Duisburg. Könnte man durch den Looping laufen? Zwei Physiker der Uni Duisburg-Essen beantworten diese Frage zur größten Duisburger Skulptur.

Wohl die Allermeisten, die sich auf der Landmarke Tiger & Turtle bis zum Looping vorwagen, stellen sich diese Frage: Könnte man ihn durchlaufen, wenn man nur schnell genug rennt? „Man kann’s berechnen“, sagen Prof. Dr. Axel Lorke und Dr. Nicolas Wöhrl von der Universität Duisburg-Essen (UDE). Doch dazu später mehr. Vorweg: Die Naturwissenschaftler empfehlen beim Frühlingsspaziergang auf der Wanheimer Halde ein deutlich ungefährlicheres Experiment.

Schon der gut einen Kilometer lange Aufstieg auf die nach dem Heimatforscher Heinrich Hildebrand benannte Höhe weckt die Neugier des Wissenschaftlers. Oben angekommen, eröffnet sich an klaren Frühlingstagen wie diesen ein prächtiger Panoramablick, der mindestens bis zum Düsseldorfer Flughafen im Süden und auf den Schlot des Walsumer Steag-Kraftwerks im Stadtnorden reicht. Rund 50 Meter Höhenunterschied überwinden Besucher – von 30 Metern über Normal Null (NN) bis auf 80 Meter über NN am höchsten begehbaren Punkt der Skulptur vor dem Looping. Derzeit ist wegen der Corona-Pandemie bei 67 Metern über NN auf dem Haldengipfel Schluss: Die 220 Stufen der Konstruktion sind gesperrt, weil der Sicherheitsabstand auf dem engen Pfad nicht einzuhalten wäre.

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Tiger & Turtle: Experiment mit dem Sonnenuntergang

Mit dem Aufstieg gewinnt der Wanderer an Weitblick. „Der Horizont verschiebt sich“, erklärt Nicolas Wöhrl, „die 50 Meter Höhenunterschied bringen rund 10 Kilometer“. Frühaufsteher und Spät-Besucher können das an einem Experiment mit der Stoppuhr nachvollziehen. Der Sonnenaufgang ist auf dem Gipfel etwa 20 Sekunden eher sichtbar als am Fuß, die gleiche Differenz gibt’s abends beim Sonnenuntergang.

Nun zur Frage mit dem Loopinglauf: Dass der zumindest theoretisch möglich ist, wissen Besucher des Zirkus Flic Flac, wo todesmutige Motorradfahrer durch eine Eisenkugel rasen. Das sei bei der Kugel, deren Durchmesser weniger als die Hälfte der 11 Meter des Loopings, vergleichsweise einfach, erklärt Axel Lorke: „Je kleiner der Durchmesser, desto leichter ist es. Je größer die Abweichung der Bahn von einer Geraden, desto stärker ist die Fliehkraft.“ Physik die fast jeder schon erlebt hat: Auf kleinen Spielplatzkarussell ist die Fliehkraft deutlich stärker spürbar, als beim Großgerät einer Kirmes.

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Für die Looping-Runde entscheiden Kraft und Tempo

Ein Läufer müsste die nötige Geschwindigkeit aufnehmen, damit die Schwerkraft nicht zum Absturz führt. Frage: Auf welches Tempo müsste als ein 70 Kilo schwerer Sprinter sein Körpergewicht beschleunigen, um das zu schaffen? „Ein klassisches Rechenexempel für Physik-Studierende“, sagt Axel Lorke. Das Ergebnis hat Nicolas Wöhrl parat: Ausreichen würden 7,2 Meter pro Sekunde, was einer Geschwindigkeit von 25,8 km/h und einer 100-Meter-Zeit von 14 Sekunden entspricht.

Klingt machbar. „Entscheidend sind aber Körpergewicht und Kraft“, erklären die Wissenschaftler. Etwa 2,6 Kilowatt wären notwendig, um auch den Höhenunterschied des Loopings in den wenigen Sekunden zu überwinden. Die Koordination der Bewegungen kommt als weiteres Problem hinzu. Also? „Ein Weltklasse-Sprinter bringt zwar diese Leistung auf, aber auch er würde wohl scheitern“, vermutet Axel Lorke. Er könnte es allenfalls schaffen, wenn er extrem schnell anläuft“, vermutet Axel Lorke.

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Konstrukteure der Großskulptur mussten viele Fragen bedenken

Deutlich größere Kräfte wirken durch die 90 Tonnen Gesamtgewicht der Groß-Skulptur mit ihren 220 Metern Gesamtlänge. Wie müssen die 17 Stützen, 689 Pfosten und 349 Querträger beschaffen sein, um dieses Gewicht zu halten? Welche Fundament braucht es, um die Konstruktion sicher an ihrem Platz zu halten, welche Geometrie ist erforderlich, damit sie auch Starkwind nicht nachgibt? Wie müssen hunderte Schweißverbindungen beschaffen sein, damit das Bauwerk dauerhaft sicher ist? Ein Querschnitt durch zwei miteinander verbundene Träger, aufgebaut neben der Info-Tafel auf der Halde, gewährt einen Einblick in die Schweißtechnik. „Natürlich spielt bei all diesen Fragen die Physik eine Rolle“, sagt Axel Lorke, „aber die Antworten müssen Ingenieure geben.“

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Naturwissenschaft unterhaltsam erklärt

Wenn’s gilt, Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken, sind Axel Lorke und Nicolas Wöhrl nicht weit. Die Wissenschaftler der Uni Duisburg-Essen (UDE) können Forschung für Laien nachvollziehbar erklären, sie machen deutlich, wo uns allen etwa die Physik im Alltag ständig begegnet und erklären spannende Phänomene, die wir alle kennen.

Zu einiger Popularität hat des Nicolas Wöhrl gebracht, der gemeinsam mit seinem Physiker-Kollegen Reinhard Remfort als Duo „Minkorrekt“ mit einer Wissenschaftsshow öffentlich auftritt. „Minkorrekt“ steht für: methodisch inkorrekt. Beliebt sind auch ihre Podcasts und Videos, in denen sie Naturwissenschaft und ihre Gesetze unterhaltsam erklären. Infos über die „Rockstars der Wissenschaft“ gibt unter: www.minkorrekt.de und www.wissenschaftspodcasts.de