Duisburg. Grundschulkinder sollen ab dem 15. Juni wieder täglich unterrichtet werden. In Duisburg bedeutet das Organisationsstress und viele Kompromisse.

Die Nachricht der Landesregierung, dass die Grundschulen ab dem 15. Juni wieder für alle Kinder öffnen sollen, sorgt unter den Duisburger Schulleitern nicht gerade für Begeisterung.

„Das ist in meinen Augen zu kurzfristig“, sagt Haris Kondza, Leiter der Regenbogenschule in Marxloh und Schulformsprecher der Grundschulen, „die Öffnung bedeutet einen großen Arbeitsaufwand und wenig Nutzen.“ Er will übers Wochenende mit seinen Kollegen eine gemeinsame Stellungnahme vorbereiten. Dabei waren die vergangenen Monate auch so hart genug: „An die Schulleiter wurden von allen Seiten Ansprüche gestellt, von Lehrern, Eltern, Dienstherren“, sagt er. Ob kompletter Lockdown, Ferien oder jetzt, er sei immer in der Schule.

Den Wunsch der Landesregierung, mit dieser Öffnung eine gewisse Normalität zu signalisieren und ein absehbares Ende der Pandemie, könne er zwar verstehen. Aber eine Nachricht, dass es nach den Ferien wieder losgeht mit einem normalen Unterrichtsbetrieb, die hätte seiner Einschätzung nach auch gereicht.

Duisburg-Marxloh: Kein Unterricht nach Stundenplan möglich

Für seine eigene Schule mit rund 370 Kindern ist Kondza jetzt schon klar, dass ein Unterricht nach Stundenplan, wie es eigentlich das Ziel ist, nicht möglich sein wird. 20 Prozent der Kollegen würden coronabedingt ausfallen. Probleme befürchtet er auch, wenn die Kinder nach so vielen Wochen plötzlich wieder komplett unterrichtet werden, wegen der coronabedingt versetzten Pausen auch längere Strecken durchhalten müssen. Manche werden auf ihre Klassenlehrer verzichten müssen, sagt Kondza, der ohnehin mit Lehrermangel an seiner Brennpunktschule zu kämpfen hat. Ersatz wird er durch sein multiprofessionelles Team organisieren müssen.

Hinzu kommt noch die besondere Situation an seiner Schule mit nahezu 100 Prozent Migrationsanteil. „Ein Drittel aller Kinder ist geflohen oder unmittelbar, etwa aus Südosteuropa, zugewandert“, sagt Kondza. Viele von ihnen hätten es nicht geschafft, in den letzten Wochen zu Hause zu lernen. Die Familien seien wegen der fehlenden Sprachkenntnisse und mangelnder Medienkompetenz doppelt verunsichert. „Die schicken ihre Kinder nicht zum Material holen an die Schule“, berichtet Kondza.

„Müssen jetzt erst einmal schauen, wie wir alles umsetzen“

„Ich bin entsetzt“, sagt Martin Fey, Schulleiter der Gemeinschaftsgrundschule Zoppenbrückstraße in Meiderich.
„Ich bin entsetzt“, sagt Martin Fey, Schulleiter der Gemeinschaftsgrundschule Zoppenbrückstraße in Meiderich. © FUNKE Foto Services | Foto: Tamara Ramos

Dass sich bis zu ihnen herumspricht, dass ihre Kinder ab dem 15. wieder täglich kommen sollen, bezweifelt der Schulleiter ohnehin. Unsicherheit beobachtet er aber auch im Kollegium, die die Gefahr durch das Coronavirus sehr unterschiedlich einschätzen. Immerhin hätten in den letzten Wochen, als immer nur ein Fünftel der Schülerschaft da war, die Hygieneregeln gut geklappt.

Andreas Geselbracht, Schulleiter der größten Grundschule in Duisburg, der Grundschule Albert-Schweitzer, ist nicht geschockt, aber sieht sich unter Zeitdruck. „Wir versuchen gerade alles, um die Umsetzung für den 15. Juni bestmöglich auf die Beine zu stellen“, sagt Geselbracht.

400 Schüler besuchen derzeit die Grundschule in Huckingen. Seine Kollegin Nicole Kuhlee, Schulleiterin der Grundschule Großenbaumer Allee, will sich zu der Entscheidung der Landesregierung lieber gar nicht äußern. „Wir müssen jetzt erst einmal schauen, wie wir alles umsetzen.“

„Ich bin entsetzt“, sagt Martin Fey, langjähriger Schulleiter der Grundschule Zoppenbrückstraße in Meiderich, nach Lektüre der aktuellen Schul-E-Mail am Freitag. Schon die Organisation des bisherigen, jahrgangsweisen Unterrichts unter Corona-Bedingungen sei eine große Herausforderung gewesen. Nicht nur er habe sich darauf verlassen, dass es dabei bis zu den Ferien dabei bleibt. „Ich kann diese radikale Änderung nicht verstehen“, sagt Fey, „denn diese zwei Wochen bringen weder den Kindern noch den Eltern etwas. Da wäre es besser gewesen, einen guten Plan für die Rückkehr zum Regelunterricht im neuen Schuljahr zu machen.“