Duisburg. Kabarettist Jochen Malmsheimer erschafft aus Alltäglichem Epen: Mit einem Wortschatz, der sogar über den Duden hinaus reicht.

Jochen Malmsheimer ist jener Typ, dem man zutraut, er hätte den Duden auswendig gelernt – obschon nur ein einziges Mal das Durchblättern des 145.000 Wörter umfassenden Werks ausreichend merkwürdig anmuten würde. In seinem Programm „Ermpftschnuggn trødå - hinterm Staunen kauert die Frappanz!“ predigt, scherzt und kritisiert der Kabarettist am Mittwochabend im mit etwa 200 Gästen ausverkauften Grammatikoff am Dellplatz reichlich wortreich und inbrünstig.

Mit der Erzählstimme bei einer Serengeti-Dokumentation

Kaum jemand vermag Alltägliches so epochal vorzutragen wie der gebürtige Essener. Etwa, wenn Malmsheimer über die scheinbar profane Historie der Hose spricht, die immer weiter abzurutschen droht: „Wer zwang dich dies charaktervolle Schreiten, das dem Manne eigen war seit jenen Tagen, als der Herr ihn schöpfte, aus dem Dreck zu seinen Füßen zu beenden?“, fragt sich der 59-Jährige in seinem „Psalm der Sorge I“ und fährt fassungslos fort: „Zugunsten eines ehrlos entenhaften Eumelns, eines stummelbeinig krampfulösen Krebsens, eines stupiden spasmogenen Stolperns – was hast du dir dabei gedacht, Hose?!“

Das Publikum lässt Jochen Malmsheimer bei seiner poetischen Tirade kaum gewähren, zu oft muss es lachen und möchte applaudieren. Der Autor im schwarz-rot kariertem Hemd schreit, flüstert und erklärt in bester Serengeti-Dokumentations-Tonalität 90 Minuten seine Sichtweisen auf das Leben und sich selbst: Der ausgebildete Buchhändler hat nämlich bemerkt, dass sich seine Haare aus den angestammten Gestaden im Stirn- und Schädelbereich abwenden, um neue Weiten zu erkunden, neue Welten zu entdecken, die nie ein Haar zuvor betreten hat.

Über die Wanderlust der Haare

„In amundscher Entdeckerlust und scottschem Pioniergeist schrecken sie dabei weder vor ausgedehnten Höhlensystemen zurück, deren Eingänge von Nasen und Ohren markiert werden, noch bremst sie die ausgedehnte, wogende Weite des Schultergürtels“, skizziert Malmsheimer seine Beobachtungen. Wahrscheinlich schmelzen Lyriker, Linguisten und Logopäden dahin, wenn sie hören, wie Malmsheimer sich die Sprache in Tempo, Rhetorik und Vokabular auf der Zunge zergehen lässt.