Duisburg-Homberg. Seit Mittwoch gibt es in Homberg Duisburgs drittes Medizinisches Sichtungszentrum. Für alle, die sich krank fühlen, auch ohne Corona-Symptome.

Die Hartmanns hatten sich angesagt. Spatz und Engel wären am 12. März zu Gast gewesen. Und Sonntag hätte der Kram- und Krempelmarkt die Glückauf-Halle zum Ziel von Ausflüglern gemacht. Stattdessen steht hier an der Dr.-Kolb-Straße nun das echte Leben auf dem Programm. Das ist momentan leider alles andere als eine vergnügliche Komödie. Wer in diesen Tagen in die Glückauf-Halle geht, der zieht am Eingang kein Ticket aus der Tasche, sondern die Krankenkassenkarte. Am Mittwoch hat die Stadt die Veranstaltungshalle zur Anlaufstelle für Kranke umfunktioniert. Nach dem Süden und dem Norden hat nun auch der Westen ein „Medizinisches Sichtungszentrum“. Die Coronakrise macht’s nötig.

Oliver Tittmann atmet hörbar tief ein am anderen Ende der Telefonleitung. Er kommt gerade aus der Lagebesprechung und muss sich einen Moment sammeln. Arbeitstage mit 15 Stunden sind für ihn aktuell der Normalfall. Der 43-Jährige steht enorm unter Druck, denn er ist der Chef der Duisburger Feuerwehr, die ja nicht nur für das Löschen von Bränden, sondern auch für den Katastrophenschutz zuständig ist.

Die Katastrophenschützer

„Wenn nichts mehr geht, dann kommen wir“, sagt der Mann, bei dem im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus viele Fäden zusammenlaufen. Auch für die medizinischen Sichtungszentren, die überlaufene Hausärzte und Krankenhäuser entlasten sollen, ist die Feuerwehr zuständig. Und so kann uns Oliver Tittmann erklären, wie das neue Angebot in der Glückauf-Halle funktioniert. Das wurde übrigens auf Initiative eines Homberger Allgemeinmediziners eingerichtet.Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen

Wer sich krank fühlt, ruft nach wie vor zuerst den Hausarzt an (oder wählt natürlich die 112, falls es ein echter medizinischer Notfall ist). Ist der Hausarzt überlastet oder nicht erreichbar, können die Patienten zum Homberger Sichtungszentrum kommen. „Das können Sie sich wie eine Arztpraxis vorstellen“, sagt Oliver Tittmann.

Feuerwehrchef Oliver Tittmann hat momentan viel Arbeit und wenig Schlaf. Der Katastrophenschützer koordiniert die Corona-Krisenhilfe.
Feuerwehrchef Oliver Tittmann hat momentan viel Arbeit und wenig Schlaf. Der Katastrophenschützer koordiniert die Corona-Krisenhilfe. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Es gibt einen Empfang, an dem man sich mit der Versichertenkarte und dem Personalausweis anmeldet, und einen Wartebereich mit genügend Abstand zwischen den Stühlen. Im Arztzimmer kümmern sich ein Mediziner und ein Assistent um die Patienten. „Hier werden keine Corona-Tests gemacht“, erklärt Tittmann. Und es können auch Patienten kommen, die andere Symptome haben als die, die im Zusammenhang mit dem Virus bekannt sind. Es geht ganz allgemein darum zu schauen, wer behandlungsbedürftig ist und wer sich beruhigt zuhause auskurieren kann.

Auf Corona wird nicht getestet

Viele Menschen sind sehr verunsichert. Deshalb gehen zurzeit oft auch die zum Arzt, die sich sonst mit ihren Krankheitssymptomen zum Auskurieren ein paar Tage ins Bett gelegt hätten. Das haben die Helfer beobachtet. „Viele, die sich untersuchen lassen, können wir wieder nach Hause schicken“, beschreibt Oliver Tittmann die Lage. Manche werden zum Arzt oder zum Corona-Test weitergeleitet, in seltenen Fällen musste auch schon der Rettungswagen gerufen werden.

Die Erfahrungen in den Zentren in Nord und Süd haben gezeigt, dass zwischen 60 und knapp 100 Duisburger täglich zur Untersuchung kommen. In Homberg waren am ersten Tag bis 16.30 Uhr 21 Menschen da. Gerne würde Oliver Tittmann die Einrichtungen mit mehr als einem Mediziner besetzen. „Wir brauchen dringend Hilfe“, sagt er. Auch Menschen, die einem Arzt als Assistenten zur Seite stehen können, werden gesucht. Wer helfen möchte, kann sich per Mail melden: spontanhelfer@feuerwehr.duisburg.de.

„Ich habe noch einen Herzenswunsch“, sagt der Feuerwehrchef am Ende des Telefonats. „Würden Sie bitte in den Bericht schreiben, wie super dankbar wir über jeden einzelnen Ehrenamtler sind.“ Er klingt fast schon euphorisch. „Ich bekomme regelmäßig Gänsehaut, wenn ich sehe, was wir hier auf die Beine gestellt haben und was unsere Leute leisten.“ Was die Zukunft bringt, weiß auch er nicht. Nur so viel kann Oliver Tittmann sagen: „Gefühlt sind wir gut vor der Lage, aber das ist natürlich nur der Stand jetzt.“

>>> Infos zum Medizinischen Sichtungszentrum:

Medizinisches Sichtungszentrum Duisburg West, Glückauf-Halle, Dr.-Kolb-Straße 2, 47198 Duisburg. Geöffnet täglich von 8 bis 18 Uhr. Patienten benötigen Personalausweis und Versichertenkarte.

Die Stadt benötigt dringend weitere freiwillige He lfer aus dem medizinischen Bereich (Ärzte und Pflegekräfte). Kontakt per Mail: spontanhelfer@feuerwehr.duisburg.de