Duisburg. Das Museum Küppersmühle in Duisburg zeigt rund 100 großformatige Arbeiten des 1925 geborenen Malers Erwin Bechtold. Er liebt die Freiheit.

Erwin Bechtold ist nicht nur als Künstler ein spannender Gesprächspartner, obwohl er sagt: „Alles, was ich zu sagen habe, sind die Arbeiten.“ Der Kölner, der seinem 95. Geburtstag am Ostersonntag entgegen blickt, kann auch als Zeitzeuge eindrucksvoll schildern, wie sehr er es genossen hat, der Enge seiner Jugend während des Nationalsozialismus zu entkommen.

Vor der Eröffnung der Ausstellung „Bechtold“ am Dienstagabend im Museum Küppersmühle gab der Künstler einen beeindruckenden Einblick in seine Biografie. Es waren wohl die Schreckensjahre der Nazi-Zeit, die seinen Freiheitsdrang und seinen Widerspruchsgeist befördert haben. Als Setzer- und Druckermeister wollte er nicht die elterliche Großdruckerei übernehmen, sondern Künstler werden – beflügelt von der Begegnung etwa mit den Werken von Picasso. Er flüchtete regelrecht nach Paris, wo er 1954 von Fernand Léger eingeladen wurde, bei ihm zu arbeiten.

Paris und Picasso – eine andere Welt für den jungen Deutschen

„Das war eine andere Welt,“ schwärmt Bechtold vom Geist der Freiheit und von der Gastfreundschaft Legers, der als Kommunist vor den Deutschen hatten fliehen müssen und jetzt einem jungen Deutschen, dessen Arbeiten ihm gefielen, die Hand reichte. Ein als Kurzreise geplanter Aufenthalt in Barcelona bracht Bechtold schließlich mit der katalanischen Avantgarde, mit den Künstlern, die gegen die Franco-Diktatur kämpften. Weil Versammlungen mit mehr als sechs Teilnehmern verboten waren, wurden Ausstellungen nachts eröffnet. „Da fühlte ich mich zu Hause, Malerei war Opposition.“

Schließlich entdeckte er Ibiza, die Insel, auf der er bis heute lebt und arbeitet. Das Licht des Südens hat seine Arbeiten geprägt, aber nicht etwa in Richtung sanfter Schönheit, gegen die er strikt anmalt. Die Härte der Kontraste und das tiefe Schwarz der Schatten, die Erdfarben und die weißen, kubischen, in menschlichem Maß gebauten Häuser waren es, die ihn an Ibiza fesselten. Außerdem sei Ibiza damals noch preiswert gewesen.

Bilder aus der Serie „Discordia“, übersetzt Zwietracht, von Erwin Bechtold im Museum Küppersmühle.
Bilder aus der Serie „Discordia“, übersetzt Zwietracht, von Erwin Bechtold im Museum Küppersmühle. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Der Künstler hat die Ausstellung selbst geplant

Mit dem Kunstbetrieb hat Bechtold, der 1968 an der 4. Documenta in Kassel teilnahm, bis heute nicht viel am Hut. „Ein Störenfried“, schließt sich Ausstellungskuratorin Eva Müller-Remmert dem Kunstkritiker Heiner Stachelhaus an. Wobei sie mit der Ausstellung nicht viel Arbeit hatte, wie sie sagt. Denn Bechtold hatte die Hängung der rund 100 Arbeiten, die zwischen 1957 und 2014 entstanden sind, in den Räumen der Küppersmühle selbst genau geplant.

Bechtold arbeite seriell, seine Themen nennt er in manchen Serien auch in Titeln. Zum Thema… Rand, zum Thema… Einschnitt, zum Thema… Fläche in der Fläche, zum Thema… Fläche und Rand: Das klingt systematisch und ein bisschen langweilig, aber wie Bechtold die Möglichkeiten variiert und wie er mit der Farbe spielt, das hat Kraft und Sinnlichkeit. Zumeist üppig aufgetragen, zum Teil mit Sand gemischt, darf Schwarz mal glänzen, mal stumpf oder mal gräulich sein. Wenn Farbe dazu kommt, bleibt es bei einer, oft ist es ein dunkles Rot.

In den Winkel-Bildern öffnet er den rechten Winkel in verschiedene Richtungen, von spielt er mit der Wirkung von Fläche und Raum, in der Discordia-Serie lässt er geometrisch-klare, starre Formen auf luftigere, dynamische in „Zwietracht“ zusammen treffen. Auf Zerstörung basiert auch das 30-teilige „E-Wand-Projekt“, eine Papierarbeit, für die er Eisenkugeln auf eine Wand hat prallen und dabei Papier durchlöchern lassen. Rund um die Löcher ist es schwarz, das Papier mit zartem Strich „eingerahmt“.

Aus Fläche und Raum, Kontrolle und Freiheit, Rationalität und Zufall entstehen diese kraftvollen Bilder, denen Bechtold ein Geheimnis lässt.