Duisburg. Der 29. Februar ist der Tag der seltenen Erkrankungen. Dazu gehört die Vaskulitis, die Jörg Böttcher fast das Leben gekostet hätte.

Lebensgefährlich können extrem seltene Krankheiten auch deshalb sein, weil sie für Ärzte schwer zu erkennen sind. Jörg Böttcher hätte das vor acht Jahren fast das Leben gekostet. Heute kann der 52-Jährige dank einer Expertin für seltene Erkrankungen und seinem selbst erarbeiteten Expertenwissen sein Leben mit wenigen Einschränkungen genießen.

„Eigentlich war ich immer sehr gesund“, erinnert sich Jörg Böttcher. Doch dann, Anfang 2012, er war 45 Jahre alt, setzte ein hartnäckiger Husten ein. Der verschwand nicht, sondern wurde von Erschöpfungszuständen und ab Mai von Magen-Darm-Problemen mit tagelangen Durchfällen begleitet. Nachdem Böttcher ein gesamtes Wochenende einschließlich Brückentag schlafend oder auf der Couch verbracht hatte, überzeugte ihn seine besorgte Partnerin, ein Krankenhaus aufzusuchen.

Untersuchungsmarathon in Klinik, aber keine Diagnose

Die behandelnden Ärzte verlegten ihn nach ersten Untersuchungen auf die Intensivstation, sie kamen aber zu keiner richtigen Lösung. Die eingesetzten Medikamente für die diagnostizierte Herzmuskel- und Lungenentzündung führten zu keiner wirklichen Verbesserung des Gesundheitszustandes. Selbst eine Odyssee von Untersuchungen inklusive Röntgen, MRT, CT, Magen- und Darmspiegelung, Blutbild und Herz-Katheter-Untersuchung mit Biopsie brachte kein Ergebnis.

Böttchers Zustand wurde von Tag zu Tag schlechter, er musste zeitweise sogar im Rollstuhl zu den Untersuchungen gefahren werden: „Ich war die meiste Zeit im Delirium und bekam nicht mehr viel mit.“ Während andere Patienten nach wenigen Tagen entlassen wurden, war er bereits seit vier Wochen im Krankenhaus.

Churg-Strauss-Syndrom – drei Betroffene unter einer Million Menschen

„Glücklicherweise kam dann ein Professor aus der Kardiologie auf die Idee, es könnte sich um eine Vaskulitis, also eine Autoimmunerkrankung der Gefäße, handeln.“ Eine Gewebeprobe, die bei einer Katheter-Untersuchung dem Herzen entnommen wurde, bestätigte nach vier Wochen den Verdacht. Diagnose: Churg-Strauss-Syndrom, auch ‚eosinophile Granulomatose mit Polyangitis‘ genannt. Das ist eine extrem seltene Form der Vaskulitis, in Deutschland wird sie bei drei von einer Millionen Menschen diagnostiziert.

Mit Cortison verbesserte sich Böttchers Zustand binnen Stunden deutlich. In der nachfolgenden Reha wurde jedoch klar: Ohne das Medikaments kamen die Symptome schnell zurück.

Betroffene zu Experten ihrer Erkrankung machen

Böttcher begann, sich intensiv mit seiner Erkrankung zu befassen: „Die erste Recherche zur Vaskulitis war sehr beängstigend, da die Krankheit bis vor zehn Jahren oft noch tödlich verlief. Mein Hausarzt sagte direkt, dass er sich damit nicht auskenne und mich nicht behandeln könne. Dann bin ich glücklicherweise auf die ‚Selbsthilfegruppe Vaskulitis‘ in Dinslaken gestoßen. Die anderen Betroffenen halfen mir, die Krankheit einzuordnen und mir Gedanken darüber zu machen, wie es weitergeht.“

Außerdem gaben sie ihm den Tipp, sich an Dr. Monika Klass zu wenden, die Chefärztin der Rheumatologie am Helios Klinikum Duisburg und Expertin für seltene Erkrankungen. „Ich bin sehr froh, dass ich Dr. Klass als behandelnde Ärztin habe, weil sie viel von dieser seltenen Erkrankung versteht und einen besonderen Therapie-Ansatz vertritt“, so Böttcher.

Den erklärt Dr. Klass so: „Wir möchten unsere Patienten zu Experten machen. So bekommen sie nicht nur ein tieferes Verständnis, sondern auch ein besseres Gefühl für die Prozesse in ihrem Körper und die Wirkung der Medikamente. So können sie das therapeutische Management aktiv mit uns Ärzten gestalten. Neben neuen medikamentösen Therapien tragen auch Ernährung, Bewegung und generell ein gesundes Selbstmanagement dazu bei, dass die Erkrankung nicht weiter fortschreitet.“

Dr. Monika Klass: Lotsenfunktion der Rheumatologen

Da rheumatische Erkrankungen, zu denen die Vaskulitis zählt, systemische Erkrankungen des Körpers sind, können verschiedenste Organe und Gelenke betroffen sein. „Wir verstehen uns auch als Lotse, der mit dem Hausarzt und den Fachärzten anderer medizinischer Disziplinen zusammenarbeitet und das große Ganze, also den gesamten Körper und den Menschen dabei im Auge behält“, so die Medizinerin.

Inzwischen meistert Jörg Böttcher sein Leben mit relativ wenigen Einschränkungen: „Meine Leistungsfähigkeit hat zwar nachgelassen und ich werde mein Leben lang Medikamente nehmen müssen. Aber ich bin kann, im Gegensatz zu anderen Betroffenen, auch weiterhin einen Beruf ausüben. Ich versuche, mein Leben nicht von der Erkrankung bestimmen zu lassen und ihr nicht mehr Bedeutung zu geben als nötig.“

Info-Tag am 29. Februar im Abteizentrum Hamborn

Am Samstag, 29. Februar, dem Tag der Seltenen Erkrankungen, informiert Jörg Böttcher gemeinsam mit Mitgliedern seiner Selbsthilfegruppe und ärztlichen Spezialisten von 10 bis 14 Uhr im Abteizentrum Hamborn, An der Abtei 1, am Helios St. Johannes-Krankenhaus über sein Krankheitsbild: die Vaskulitis.

Der 3. Vaskulitis-Tag ist nicht nur für Interessierte und Betroffene, sondern auch für Angehörige gedacht, um ein tieferes Verständnis für die Erkrankung zu entwickeln und mit anderen Angehörigen ins Gespräch zu kommen. Der Eintritt ist kostenlos, eine Anmeldung nicht erforderlich. Weitere Informationen und das ausführliche Programm unter www.helios-gesundheit.de/duisburg