Duisburg-Rheinhausen. Nach 45 Jahren in der Backstube geht der Chef des Friemersheimer Familienbetriebs in den Ruhestand. Sein Geschäft hat er samt Namen verkauft.
Pfingstsamstag war seine letzte Schicht. Bäckermeister Rainer Bertram hängt seine Schürze an den Nagel. Nach 45 Jahren im Beruf soll jetzt Schluss sein. Generationen von Rheinhausern haben in dem Friemersheimer Bäckereibetrieb, der seit 1953 auf der Kaiserstraße besteht, ihre Brötchen gekauft. Viele Kunden zeigen ihre Anteilnahme auf der Facebookseite für Friemersheim, erinnern sie sich doch an die leckeren Kuchen und das knackige Gebäck, eben an alles, was sie bei Bertram über die Jahre probiert haben.
Ein Grund, etwas kürzer zu treten, ist sicherlich der anstrengende Schichtbetrieb, in dem sich der 61-Jährige bis zuletzt befand. „Mein Arbeitsbeginn war meist ein Uhr nachts, an Freitagen war ich schon um 22.30 Uhr am Vorabend und an Donnerstagen um 22 Uhr in der Backstube“, erinnert sich Rainer Bertram. Die Corona-Krise sei nicht ausschlaggebend für seinen Entschluss zur Aufgabe gewesen. „Es sind mehr die Arbeitszeiten und auch, dass man kaum noch geeignetes Personal in dem Beruf findet“, meint Bertram.
St. Martin hat er die Weckmänner für die Grundschulkinder gebacken
Über 24 Jahre leitete der Meister in Selbstständigkeit die Bäckerei, die sein Vater Edmund gründete. Seine Frau Veronika half ihm dabei, machte die Buchführung, half beim Thekenverkauf mit: „Sie war überall da, wo es brannte“, so der Bäckermeister. „Ein großes Ritual war es jedes Jahr zu St. Martin, als wir für alle Grundschulkinder, die am Zug mitliefen, die Weckmänner gebacken haben“, erinnert sich Rainer Bertram schon ein bisschen wehmütig. In den letzten zwei Jahren habe es aber nicht mehr stattgefunden. „Der Aufwand war zu groß neben dem normalen Betrieb“, sagt der 61-Jährige, der seine Ausbildung von 1973 bis 1976 in der Bäckerei Krahl auf der Walter-Rathenau-Straße absolvierte.
Der Firmenname bleibt erhalten, denn den hat der Bäcker an seinen Nachfolger verkauft
Auch seinen sonst so erfolgreichen Lieferbetrieb für Feierlichkeiten zuhause habe er wegen sinkender Nachfrage irgendwann einstellen müssen. Und durch die Konkurrenzprodukte aus dem Supermarktregal wurden seine Umsätze natürlich auch getroffen. Dennoch – er hatte immer ein Stammpublikum, das seine Produkte jetzt vermissen wird. Doch kann sich der drahtige Bäcker wirklich so einfach aufs Altenteil setzen? „Die gute Nachricht ist, dass wir den Betrieb inklusive Haus verkauft haben und ein Nachfolger weiterhin Friemersheim mit frischem Gebäck und Kuchen versorgen wird“, verrät er. „Der Firmenname bleibt erhalten“, so Bertram, der den Namen mit veräußert hat.
„Natürlich kann ich nicht von jetzt auf gleich in den Ruhestand treten – ich werde an drei bis vier Tagen beim neuen Inhaber mit arbeiten und so manches beliebte Rezept einbringen.“ Innerfamiliär konnte er die Nachfolge nicht regeln. „Meine Tochter Isabell lebt in Köln und die ist im Büro angestellt, macht also was komplett anderes.“. So blickt er gelassen in die Zukunft – auch den Schock, als im Januar ein Autofahrer mit seinem PKW bei laufendem Betrieb in die Scheibe des Eingangsbereichs seines Geschäfts auf der Kaiserstraße krachte, hat er inzwischen überwunden: „Die Versicherung hat alle Schäden übernommen, der Fahrer wird wohl seinen Führerschein verloren haben.“