Bochum/Duisburg/Recklinghausen. Im Fall des zweieinhalb Jahre vermissten Marvin hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Der Junge soll hundertfach missbraucht worden sein.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat einen 44-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in hunderten Fällen angeklagt. In der Wohnung des Mannes in Recklinghausen war im Dezember des vergangenen Jahres zufällig der damals 15-jährige Marvin aus Duisburg in einem Schrank entdeckt worden. Zweieinhalb Jahre soll der Junge bei dem Pädophilen gelebt haben.
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Die Anklage listet 475 Taten auf. 472 mal soll es zu einem sexuellen Missbrauch gekommen sein, nach Angaben eines Sprechers des Bochumer Landgerichts sind darunter 171 aus juristischer Sicht „schwere“ Fälle. Hinzu kämen zwei Fälle von gefährlicher Körperverletzung und ein Fall von schwerer sexueller Nötigung. Einmal soll es zu einem Übergriff gekommen sein, als Marvin schlief.
Hundertfacher Missbrauch: Opfer macht umfangreiche Angaben
Als Tatzeitraum nennt die Anklage die Zeit von „Frühjahr 2017“ bis zur Festnahme des Verdächtigen, der weiter in Untersuchungshaft sitzt, im Dezember. Wie der Sprecher des Landgerichts bestätigt, werden dem 44-Jährigen also auch Fälle zur Last gelegt, die sich vor Marvins Verschwinden im Sommer 2017 zugetragen haben sollen.
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Basis der Anklageschrift dürften vor allem die umfangreichen Angaben gewesen sein, die Marvin nach seiner Entdeckung gegenüber den Behörden gemacht hat. Der Recklinghäuser, der 1994 erstmals mit dem Gesetz in Konflikt kam und der auch wegen des Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft ist, hat strafbare Handlungen an dem Jungen in seinen Vernehmungen bestritten. Marvin sei freiwillig bei ihm gewesen, soll er gesagt haben.
Fall Marvin: Staatsanwaltschaft prüft noch mögliche Fehler der Polizei
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Die Anklageerhebung gegen den Recklinghäuser ist längst nicht der Abschluss des komplexen Falls für die Ermittlungsbehörden. So dauern derzeit die Prüfung der Duisburger Staatsanwaltschaft zur Frage an, ob im Zuge der Ermittlungen in strafrechtlicher Hinsicht Verstöße bei der Duisburger Polizei gemacht worden sind. Die Beamten dort könnten einem Hinweis nicht ausreichend nachgegangen sein, der nach der Ausstrahlung des Falls in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ eingegangen war. Der bezog sich auf einen Zeitpunkt Mitte 2016, als es bereits einen Kontakt zwischen Marvin und dem Mann gegeben haben könnte.
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Landgericht Bochum entscheidet über das weitere Verfahren
Auch bei der Bochumer Staatsanwaltschaft sagte ein Sprecher, dass die Sichtung des kistenweise in der Wohnung sichergestellten Datenmaterials noch andauere. Demnach blieben zunächst auch die Fragen offen, ob es möglicherweise weitere Opfer, weitere Tatverdächtige oder Bezüge dieses Falles zu anderen Missbrauchsfälle geben könnte.
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Das Bochumer Landgericht entscheidet nun über das weitere Verfahren. Zunächst muss die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen werden. Einen Termin für einen Prozess gibt es daher noch nicht.