Duisburg. Ein Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas über den Corona-Krisen-Alltag zwischen Berlin und Duisburg – und wie es weiter geht.
Als Bärbel Bas 2009 in den Bundestag einzog, bekam sie noch die Ausläufer der Bankenkrise mit. Eine schwierige Zeit, „aber händelbar“, erinnert sich die SPD-Bundestagsabgeordnete. Elf Jahre später ist wieder Krise. Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist wegen der Corona-Krise eine gefragte Gesprächspartnerin. Sie koordiniert die Themen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung und Forschung. Morgens liegen bei ihr WAZ, NRZ, Bild, Süddeutsche, Tagesspiegel, Welt und Handelsblatt auf dem Schreibtisch – erst einmal sichten, welche neuen Vorschläge diesmal wieder aus Bayern kommen. Und natürlich Twitter, „damit ich schon einmal weiß, wozu ich gegebenenfalls eine Stellungnahme abgeben muss.“ Die Zeiten sind besonders und werden garantiert später ihren Platz in den Geschichtsbüchern finden, darüber sind sich alle im Klaren.
Duisburger Abgeordnete arbeitet im Homeoffice
Frau Bas, wo erreichen wir Sie gerade?
Ich bin momentan wieder in Duisburg. Ich versuche, mich an das Kontaktverbot zu halten. Viele Absprachen laufen über Skype oder Telefonschalten, meine Mitarbeiter sind im Homeoffice.
Und wie läuft die Kommunikation?
Schwierig. Alle Welt ist momentan im Homeoffice, manchmal können sich die Kollegen nicht einwählen oder fliegen wieder aus der Leitung. Auch die Qualität der Übertragung lässt manchmal zu wünschen übrig.
Das Hilfspaket wurde in der vergangenen Woche in Berlin auch mit Stimmen der Opposition beschlossen. Merkt man an der Stimmung im Bundestag, dass die Zeiten besonders sind?
Normalerweise gibt es zwischen Regierung und Opposition immer einen Schlagabtausch. Diesmal haben alle konstruktiv an der Gesetzesvorlage mitgearbeitet. Das passiert sonst nur bei Gruppenanträgen und ethischen Fragen, wenn Abstimmungen frei gegeben werden.
Und wie ist die Lage aus Ihrer Sicht in Duisburg?
Mails von Firmen und Gastronomen, die nicht wissen, wie es weiter gehen soll und ob sie die Krise überstehen. Das ist auch der große Unterschied zur Wirtschaftskrise 2009. Die Krise trifft wirklich alle. Wir wissen nicht, wie lange es dauert. Und gleichzeitig ist da die Sorge, eine falsche Entscheidung zu treffen, die dazu führt, dass Menschen sterben werden. Die Bilder aus Italien schlagen einem wirklich aufs Gemüt.
Derzeit wird über eine Mundschutzpflicht debattiert und auch eine App ist im Gespräch, mit der sich zum Beispiel Kontaktketten nachweisen lassen. Können Sie verstehen, dass einige sich Sorgen um die Freiheitsrechte in diesem Land machen?
Auf jeden Fall. Derzeit wird ja oft Südkorea als Beispiel angeführt, aber wir dürfen nicht in Anbetracht der Pandemie den Datenschutz über Bord werfen. Deshalb haben wir als SPD diesen Passus aus dem Gesetzesvorhaben wieder rausgenommen.
Tragen Sie eigentlich eine Schutzmaske?
Nein. Alle Veranstaltungen sind abgesagt. Ich gehe nur noch ganz selten aus dem Haus und wenn, dann achte auf einen entsprechenden Abstand. Im Zweifelsfall schützt ein Schal andere auch ein bisschen, wenn man zum Beispiel niesen muss.
Sie sind gelernte Sozialversicherungsfachangestellte und haben bei einer Krankenkasse gearbeitet. War Ihnen klar, wie knapp der Materialvorrat in den einzelnen Einrichtungen ist?
Ich habe natürlich früher auf der Verwaltungsseite gearbeitet, aber ehrlich gesagt, habe ich nicht geahnt, wie knapp es in den Krankenhäusern ist – vor allem auch bei Cent-Ware wie Masken und Desinfektionsmittel. Die Pandemie macht deutlich, wie der Markt seine Macht ausspielt, wenn die Preise für Masken schnell steigen. Als Staat müssen wir uns überlegen, ob wir wieder eine nationale Reserve vorhalten und auch wieder in Deutschland produzieren lassen.
Den Oster-Urlaub verbringt Bärbel Bas in Duisburg
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Hand aufs Herz: Machen Sie sich Gedanken, wenn Sie hören, welche Politiker Covid-positiv sind?
Bei uns in der Fraktion gibt es offiziell noch keinen Fall. Aber, wenn man hört, wer sich infiziert hat, überlegt man natürlich schon, ob man zu der Person zuletzt Kontakt hatte. Und wenn jemand in der Nähe niest, schaut man ganz komisch. Bei der Fraktionssitzung in der vergangenen Woche saßen wir weiter auseinander und einige Kollegen haben die Debatte in einen Nebenraum übertragen bekommen.
Wann geht es das nächste Mal nach Berlin?
Die nächste Sitzungswoche wäre ab dem 20. April. Aber niemand weiß momentan, wie die ablaufen wird.
Viele Menschen wollten über die Feiertage wegfahren. Ist Ihnen auch ein Urlaub geplatzt?
Ich hatte eigentlich vor, nach Sylt zu fahren und ein paar Tage zu entspannen. Nun mache ich Urlaub in Duisburg. Auch schön.
Da könnte ich Ihnen ein paar Tipps geben.
Ich weiß, aber leider hat ja momentan alles geschlossen. Das vermisse ich wirklich: Ich bin gerne mit Freunden ausgegangen. Ans selber kochen musste ich mich wirklich gewöhnen. Ich bin ja oft unterwegs und habe deshalb oft auswärts gegessen. Sonntags, bevor es zur Sitzungswoche nach Berlin ging, waren wir gerne in der Lindenwirtin. Aus Solidarität haben wir dort schon mal was bestellt, aber es ist eben nicht das gleiche.
Und nun gibt’s nur noch Nudeln?
Wenn noch welche im Regal sind… Nein, Scherz beiseite. Ich sorge schon für Abwechslung. Manchmal gibt’s Eintopf, Schnitzel oder tatsächlich Pasta.
Haben Sie noch genügend Klopapier zu Hause?
Ein paar Rollen. Demnächst brauche ich mal wieder welches.
>> ALS STELLVERTRETENDE FRAKTIONSCHEFIN IM GEMEINSAMEN AUSSCHUSS
Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist Bärbel Bas nicht mehr selbst Mitglied in den Ausschüssen, sondern nur noch Stellvertreterin. Sie springt im Gesundheitsausschuss ein und sitzt im so genannten Gemeinsamen Ausschuss. Dieser besteht aus 48 Mitgliedern – zu zwei Dritteln aus Bundestagsabgeordneten und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Der Gemeinsame Ausschuss ist das so genannte Notparlament und tritt im Verteidigungsfall unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble zusammen. „Aber wir befinden uns ja nicht im Krieg“, betont Bärbel Bas.