Duisburg. Die Duisburger Behinderten-Werkstätten bereiten sich nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen auf die Rückkehr ihrer Mitarbeiter vor.

Die Sorge schwingt noch mit, dennoch sagt Alexander Schmanke: „Es ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt, die Werkstätten für Menschen mit Behinderung wieder schrittweise zu öffnen.“ Der Geschäftsführer der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) glaubt daran, „dass es funktionieren kann, wenn wir gut mit den Abstands- und Hygienevorschriften umgehen.“ Dies sieht auch Wolfram Teschner, Geschäftsführer der Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein so. Wann genau nächste Woche wieder geöffnet wird, ist noch nicht sicher. „Montag wird es nicht sein“, sagt Schmanke . Denn am Freitag gibt es noch eine Konferenz, bei der Vertreter des Ministeriums, der Wohlfahrtspflegeverbände und Landschaftsverbände die Details dieser Corona-Lockerung besprechen.

Trennwände aufgestellt, neue Pausenpläne, Schichtsystem

Vorbereitet sind aber die Werkstätten bereits. Die hauptamtlichen Mitarbeiter haben in den vergangenen Wochen eigene Konzepte für die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln erarbeitet. Arbeitsplätze und Maschinen wurden auseinandergezogen, Trennwände aufgestellt, Plexiglasscheiben eingezogen, in den Speiseräumen Tische und Stühle ausgeräumt.

Trennwände zwischen den Arbeitsplätzen, Schilder, die an die Hygieneregeln erinnern: Die Werkstätten für Menschen mit Behinderung haben wegen der Corona-Pandemie ihre Räume umgestaltet.
Trennwände zwischen den Arbeitsplätzen, Schilder, die an die Hygieneregeln erinnern: Die Werkstätten für Menschen mit Behinderung haben wegen der Corona-Pandemie ihre Räume umgestaltet. © Foto: Duisburger WfBM

„Wir haben die Pausenzeiten geändert, führen ein Schichtsystem ein, es werden einzelne Gruppen nacheinander essen“, erklärt Christian Berg. Der stellvertretende Betriebsleiter der Zukunftswerkstatt Sepos, in der rund 160 der insgesamt 1100 WfbM-Beschäftigten mit Handicap arbeiten, ist aber zuversichtlich: „Wir schaffen es.“ In der Zukunftswerkstatt arbeiten zumeist Menschen mit psychischen Erkrankungen, die die neuen Regeln verstehen und umsetzen können. Das können nicht alle Werkstattmitarbeiter, wie beispielsweise Menschen mit geistiger oder Mehrfachbehinderung. Sie werden in der kommenden Woche wohl noch nicht wieder arbeiten dürfen.

Anrufe besorgter Eltern

Schmanke rechnet damit, vielleicht 50 bis 60 Prozent der Mitarbeiter zeitnah wieder an den Werkbänken, in der Wäscherei und Schneiderei zu sehen. „Es ist auch noch unklar, wie wir mit den Risikogruppen umgehen sollen“, sagt Wolfram Teschner. Einige Beschäftigte würden aber auch von sich aus noch nicht wieder in die Werkstatt wollen, „weil sie Angst haben, sich anzustecken.“ Und: „Wir haben auch viele Anrufe von besorgten Eltern, die fragen, ob denn ihr Sohn oder ihre Tochter wieder kommen müssen“, erzählt Alexander Schmanke. Müssen sie nicht. Eine Rückkehr ist derzeit noch freiwillig. Noch unklar ist auch, ob die Beschäftigten zur Arbeit kommen dürfen, die in besonderen Wohnformen leben. Denn hier gibt es ein erhöhtes Risiko bei einer Infektion, die Mitbewohner anzustecken.

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Klar ist: Es wird Einlasskontrollen geben. Fiebermessen, Hände desinfizieren und Masken aufsetzen sind zu Beginn des Arbeitstages Pflicht. Die Werkstätten informieren jeden Beschäftigten, wann es für ihn wieder los gehen kann. Überhaupt stehen die hauptamtlichen Mitarbeiter seit der Schließung vor gut zwei Monaten im zumeist regelmäßigen telefonischen Austausch mit ihren Kollegen mit Handicap.

Täglich telefonischen Kontakt zu den Mitarbeitern

„Unter den schwierigen Bedingungen ging es erstaunlich gut. Wir haben zu fast allen zum Teil täglich telefonisch Kontakt gehalten, um zu hören, wie es ihnen geht und über die Länge der Zeit hinwegzuhelfen“, sagt Wolfram Teschner. Zum Teil ist Arbeit aus der Montage und Verpackung nach Hause gegeben worden, Mitarbeiter sind in die besonderen Wohnformen gegangen und haben dort den Bewohnern eine Tagesstruktur angeboten.

Die Caritas-Werkstätten Niederrhein haben für dieses „Lern-Mobil“ einen Rollstuhlbus umgebaut, mit dem nun Claudia Kühn, Michael Reicherts und Dirk Schirmer zu den Mitarbeitern rausfahren.
Die Caritas-Werkstätten Niederrhein haben für dieses „Lern-Mobil“ einen Rollstuhlbus umgebaut, mit dem nun Claudia Kühn, Michael Reicherts und Dirk Schirmer zu den Mitarbeitern rausfahren. © Foto: Caritas Werkstätten

Die Notbetreuung in den Werkstätten haben bei der Caritas in Rheinhausen 25 von 400 Mitarbeitern mit einer geistigen Behinderung, in Moers 30 und in Rheinberg 5 in Anspruch genommen. In den W8zig-Zweigstellen in Rheinhausen und Rheinberg, in denen insgesamt 175 Menschen mit psychischen Erkrankungen arbeiten, kamen 30 in die Notbetreuung. Für sie ist es besonders schwer, die Corona-Krise zu durchleben. „Die Ängste sind bei einigen von ihnen sehr groß“, sagt Wolfram Teschner.

Lernmaterial nach Hause geschickt

In der Duisburger WfbM wurden nur 5 Mitarbeiter notbetreut. „Wir hatten mit mehr gerechnet, warum diese Zahl so niedrig ist, wissen wir nicht“, sagt Alexander Schmanke. Er stellt sich darauf ein, dass es noch Wochen bis Monate dauert, bis der Werkstatt-Betrieb unter den besonderen Schutzregeln wieder normal für alle Mitarbeiter läuft. Solange werden die Beschäftigte, die zu Hause bleiben müssen oder wollen, dort so gut es geht in die Arbeit eingebunden.

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Das gilt auch für den Bereich der beruflichen Bildung. Lernmaterial wird per Post nach Hause geschickt, Lernvideos wurden auf Youtube gestellt. Die hauptamtlichen Mitarbeiter zeigen sich sehr kreativ und gehen neue Wege der Zusammenarbeit. So hat ein Team der Caritas-Werkstätten einen Rollstuhlbus kurzerhand in ein Lernmobil umgebaut, mit dem es zu den Beschäftigten fährt.

Aufträge von Firmen sind weggebrochen

Wie sich die Corona-Krise auf die Wirtschaftlichkeit der Werkstätten auswirkt, ist noch nicht richtig abzusehen. Zum Teil konnten Aufträge noch von den hauptamtlichen Mitarbeitern erfüllt werden, „teilweise sind Aufträge weggebrochen, weil die Firmen selbst in Kurzarbeit gehen mussten. Wir müssen jetzt schauen, wie wir Ersatzaufträge bekommen und dann die Arbeit über alle Bereiche verteilen“, sagt Alexander Schmanke. Er rechnet für das Jahr mit hohen Einbußen, die im fünfstelligen Bereich liegen.