Duisburg-Rheinhausen. Auch Duisburger engagieren sich für die bei Facebook gegründete Initiative “Fridays gegen Altersarmut“. An dieser gibt es auch Kritik.

Als Berufskraftfahrer erlebt es Michael Rotter immer wieder, dass alte Menschen nachts auf Rastplätzen die Mülleimer nach Pfandflaschen durchwühlen. Ähnliches kennt er auch von Bahnhöfen und aus den Innenstädten. „Das ist entwürdigend“, stellt der 47-Jährige fest. „Wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, muss von seiner Rente auch leben können.“

Für Politik hat Rotter sich bislang nie engagiert, war in keiner Partei und konnte sich bislang auch mit keiner Partei identifizieren. Aber jetzt denkt er, „der Sozialstaat geht immer weiter den Bach runter. Das muss sich dringend ändern.“ Auf Facebook wurde er vor einigen Monaten aufmerksam auf die neue Bewegung Fridays gegen Altersarmut. Animiert durch den Erfolg der Fridays-For-Future-Bewegung, die ökologischen Themen zu größerer Aufmerksamkeit verholfen hat, formieren sich nun auch die Älteren, um für sozialpolitische Anliegen zu werben.

Initiative wächst schnell

„Wie könnt ihr es wagen“, hatte Greta Thunberg vor den Vereinten Nationen in New York gesagt und ihre Entrüstung auf die Vernichtung der Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen gerichtet. Mit der gleichen Empörung stellt die Bewegung fest, dass Deutschland als eines der wohlhabendsten Länder in Europa das geringste Rentenniveau habe. „Das passt nicht“, findet Rotter.

Die Gruppe würde bundesweit in einem raschen Tempo wachsen, weil Altersarmut ein Thema sei, das viele betrifft. Die Initiative, die betont, parteiunabhängig und generationsübergreifend zu handeln, zähle inzwischen 260.000 Mitglieder, im November, einen Monat, nachdem Rotter dazu gestoßen ist, seien es noch 79.000 Mitstreiter gewesen. Und er hofft, dass es noch mehr werden.

Die Admins der Gruppe bezeichnen diese als „politisch unabhängige Bewegung“, die „keine Parteiwerbung“ dulde. Vor allem Gruppen und Blogger aus dem linken Spektrum kritisieren die Verantwortlichen aber als rechte Rattenfänger. Die Initiative „Omas gegen Rechts“ etwa warnte am Sonntag bei Facebook vor mehreren Facebook-Gruppen „Fridays gegen Altersarmut“ und ihren Administratoren – „außer Forderungen und rechter Hetze sind keine konkreten Ziele, geschweige denn Hilfen für Betroffene ersichtlich“.

Initiator distanziert sich von Verbindungen zur rechten Szene

Michael Rotter, der Initiator von Fridays gegen Altersarmut in Rheinhausen, distanziert sich klar von Verbindungen zur rechten Szenen. „Mit den Rechten haben wir nichts zu tun. Wer rechts ist, fliegt raus, ohne Diskussionen.“ Wenn es sich bewahrheiten würde, dass die Bewegung von Rechten unterwandert sei, würde er sofort gehen. „Dann wäre ich gar nicht Mitglied geworden“, stellt der 47-jährige Berufskraftfahrer klar.

Die Vorwürfe sind ihm aber auch nicht neu. Sie ärgern ihn, denn er ist an einer friedlichen Mahnwache am 24. Januar interessiert. „Es gibt verschiedene Gruppen, die sich Fridays gegen Altersarmut nennen. Weiß der Himmel, wo die gelandet sind. Bei uns sicherlich nicht“, hat er am Dienstag bei Facebook auf die Kritik von Omas gegen Rechts geschrieben. Es gebe sicher auch Neider, weil die Gruppe so schnell wachse, aber bestimmt auch schwarze Schafe, die dem Ruf schaden. Das könne man bei 250.000 Mitglieder leider nicht ausschließen.

In Saarbrücken wird die Gruppe von einer Frau geleitet, die seit vielen Jahren in der SPD ist und sich auch „nicht in die rechte Ecke stellen lassen will“. Angesprochen auf die Vorwürfe, die sich gegen den Gründer der Bewegung Heinz Madsen richten, der der rechten Szene zugeordnet wird, zeigt er sich ahnungslos und verwundert. „Davon habe ich noch nichts gehört.“

Mahnwache am 24. Januar

Erstes Ziel der Initiative ist eine bundesweite Mahnwache gegen Altersarmut am Freitag, 24. Januar. In Rheinhausen treffen sich die Aktiven auf dem Markt in Friemersheim zwischen Kaiserstraße und Kronprinzenstraße von 15 bis 18 Uhr. Mit einem Flugblatt wirbt Michael Rotter auch ganz konventionell für diesen Aktionstag. Er hat ihn an sein Auto geklebt und will ihn in den nächsten Tagen in Einkaufszentren und anderen Stellen auslegen.

Natürlich weist er auf Facebook und Instagram auf den Termin hin. Zusagen hat er schon von einem guten Dutzend Interessierten aus Homberg und dem Moerser Raum und auf Facebook bereits einige Likes bekommen. Angemeldet hat er die Aktion für rund 50 Personen. Aber es sind noch knapp drei Wochen, die er nutzen will, um für das Thema mobil zu machen.

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In den Sozialen Netzwerken kursiert auch eine Liste mit Forderungen unter dem Motto: „Alle Menschen haben das Recht, in Würde zu altern.“ Da wird unter anderem gefordert, dass auch Beamte einen fairen Beitrag zu allgemeinen Altersversorgung leisten, dass die Gelder aus der Rentenkassen nicht zweckentfremdet werden dürfen und die Rente nicht mehr besteuert wird. „Da wir alle schon Lohnsteuer gezahlt haben, wäre das eine Doppelbesteuerung“, findet Rotter. Ziel sei ein solidarisches Rentensystem.

Kritik an Rentenpolitik

Mehr als 37 Millionen Menschen zahlen aktuell in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Gleichzeitig gebe es aber weit über eine Million Menschen, die gar keine Beiträge für die gesetzliche Rente leisteten, etwa Beamte, Politiker und viele Selbstständige.

Einige der Forderungen klingen allerdings auch populistisch. So gehört zu einem Zehn-Punkte-Katalog, Steuerverschwendung unter Strafe zu stellen. Die Verantwortlichen sollten dann mit ihrem Privatvermögen dafür haften. Aber wo fängt Verschwendung an, wer stellt sie fest? Die Gerichte sind jetzt schon überlastet. Anderes klingt zu unkonkret: So wird das neue Gesetz der Großen Koalition zur Grundrente grundsätzlich abgelehnt, ohne Argumente zu nennen.

Das ändert nichts daran, dass die Rente ein Thema ist, das interessiert. Zwei Drittel der Bundesbürger fürchten laut dem Finanzblatt Capital, dass ihre Rente nicht zum Leben reichen wird. „Es geht uns alle an. Es muss sich dringend was ändern. Je mehr protestieren, desto größer die Aufmerksamkeit und der Druck auf die Regierung“, sagt Rotter.

Hinweis der Redaktion: Einige Absätze zur Kritik aus der linken Szene sowie die Distanzierung des Mahnwachen-Initators hat die Redaktion am Mittwoch, 8. Januar, nachträglich ergänzt.