum Beispiel davon, dass die fünf Außenstellen und der Bauhof ihre Reparaturen selbst regelten. „Doch davon hatte die zuständige Vorgesetzte offenbar keine Kenntnis“, so der jetzige stellvertretende Leiter des Wasserstraßen und Schifffahrtsamtes Meiderich im Zeugenstand. „Es hätte doch auch gar keinen Sinn gemacht, dass ein beschädigtes Fahrzeug beispielsweise von Herne zu einer Reparatur nach Duisburg geschleppt wird.“
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Erst einer Mitarbeiterin aus der Rechnungsstelle, deren Freigaben die Auszahlungen der Bundeskasse ermöglichten, fiel im Februar 2017 ein Widerspruch bei einer Rechnung auf. Das erwies sich nicht als Einzelfall. Hektisch wurden Erkundigungen bei den Außenstellen des Amtes eingezogen: In keinem Fall war eine der falschen Reparaturen im Fahrtenbuch eines der angeblich defekten Fahrzeuge eingetragen.
Gericht gab 54-Jährigen eine Bewährungschance
Das Amtsgericht setzte eine zweijährige Haftstrafe auf drei Jahre zur Bewährung aus. Außerdem muss der Angeklagte 250 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Vor dem Gefängnis bewahrten ihn das frühzeitige Geständnis und die Bereitschaft, auch finanziell zur Tat zu stehen. Als Folge wird der Angeklagte nun sein Eigenheim verlieren und über sehr lange Zeit von dem leben, was ihm die Pfändungsfreigrenze lässt. Einen neuen Job hat er trotz allem gefunden. Sein neuer Arbeitgeber wisse von den Taten, so der 54-Jährige.
Das Schöffengericht berücksichtigte bei dem milden Urteil aber auch, dass „dem Angeklagten die Taten nicht besonders schwer gemacht wurden.“ Die Betrügereien des 54-Jährigen hätten „viel eher auffallen können und müssen“, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung.
Behörde zog Konsequenzen
Bei einer internen Prüfung habe die vorgesetzte Behörde, die Wasserstraßen- und Schifffahrtsdirektion, keinen Anlass gesehen, etwas am Verhalten der Amtsleitung in Meiderich oder der unmittelbaren Vorgesetzten des Angeklagten zu beanstanden, so der derzeitige stellvertretende Amtsleiter im Zeugenstand.
Seine Aussage ließ aber erkennen, dass es organisatorische Konsequenzen gab: Die Zuständigkeit für den Fuhrpark wurde der Zuständigkeit der Personalabteilung entzogen und an eine technische Abteilung übergeben.
Stichprobenartig prüfe man die Richtigkeit der Angaben bei Reparaturen nun durch Einsicht in das Fahrtenbuch und die Kilometerstände, so der Zeuge. Und bei größeren Schäden müssten diese auch durch Fotos dokumentiert werden.