Duisburg. Die neue Duisburger Allgemeinverfügung gegen Hamsterkäufe und zum Schutz vor Corona ist in Kraft. So rigoros setzen Supermärkte die Regeln um.

Ist es Ironie, Galgenhumor oder einfach nur Zufall? Während die Kunden ihre, mittlerweile verpflichtenden, Einkaufswagen durch die Gänge von Rewe Feldkamp in Duissern schieben, trällern die Bee Gees über die Lautsprecher „Stayin’ Alive“ – „am Leben bleiben“. Damit das auch in Duisburg zu Zeiten der Coronakrise klappt, hat die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, die eine Menge neuer Regeln für Nahversorger einführt.

Wir haben uns am Samstag, dem ersten Tag der Allgemeinverfügung, in zwei Discountern und zwei Supermärkten umgeschaut und nachgesehen, wie die neuen Regelungen umgesetzt werden. Demnach sind zum Beispiel Hamsterkäufe verboten. Eines vorweg: Die zwei heißesten Quarantänewaren sind fast überall knapp.

Duisburger Aldi-Filiale gibt den Kunden was sie wollen: Toilettenpapier

Hilfe für die Kunden: Die Aldifiliale am Duisburger Sternbuschweg zeigt den korrekten Corona-Sicherheitsabstand mit Klebeband auf dem Boden – wie viele andere Nahversorger auch.
Hilfe für die Kunden: Die Aldifiliale am Duisburger Sternbuschweg zeigt den korrekten Corona-Sicherheitsabstand mit Klebeband auf dem Boden – wie viele andere Nahversorger auch. © Schlömer

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„Heute nur mit Einkaufswagen bitte“, sagt die Sicherheitsfrau vor der Aldifiliale auf dem Sternbuschweg zu vielen Kunden, stets mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Schlange stehen müssen die Kunden am Samstag um 10 Uhr noch nicht, der Weg in den Laden ist aber gepflastert mit Hinweis- und Warnschildern. Auch im Laden weisen Schilder auf „Abgabe von Lebensmitteln bis auf weiteres nur in handelsüblichen Mengen“ hin, ein Kunde lädt sich den Wagen trotzdem mit 20 Packungen Reiskeksen voll.

Das war’s mit Spagetti Bolognese: Nudeln sind fast restlos ausverkauft.
Das war’s mit Spagetti Bolognese: Nudeln sind fast restlos ausverkauft. © Schlömer

Vor dem Weinregal erinnert ein Schild an die vorgeschriebenen 1,5 Meter Abstand, Streifen auf dem Boden im Kassenbereich machen es den Kunden noch leichter. Die halten sich an den Abstand, hier und dort bummelt auch ein Kunde mit Mundschutz durch das Geschäft – wie in allen anderen Läden auch. Heiß gehandelt wird dieser Tage ja das Toilettenpapier, und tatsächlich werden die Kunden auf dem Sternbuschweg fündig. Der Discounter hat aber vorgesorgt, eine Packung darf jeder Kunde mitnehmen, auch das ist eine Anweisung der neuen Allgemeinverfügung, die Hamsterkäufe verhindern soll. Die ungewohnten Restriktionen scheinen aber weder Kunden noch Angestellte mitzunehmen, an der Kasse geht es gewohnt entspannt, aber zügig zu. Nur ein Produkt ziehen die behandschuhten Kassierer hinter ihren Plexiglasscheiben nicht über den Scanner – Nudeln. Die sind fast komplett ausverkauft.

Edeka drückt bei den Einkaufswagen ein Auge zu

Corona-Stillleben mit Maggi: Das Klopapier ist - wie vielerorts - aus.
Corona-Stillleben mit Maggi: Das Klopapier ist - wie vielerorts - aus. © Schlömer

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Nur einen Katzensprung entfernt liegt die Edekafiliale auf dem Sternbuschweg, auch hier „bewacht“ ein Sicherheitsmann die Tür. Eine Schlange hat er um halb 11 nicht zu managen, dafür winkt er hin und wieder auch einen Kunden ohne Einkaufswagen in das Geschäft. Viele Hinweisschilder begegnen den Kunden, außer am Eingang, nicht, nur bei den Quarantänerennern hängen Blätter – und die nehmen kein Blatt vor den Mund. Zwei Packungen H-Milch darf jeder Kunde mitnehmen, und „Diskussionen führen wir nicht!“. Eigentlich gibt es pro Einkauf auch nur eine Packung Toilettenpapier, das ist am Samstag aber sowieso restlos ausverkauft.

Dieser Supermarkt versteht bei der Corona-Bekämpfung keinen Spaß: Diskutiert wird nicht.
Dieser Supermarkt versteht bei der Corona-Bekämpfung keinen Spaß: Diskutiert wird nicht. © Schlömer

Genauso übrigens wie die Angebotspalette mit den großen Bierkästen, generell läuft Alkohol in allen Geschäften ausgesprochen gut – auch eine Möglichkeit, die heimische Langeweile niederzuringen. Die Kassierer hinter ihren Plexiglasscheiben sind entspannt wie eh und je, auch die Kunden halten sich äußerst diszipliniert an den vorgeschriebenen Abstand, nur in den engen Gängen funktioniert das nicht immer. Neben dem Klopapier sind auch Nudeln und Reis deutlich ausgedünnt, aber immer noch zu Genüge vorhanden.

