Duisburg. Duisburger Stand-Up-Comedian Till Reiners erklärt im Kindermuseum, was es mit dem Cum-Ex-Skandal auf sich hat – mutig, interessant, pointiert.
Till Reiners wird zu einem Vollidioten – eine spannende Zeit, findet er. Am Freitagabend zeigt der Komiker, dass die Transformation noch nicht komplett abgeschlossen ist: Zum Glück für die 130 Zuschauer im ausverkauften Saal des Explorado-Kindermuseums.
Der gebürtige Duisburger tritt mit seinem aktuellen Programm „Bescheidenheit“ auf. Bescheiden bleibt der 34-Jährige allerdings nur, bis er das erste Mal das Mikrofon in die Hand nimmt. Selbstironisch prahlt Reiners, dass er jetzt Englisch könne: „Ich hab‘ mein Abi in NRW gemacht, deswegen musst ich das nachholen.“
Lästereien über das Bildungssystem
Diesen Aufhänger nutzt der ehemalige Poetry-Slammer, um über das Bildungssystem herzuziehen: „Zum Glück gibt’s keine wirkliche Chancengleichheit, sonst hätt‘ ich mein Abitur nicht geschafft.“
Es ist das Schema des rund 90-minütigen Programms – Till Reiners streichelt das Publikum anfangs mit fiktiven, witzig-belanglosen Kurz-Geschichten, um dann aus der tätschelnden Hand eine Faust zu ballen, den Schlagring mit Fakten überzuziehen und auf politische und gesellschaftliche Probleme loszudreschen.
Till Reiners ist der nervige Typ im Zug
Deswegen hört man bei der Show zwei unterschiedliche Typen des Lachens heraus: Lauthals und befreit bei seinen Anekdoten, wie er zum Vollidiot wird; etwa, dass er der nervige Typ im Zug ist, der Leute anspricht („Na, wo fährst du denn hin?!?“) oder, dass er auf Facebook kommentiert. „Spätestens nach drei Kommentaren kommt ein Hitler-Vergleich“, hat Reiners rausgefunden.
Der zweite Lach-Typus des Publikums wirkt eher beklemmt, manchmal etwas erzwungen. Die Besucher erwarten Comedy, werden aber plötzlich mit der Realität konfrontiert und eiskalt überrascht. Till Reiners regt sich über Politiker auf, die nur Gefühle – meistens Angst – bedienen, vergleicht nüchtern die Opfer-Zahlen von Terrorismus-Anschlägen mit denen im Straßenverkehr und erklärt den Cum-Ex-Skandal, den größten Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Das beste an Till Reiners: Es wird selbst bei solchen Erklärungen nie langweilig, weil er immer eine Pointe findet. Und manchmal erreicht er den komischen Effekt, in dem er einfach mit seinen Gesichtsausdrücken oder seiner Stimmlage spielt und weiß, was das Publikum lustig findet. Reiners bewertet seinen Auftritt – ganz bescheiden – mit einer 9 auf der Zehn-Punkte-Skala. Weil die Nachfrage so stark war, spielt der Comedian eine Zusatzshow am 26. Februar; Tickets gibt’s etwa auf monochromat-booking.de.