Duisburg. Unter Tage gab’s keine Kantine, dafür aber so manche hungrige Maus. Und die hatten es auf die Butterbrote der Kumpel abgesehen.
Mittagspausen unter Tage waren nicht sonderlich gemütlich. Im Stollen wurde die Kohle im Akkord gefördert. Viel Zeit zum Abschalten war also nicht. Butterbrote und eine Pulle Muckefuck, später vielleicht auch Tee mit Geschmack, mussten reichen.
Duisburger Bergleute erinnern sich an ihre Mittagspause unter Tage
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In der Bergbausammlung Rheinhausen erinnern ehemalige Kumpel, die sich alle ehrenamtlich engagieren, an die Arbeit unter Tage. Besucher können nicht nur altes Arbeitsgerät bestaunen, sondern auch Alltägliches wie eben Brotboxen, Henkelmänner und Kaffeepullen. Wilfried Brücksken und Wolfgang Ebel haben dazu manche Geschichte parat. Beide kennen sich aus ihrer Zeit, als sie in Kamp-Lintfort auf „Rossenray“ eingefahren sind. Henkelmänner kannten sie aber unter Tage nicht. „Das war was für diejenigen, die in den Werkstätten gearbeitet haben“, so Ebel. Die Familien wohnten in den benachbarten Kolonien und der Vater bekam sein Mittagessen zum Werkstor gebracht. Kantinen gab es zwar auch, aber die waren vielen Mitarbeitern zu teuer.
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Morgens um fünf Uhr begann die erste Schicht. „Vorher gab’s erstmal BMW: Brötchen mit Würstchen“, erinnert sich Brücksken. Dann ging’s mit den Kollegen unter Tage. Am Gürtel die Trinkpulle befestigt, die Brotdose in die Jacke gestopft. „Gucken Se mal, hier: Da passten zwei Doppelte rein. Dubbel wie man bei uns sagte.“ Wolfgang Ebel kramt eine etwas verbeulte Dose hervor. Sie ist halb rund, eben der Form des Brotes nachempfunden. „Ich hatte immer zwei Brote dabei. Eins mit Käse und eins mit Wurst“, erinnert sich Wilfried Brücksken.
Bergleute hatten Mitleid mit den Mäusen
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Bevor die Dosen eingeführt wurden, wurden die Kniften zunächst in Pergament- und Zeitungspapier eingeschlagen. Wenn die Kumpel Pech hatten, haben sie aber nicht viel von ihrer Pausenverpflegung abbekommen. Unter Tage gab’s nämlich Mäuse. „Die sind mit dem Holz runtergekommen. Und weil es unten keinen Fernseher gab und es zudem lecker warm war, haben die sich vermehrt wie die Dollen“, erklärt Brücksken. Futter gab es kaum für die Nager, außer die Stullen, die die Kumpel mit hinunterbrachten. „Nun ist es ja so: Bergleute halten zusammen und so hatten wir auch Mitleid mit den Mäusen, wenn die am Montag total ausgehungert rumkrabbelten“, erzählt Ebel. Die Knifte wurde also nicht selten geteilt. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden übrigens auch mal Katzen als Mäusefänger eingesetzt. Doch auch die wurden von den Bergleuten gefüttert – da waren die Samtpfoten natürlich zu satt, um die Mäuse zu jagen.
Einmal teilten die Bergleute ihre Mittagsmahlzeit nicht nur mit den Nagern, sondern mit neuen Kollegen. 60 ehemalige VW-Mitarbeiter wurden unter Tage auf Rossenray eingesetzt. Die waren es allerdings gewohnt, dass man um 10 Uhr in die Kantine ging. „Die standen dann alle da, weil sie sich nichts mitgebracht hatten und wollte hochfahren“, blickt Brücksken zurück. Das war so einfach nicht möglich. Je nach Einsatzgebiet lag der Arbeitsort bis zu acht Kilometer vom Aufzug entfernt. „Da war ja die halbe Schicht um, wenn man zurück lief.“ Die Kollegen teilten also und schickten stellvertretend einen nach oben, der etwas zu Essen für die Neuen besorgte.
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Wer mehr über die Arbeit und die Pause unter Tage erfahren möchte: Die Bergbausammlung in Duisburg-Rheinhausen (Auf dem Berg 9) hat immer donnerstags von 9 bis 16 Uhr sowie am 1. Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Eintritt frei. Nähere Informationen im Netz: www.bergbausammlung.de