Duisburg. Viele Betriebe stünden in der Corona-Krise kurz vor dem Monatsende mit dem Rücken zur Wand. Angekündigte Schutzschirme noch nicht angekommen.
Der Unternehmerverband schlägt Alarm: "Viele Unternehmen stehen mit Blick auf anstehende Gehalts-, Sozialversicherungs- und Mietzahlungen Ende März mit dem Rücken zur Wand", sagt Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes mit Sitz in Duisburg. Viele der 700 Mitgliedsunternehmen hatten in den vergangenen Tagen Fragen zu Liquiditätshilfen.
"Die angekündigten Schutzschirme – und ihre Umsetzung – sind aber, zumindest vergangene Woche, noch nicht bei den Förder- und Hausbanken angekommen. Das hat zu einer Verunsicherung geführt. Gerade kleinere Betriebe haben uns zudem zurückgemeldet, dass Kredite nicht die Hilfe sind, die sie brauchen. Nach der Krise stünden sie dann vor einem Berg Schulden und hätten keine Chance, wirtschaftlich wieder Fahrt aufzunehmen", erzählt Wolfgang Schmitz.
77.000 Betriebe haben bundesweit in nur 5 Tagen Kurzarbeit angemeldet
Der Verband habe über verschiedene Kanäle in Richtung Politik eingewirkt, "dass finanzielle Hilfen schnell und unbürokratisch fließen müssen. Die kommenden Tage sind sehr wichtig, damit es nicht zu einem deutlichen Vertrauensverlust kommt. Vertrauen ist in diesen Tagen die wichtigste Währung", so Schmitz. Er verweist zwar auf bundesweite Zahlen, weil es für die Region noch keine gibt, aber es sind Zahlen, die deutlich machen, wie sehr die Zeit drängt: "In der vergangenen Woche haben die Fragen zum Thema Kurzarbeitergeld dominiert. Laut Bundesagentur für Arbeit haben in diesen fünf Tagen 77.000 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Ende 2019 waren es gerade einmal 1.000 pro Monat", erklärt der Unternehmervertreter.
Das Arbeitsministerium rechne mit mehr als zwei Millionen Kurzarbeitern in diesem Jahr, das Ifo-Institut sogar mit bis zu sechs Millionen. Dies zeige, "wie wichtig dieses Instrument samt der beschlossenen Erleichterungen in der jetzigen Krise ist. Trotzdem ist es für alle, für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und natürlich die öffentlichen Kassen, eine enorme Belastung", sagt Schmitz. Der Unternehmerverband unterstütze die Agentur für Arbeit hier nach Kräften und kooperiere eng mit der IHK. Die Situation ist für beide Seiten neu und enorm herausfordernd". In Duisburg meldete die Agentur für Arbeit in der vergangenen Woche bislang 600 Anfragen zur Kurzarbeit.
Schmitz: "Wir sollten alle flexibel handeln"
Aber auch in Sachen Arbeitsrecht hätten die Unternehmen viele praktische Fragen. Wie umgehen mit Rückkehrern aus dem Skiurlaub aus besonders betroffenen Gebieten? Kann der Arbeitgeber einseitig Homeoffice anordnen oder den Arbeitnehmer verpflichten, in Quarantäne zu gehen? Kann der Arbeitnehmer den Urlaub einseitig abbrechen und wieder im Büro erscheinen? Und wie ist die Entgeltfortzahlung im Falle der Quarantäne geregelt? Fragen, die das Juristenteam des Verbandes beantwortet. Und das sehr individuell.
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"In Sachen Arbeitsrecht raten wir grundsätzlich, das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erhalten. Die Situation ist für beide Seiten neu und enorm herausfordernd", so Schmitz. Wenn sich eine Seite sperre und ausschließlich auf Paragraphen berufe, dann sei das einer konstruktiven zukünftigen Zusammenarbeit nicht dienlich: "Wir befinden uns in einer Krisensituation und sollten entsprechend alle flexibel handeln", appelliert der Hauptgeschäftsführer des Verbandes.
"Wir werden nicht um eine Rezession herumkommen"
Besonders hart treffe die Krise Messebauern, Caterern und allen sonstigen Eventdienstleister, den Einzelhandel, Restaurants, Kneipen und Bars. Umgekehrt profitieren beispielsweise der Onlinehandel, Paketdienstleister, Apotheken, Drogerien, Supermärkte, Lieferdienste für Lebensmittel und natürlich IT-Dienstleister rund um Homeoffice- und Kommunikationslösungen.
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Die Corona-Krise werde die Wirtschaft verändern. "Wir werden aller Voraussicht nach nicht um eine Rezession herumkommen. Das Münchner Ifo-Institut hat jüngst berechnet, wie sich die umfangreichen Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus volkswirtschaftlich auswirken: Demnach könnten die Folgen der Pandemie Deutschland mehr als eine halbe Billion Euro und mehr als eine Million Jobs kosten", verweist Schmitz auf bundesweite Schätzungen.
"Wer früher in Restaurants essen war, kann vielleicht den neuen Lieferdienst nutzen"
Es sei jetzt wichtig, dass die Bürger versuchen, die von den Krise besonders betroffenen Branchen im Rahmen der Möglichkeiten zu unterstützen. "Die Unternehmen benötigen Umsätze. Wer früher regelmäßig in Restaurants essen gegangen ist, kann ja aktuell den vielleicht neuen Lieferdienst seines Lieblingsrestaurants nutzen oder sich sein Essen dort abholen", nennt Schmitz ein Beispiel.
Was nach der Krise wichtig ist
Wichtig werde es nach der Krise werden, wieder zu alten Gewohnheiten zurückzukehren. "Wenn sich beispielsweise noch mehr Menschen an den Onlinehandel gewöhnen, wird es für den Einzelhandel in den Städten nach der Krise doppelt schwer, wieder auf die Beine zu kommen. Schwieriger wird es dann auch für die Produzenten, die bislang in erster Linie über Ladengeschäfte verkauft haben", so Schmitz. Vielleicht komme es aber auch genau umgekehrt und "die Menschen legen nach der Krise wieder mehr Wert auf den persönlichen Kontakt. Hier muss sich jeder immer wieder selbst hinterfragen, was ihm wirklich wichtig ist."