Duisburg. Höher, weiter, verrückter: Parkour-Sportler Marcel Parcharidis aus Duisburg jagt Rekorde – und verrät, wie er Herausforderungen meistert.
„Je unwahrscheinlicher es zu schaffen ist, desto mehr interessiert es mich“, sagt Marcel Parcharidis. Der 27-jährige Duisburger hält einen Weltrekord im Weitsprung – und läuft auch mal ohne Vorbereitung einen Marathon. Was ihn antreibt und wie er ins Neue Jahr springt.
Das mit dem Marathon, gibt er zu, „war schon die Hölle, das kann ich keinem empfehlen.“ Nach der Hälfte sei er platt gewesen und bis ins Ziel zu kommen am Ende reine Kopfsache gewesen. „Du musst deinen Körper perfekt kennen“, sagt Parcharidis. Und dafür sei Parkour eine gute Vorbereitung. Der Sport, bei dem man im urbanen Raum von A nach B über jedwede Hürde kommen will, verlangt Akrobatik, Körperspannung, Mut: „Man steigert sich langsam. Der Körper kann viel mehr, als der Kopf sich zutraut“, ist sich Parcharidis sicher.
Auch wenn es – wie beim Kaltstart-Marathon – mörderische fünf Stunden und 45 Minuten dauert. Kurz vor den Besenwagen kam er ins Ziel.
Der Weltrekord hingegen sei eine sichere Bank gewesen, selbst mit einer Verletzung. Sechs Meter-Sprünge schaffe er beim Parkour immer, sieben Meter bei guten Bedingungen. Für den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde im Standsprung musste er in einer Live-Show ohne Anlauf in 1,60 Meter Höhe 3,25 Meter weit von Kasten zu Kasten springen – das ist soweit wie eine durchschnittliche Küche lang ist.
Bei Big Bounce gewinnen
Für 2020 hat Parcharidis weitere Rekorde im Auge, sie haben mit Sport zu tun, mehr will er noch nicht verraten. Ohnehin ist er niemand, der sich explizit Dinge für das Neue Jahr vornimmt, sie passen nur schlicht nicht mehr ins alte. Dann wären da noch so fixe Ideen wie ein Halb-Ironman. „Aber dafür müsste ich definitiv trainieren, sonst geh ich unter.“ Sagt er zumindest jetzt.
Konkreter ist da der Plan, bei der nächsten Staffel von Big Bounce, dem Trampolin-Wettkampf auf RTL mitzumachen. Beim letzten Mal hat er es in die Finalrunde unter die letzten Acht geschafft, bis ihm „ein dummer Fehler“ unterlief. „Beim nächsten Mal gewinne ich“, sagt er und grinst. Er mag halt „Challenges“, Wettkämpfe, verrückte Dinge.
Und tritt manchmal doch zu schlecht vorbereitet an. „Ich kann halt gut improvisieren, das ist ein Vor- und ein Nachteil.“ Wenn etwas schief laufe, fange er richtig an zu funktionieren. Andere mögen dann verrückt werden, er wird bei Druck erst kreativ.
Sein Motto hat er sich auf den Unterarm tätowieren lassen: „Seek Discomfort“, die Suche nach dem Unbequemen ist mehr als eine Lebenseinstellung.
Glück hilft beim Gewinnen
Ein bisschen verlässt er sich auch auf sein Glück. So war es jedenfalls 2015, als er erstmals bekannter wurde, weil er mit ein paar Freunden ein Sofa auf die Brücke über dem Eisenbahnhafen manövriert hat. Geplant war das heimliche Aprilscherz-Vorhaben auf Sicherheit und Effektivität; das Wetter hat aber nicht mitgespielt, zu windig und zu nass war es. „Dann haben wir gewartet und im Moment des Kletterns war es trocken und windstill.“
Glück allein ist aber keine Strategie: Wer sich für das neue Jahr etwas vornimmt, der soll sich besser langsam steigern, empfiehlt der Sportler. „Viele nehmen sich Ziele vor, die so groß sind, dass sie kaum zu greifen sind“, erklärt Parcharidis. Er rät, sich ein Ziel zu setzen und dann die Schritte dahin zu wählen. Hilfreich sei auch positives Denken: „Das Ganze fängt im Kopf an!“
Abenteuer machen süchtig
Ihn macht es süchtig, dieses Bestehen von Abenteuern. Im Freundeskreis sind ähnlich verrückte Geister, mit ihnen hat er auch beim Wettbewerb „Red Bull Can you make it?“ mitgemacht und ist ohne Geld in einer Woche von Madrid nach Amsterdam gekommen, Dritte wurden sie damals.
Wie sieht es mit Lampenfieber aus? „Die Nervosität kommt immer, aber wenn ich an der Kante stehe, bin ich im Tunnel.“ So nennt er das, wenn er total konzentriert ist auf die Herausforderung, die vor ihm liegt.
Bei aller Lebenslust ist eine Zukunft ohne sportliche Höchstleistungen eingeplant
Einen Alltag hat Marcel Parcharidis allerdings auch. Er absolviert einen Dualen Studiengang Marketing und digitale Medien, arbeitet bei Schauinsland-Reisen im Bereich Social Media – und ist vor und hinter der Kamera aktiv. Denn bei aller Abenteuerlust kennt er doch seine Grenzen. „Aktuell könnte ich vom Sport leben, aber das wird mein Körper nicht ewig mitmachen, ich brauche also einen langfristigen Plan.“
Und eine Heimat: „Ich fühle mich wohl hier, ich hab’ in Duisburg alles, was ich brauche. Bei aller Abenteuerlust vermisse ich mein Bett am Ende schon.“
>> DAS IST PARKOUR
Wie komme ich auf dem direkten Weg von A nach B – das ist der Ursprungsgedanke von Parkour. Und da der Sport im urbanen Raum stattfindet, sind Treppengeländer, Mauern oder Häuserwände zu überwinden.
Manche Vereine trainieren in der Halle, bauen sich Parcours mit Böcken und Kästen auf, üben Sprungweiten und landen auf der Matte. Das macht Parcharidis auch, am liebsten trainiert er aber auf Asphalt.
In Duisburg gibt es mehrere Anbieter, etwa die Smart Runners in Rheinhausen: www.rondex.jimdo.com.
Beim MSV-Turnen gibt es altersgestaffelte Trainingsgruppen in Meiderich. Infos unter www.msv-turnen.de/parkour.