Duisburg. Das Kreuzfahrtschiff MSC Magnifica war lange auf der Suche nach einem sicheren Hafen. An Bord zwei Duisburger, die endlich in der Heimat sind.

Die Irrfahrt der MSC Magnifica ist beendet. Jenes Kreuzfahrtschiff, das vom Coronavirus gestoppt und über Tage keinen Hafen zum Anlegen gefunden hatte. Rettung nahte in Marseille. Miterlebt haben die Odyssee die Duisburger Ulrike und Karlheinz Lohmann.

Über das Schicksal der MSC Magnifica und den Lohmanns an Bord hatte diese Zeitung zum ersten Mal Ende März berichtet. Damals lag das Kreuzfahrtschiff vor der australischen Küste, ohne Ziel und Hafen. Es folgten 42 unerzählte Seetage, ohne Entkommen. „Auf engstem Raum, mit einer Menge Menschen, von denen man sich Vielen freiwillig nicht für eine halbe Stunde aussetzen würde“, sagt Ulrike Lohmann.

MSC Magnifica: Manieren der Passagiere gingen über Bord

Zwar gab es genug Toilettenpapier – stattdessen wurde frisches Obst, Gemüse und Mineralwasser mehr als knapp. Mit zunehmender Dauer auf hoher See beobachte das Paar am Buffet einen Kampf um die letzten Mandarinenstücke. Mit der Knappheit, so schien es, gingen die guten Manieren schnell über Bord.

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Rüpeleien und Aggressivität verdrängten ganz schnell Rücksichtnahme und Kooperation, berichten die Duisburger. Jeder war auf seinen eigenen Vorteil bedacht. „Man sagt, dass der wahre Kern eines Menschen sich in Krisenzeiten zeigt – ich hätte nie gedacht, wie beängstigend das sein kann.“ Und das alles an Bord eines Schiffes: „Man kann sich nicht aus dem Weg gehen. Das war ein spannendes soziales Projekt – solange man nicht mittendrin ist.“

Keine Sorge vor Corona, sondern vor durchdrehenden Passagieren

Vorbei an Sri Lanka für einen Tankstopp ging es weiter in Richtung Suezkanal, um das ersehnte Ziel Mittelmeer zu erreichen. Während der Zeit auf dem Schiff geht es den Passagieren darum, den Tag so gut es geht zu takten. Die Essenszeiten werden ausgereizt, die Bücher in der Bibliothek vorwärts wie rückwärts gelesen, „andere stellten genaue Stundenpläne zur gleichmäßigen Besonnung verschiedener Körperregionen auf“, schreibt Ulrike Lohmann in ihr digitales Reisetagebuch.

 Eine der besonderen Reiseerinnerungen: Ulrike und Karlheinz Lohmann auf den Osterinseln.
 Eine der besonderen Reiseerinnerungen: Ulrike und Karlheinz Lohmann auf den Osterinseln. © Lohmann | Lohmann

Auch die Crew gibt in dieser Zeit alles, um die Passagiere auf hoher See bei Laune zu halten. „Sie haben sich sowas von reingehängt.“ Die größte Angst an Bord war nicht das Coronavirus, denn es gab keine bestätigten Fälle. Es war die Sorge vor durchdrehenden Passagieren. Deshalb gab es unzählige Aktivitäten, abends dann Shows.

Aus Angst vor Piraten: Kreuzfahrtschiff nachts ohne Licht

Dann kam es auf dem Weg auch noch zu einer Begegnung mit ungebetenen Gästen. Nein, nicht Ratten. Schlimmer noch. Piraten. „Auf unserer Route zum Golf von Aden nähern wir uns dem Horn von Afrika, wo die gefährliche Zone beginnt.“ Per Rundschreiben und Durchsagen werden die Passagiere darüber informiert, dass vier Tage lang verschiedene Außendecks Tag und Nacht geschlossen sind.

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Nach Sonnenuntergang wird das gesamte Schiff komplett verdunkelt. Auch die Kabinen werden zum Hochsicherheitstrakt. Balkone sind verriegelt, Vorhänge zugezogen. „Auf den Außendecks patrouillierten Wachen und die bordeigenen Wasserkanonen wurden in Stellung gebracht.“

Rettung für die MSC Magnifica: Sondergenehmigung für den Hafen in Marseille

Im Hintergrund zur damaligen Zeit immer dieselbe Frage: Welcher Hafen wird die Passagiere in Europa aufnehmen? Dann steht die Fahrt durch den Suezkanal an. Im Konvoi mit drei riesigen Containerschiffen ging es durch die berühmte Engstelle. Nach 10 Stunden erreichten die Duisburger das ägyptische Port Said, das Tor zum Mittelmeer. Während der Durchfahrt kommt auch die erlösende Nachricht: „Wir haben eine Sondergenehmigung für den Hafen von Marseille.“

Von Marseille geht es mit dem Bus weiter

Von Marseille werden die deutschen Passagiere mit dem Bus und eskortiert von der Polizei zur Grenzstadt Kehl gebracht, anschließend geht es je nach Ziel in Deutschland weiter. Am 23. April sind die Lohmanns zurück in Duisburg und anschließend zur Sicherheit in selbstauferlegter Quarantäne.

Die Erinnerungen an die Reise, die Anfang Januar in Genua startete und einmal um die Welt gehen sollte, werden so schnell nicht verblassen. „Die ersten 70 Tage waren ein Traum. Wir haben die Schätze der Welt gesehen. Den zweiten Teil sind wir in menschlichen Abgründe gereist“, sagt Ulrike Lohmann.