Duisburg. Die Hausärzte sind oft die erste Adresse für Patienten mit Coronavirus-Verdacht. Dr. Jürgen Focke berichtet aus seinem Praxisalltag in Huckingen.
Das Corona-Virus begegnet den Patienten schon an der Praxistür von Dr. Jürgen Focke. „Stopp! Bei Fieber, Husten und grippeähnlichen Symptomen bitte nicht die Praxis betreten“, steht auf dem Zettel, den der Huckinger Hausarzt an die Scheibe geklebt hat, nachdem die Nachricht von Infizierten in Heinsberg die Runde gemacht hat. Aber Bangemachen gilt nicht. „Ich bin aufmerksam, aber dennoch gelassen“, sagt der 61-Jährige zu seinem Umgang mit dem neuen Erreger, „und für die meisten meiner Patienten gilt das auch.“
Die Praxis an der Albert-Schweitzer-Straße, die er von seinem Vater Werner übernahm, ist eine Institution im Duisburger Süden. Jürgen Focke, der lange auch den Ärzteverein Duisburg-Süd führte, hat in 30 Jahren im Medizinbetrieb schon diverse Influenza-Wellen und die Schweinegrippe erlebt. Die Aufregung um Corona hat auch für ihn eine neue Qualität. Egal ob Tages- oder Ärztezeitung, ob Radio oder Fernsehen – überall ist der Erreger Top-Thema. „Es ist wie bei einer Fußball-WM“, sagt Focke, „man kann sich dem nicht entziehen.“
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Als Hausarzt kein „Frontsoldaten“-Gefühl
Die Kritik von Hausärzten, die sich in einer Frontsoldaten-Rolle sehen, kann der Hausarzt nur bedingt nachvollziehen. „Auch ich würde mir verlässlichere Informationen von den Behörden und der Kassenärztlichen Vereinigung wünschen, aber ich denke, eigentlich sind wir ganz gut aufgestellt.“ Ja, auch einzelne Patienten, die Kontakt mit Infizierten gehabt haben könnten oder aus einem Italien-Urlaub kommen, haben ihn schon aufgesucht. „Ich checke dann die Risiken anhand der Symptome und kläre die Kontakte ab, dann legt sich das meistens schnell.“
Keine abgestimmte Handlungsanweisung für die Praxen
Im Hausärztlichen Notdienst, den er im St.-Anna-Krankenhaus versieht, dient die Prävention auch seinem Schutz. Abgeriegelte Eingänge, ein eigener Bereich mit geschützten Behandlungsboxen für mutmaßliche Corona-Patienten, die dort in Schutzkleidung untersucht werden können. „Dahin würde ich auch Verdachtsfälle überweisen“, sagt Jürgen Focke. Atemschutzmasken, Handschuhe und Einmal-Anzüge erwartet man deshalb in seiner Praxis vergeblich. „Bitte Hände desinfizieren“, lautet die Aufforderung der Mitarbeiterinnen am Empfang. Aber eine abgestimmte Anweisung, wie zu verfahren sei, gebe es für die rund 250 Hausarztpraxen in Duisburg nicht, bedauert der Huckinger Mediziner. „Im Moment macht noch jeder, was er für richtig hält.“ Für Focke heißt das: Auch den „therapeutischen Handschlag“ gibt’s weiterhin – schließlich werden bei Doc und Patient zuvor und danach die Hände desinfiziert.
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Großer Respekt vor Rettungskräften
Muss er nicht dennoch damit rechnen, dass ihn angesichts der relativ langen Inkubationszeit über kurz oder lang ein Patient ansteckt, der noch nichts von seiner eigenen Infektion ahnt? „Kann sein, das ist mein Berufsrisiko“, sagt der Hausarzt. Aber gemessen an Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern, die im täglichen Notfalleinsatz keine Zeit für viele Fragen haben, könne er sich doch gut schützen, findet er. „Vor denen habe ich höchsten Respekt, weil sie richtig an der Front stehen.“
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Hoffnung auf höhere Temperaturen
Angesichts des vielstimmigen Chors der Expertenstimmen tut sich auch der medizinische Routinier schwer mit einer Prognose. Bis auf weiteres bleibt Dr. Jürgen Focke Optimist. „Wenn das Wetter wärmer wird, verzieht sich das Virus“, sagt auch ihm nur seine Erfahrung. Der Hausarzt deutet auf den Spruch an der Tür des Behandlungszimmers: „Hinterher ist man immer schlauer“.
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KV Nordrhein: So muss untersucht werden
Bei Patienten mit Corona-Verdacht muss das medizinische Personal sich mit einem geeigneten Mund-Nasen-Schutz vor der Tröpfchen-Übertragung schützen, so die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) in ihrer Praxisinfo. In einem labordiagnostischen Verfahren erfolgen dann die Abklärung und und die Zuordnung zu den Kategorien „Bestätigter, Wahrscheinlicher, Ungeklärter oder Ausgeschlossener Fall“.
Zwar definiere die KVNO, welche Patienten spezifisch untersucht werden müssen, nicht aber, wer einen Abstrich zur Abklärung vornehmen darf, bedauert Dr. Jürgen Focke. Zum Schutz anderer Patienten und seines Praxisteams müssen sich Patienten mit verdächtigen Symptomen zunächst telefonisch melden. Bei Verdacht überweist der Hausarzt an das St.-Anna-Krankenhaus, das spezielle Vorkehrungen für die Abklärung getroffen hat.