Penny bietet Kunden Einkaufswagendesinfektion

Keine Chance auf Klopapier: Auch hier ist das begehrte Gut ausverkauft.
Keine Chance auf Klopapier: Auch hier ist das begehrte Gut ausverkauft. © Schlömer

Noch ein paar Meter weiter den Sternbuschweg herunter liegt die Neudorfer Pennyfiliale, auch hier dürfen Kunden nur mit einem Einkaufswagen das Geschäft betreten. Ein nickeliges Pärchen will aber trotzdem zusammen Einkaufen gehen – also füllt sie ihren Wagen mit den Einkäufen, und er schiebt seinen mit einer einzigen, traurigen Packung Milch vor sich her. Dass wirklich jeder Kunde einen Wagen nutzt, kontrolliert zwar kein Sicherheitsmann, im Eingangsbereich gibt es aber einen anderen Anreiz für die Wagennutzung: Papiertücher und Desinfektionsspray, letzteres natürlich angekettet, helfen den Kunden, ihre Einkaufswagen zu desinfizieren.

In diesen Discounter in Duisburg kommt nur, wer auch einen Einkaufswagen vor sich herschiebt.
In diesen Discounter in Duisburg kommt nur, wer auch einen Einkaufswagen vor sich herschiebt. © Schlömer

Auch der Discounter hat sich der neuen Allgemeinverfügung angepasst, für Toilettenpapier, Seife, Reis, Teigwaren und Mehl gibt es Abgabebegrenzungen. Für das Toilettenpapier sind die aber auch hier müßig, es ist nämlich keins mehr da. Ansonsten kommen die Kunden aber auf ihre Kosten, ganz brav stehen sie an der Kasse mit großen Abstand zueinander und warten geduldig, bis sie vor der Plexiglasscheibe stehen, die den Kassierer schützt. Wie in allen Geschäften wird auch auf bargeldlose Zahlung als bevorzugte Variante hingewiesen, und die meisten Duisburger kommen diesem Wunsch nach.

Aufruf zur Solidarität bei Rewe

Aufruf vor dem leeren Nudelregal: Die Mitarbeiter von Rewe Feldkamp in Duisburg fordern ihren wohlverdienten Respekt ein.
Aufruf vor dem leeren Nudelregal: Die Mitarbeiter von Rewe Feldkamp in Duisburg fordern ihren wohlverdienten Respekt ein. © Schlömer

Um 11 Uhr stehen die Menschen vor der Rewe-Feldkamp-Filiale in Duissern mit ihren obligatorischen Einkaufswagen Schlange, eine Mitarbeiterin passt auf, dass sich Kommen und Gehen die Waage halten. Lange steht aber keiner draußen vor der Tür, bloß wer noch zum Bäcker will, muss sich nachher separat anstellen. Drinnen ist alles da, was das Kundenherz begehrt – nur eben kaum Nudeln und kein Toilettenpapier. Das Klopapierregal hat das Personal vorsorglich mit Waschmittel zugemauert, keine Frage: Auch im Lager ist nichts mehr.

Einige Kunden murren ein wenig, doch das freundliche Personal lächelt die Miesepetrigkeit einiger Duisburger einfach weg. Auch in Duissern gibt es Mengenbegrenzungen für die einschlägigen Produkte, doch Rewe geht sogar noch einen Schritt weiter: Auch der Wasserkauf ist jetzt limitiert, pro Person gibt es nur noch ein „Sixpack“. An der Kasse stehen dann Bargeldschälchen bereit, die Kassierer haben also keinen direkten Kontakt zum Kunden.

An vielen Regalen im Supermarkt, der erst kürzlich neu eröffnet hat, hängen Zettel mit einer sehr persönlichen und ehrlichen Botschaft des Rewe-Teams. „Das ist jetzt für uns alle eine schwere Zeit“ heißt es dort, „wir kommen täglich mit 1000 und mehr Menschen in Kontakt, haben sie darüber mal nachgedacht?“ Zurecht fordert das Team dann Respekt ein, auch wenn mal etwas fehlen sollte. „Leider sind unschöne und auch respektlose Dinge passiert“, heißt es weiter. „Da kommen wir nur gemeinsam durch.“ Aus den Lautsprechern singen die Bee Gees.

Die neue Allgemeinverordnung

Seit Samstag, 28. März, gelten in Duisburg neue Regeln für die Geschäfte, die nach der NRW-Coronaschutzverordnung weiter öffnen dürfen – vor allem also für Nahversorger.

Zur gleichen Zeit dürfen zum Beispiel nur so viele Kunden im Laden sein, dass jeder, in der Theorie, zehn Quadratmeter Platz hat. Außerdem müssen alle Kunden, sofern vorhanden, einen Einkaufswagen benutzen.

Alle Waren dürfen nur „in einem haushaltsüblichen Umfang“ an einen einzelnen Kunden verkauft werden, der Sicherheitsabstand ist durch das Personal des jeweiligen Markts durchzusetzen. Die Regeln gelten zunächst bis einschließlich 19. April.