Im Westen. Mit Sorge betrachtet Superintendent Wolfram Syben wachsenden Antisemitismus und eine zunehmende Ausgrenzung von Minderheiten
Bewegung war eines der Leitmotive in der Rede von Superintendent Wolfram Syben, die er zur Eröffnung der Kreissynode im Gemeindehaus der Evangelischen Christusgemeinde in Rheinhausen hielt. Sie kann positiv verstanden werden als Vorwärtsdrang, Entdeckerfreude und Zukunftsgestaltung, aber auch negativ als Beunruhigung und Verunsicherung, „wenn sich der Boden unter den eigenen Füßen zu bewegen beginnt“, wie Syben es zusammenfasste. „Wenn das, was über lange Zeit fest und stabil als Grundlage erschien, das man drauf Häuser bauen konnte, ins Wanken gerät“, ist ein Bild, das sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne zur Situation von Kirche und Gesellschaft passt. Daraus ergeben sich konkrete Fragen, damit die Arbeit der Gemeinde auch in 10, 20 Jahren Bestand hat.
Der zunehmende Antisemitismus und der Rechtsruck in der Gesellschaft beunruhigen auch den Superintendenten, der sowohl zum Pegida-Aufmarsch vor dem Duisburger Hauptbahnhof als auch zum Anschlag in Halle klare Worte findet.
Grenzen überwinden statt bauen
Grenzen ist ein zweiter Begriff, den Syben in seiner Ambivalenz aufgreift. 30 Jahre nach dem Fall der innerdeutschen Mauer werde in Amerika an einer neuen Mauer der Abschottung gearbeitet. „America first“ ist für Syben ein Slogan, der in seiner kämpferisch vorgetragenen Form den Willen zum Interessensausgleich geringschätzt und die Konsensfindung als Schwäche sieht. „Auch in unserem Land erleben wir starke Tendenzen, die auf Abgrenzung, Polarisierung und Spaltung setzen, die ganze Bevölkerungsteile verunglimpfen, ausgrenzen, unter Generalverdacht stellen oder gar ihren menschenverachtenden Hass in mörderische Taten umsetzen.“
All das laufe der christlichen Lehre und Praxis zuwider, die auf einen Geist der Kooperation, ein friedliches Miteinander und Offenheit setze. „Die christliche Gemeinschaft ist grundsätzlich ent-grenzt“, betonte er. Grenzen könnten auch hilfreich sein, etwa um Zuständigkeiten zu regeln, aber nicht, um jemanden von der Gesellschaft auszuschließen.
Gemeinden müssen fusionieren
In diesem Zusammenhang erwähnte er, dass die Beratungsstellen der evangelischen Kirche nun seit 40 Jahren diesen Gedanken praktisch umsetzen. „In diesem Jahr durften wir Jubiläum feiern und uns froh vergegenwärtigen, wie viel Beratung und Begleitung in schwierigen und abgründigen Lebenslagen schon geleistet worden ist“, so Syben.
Neue Herausforderungen
Aber bei der rückläufigen Entwicklung der Gemeindegrößen muss der Kirchenkreis auch Herausforderungen bewältigen. Mehrere Einrichtungen werden zusammen gelegt. Zum 1. Januar 2012 werden unter anderem die Christuskirchengemeinde, die Erlöserkirchengemeinde und die Friedenskirchengemeinde sowie die Gemeinden Friemersheim und Rumeln-Kaldenhausen zu einer Gemeinde zusammengeschlossen. An weiteren Stellen werde verstärkt über Kooperationen, über inhaltlich ausgerichtete und rechtlich ausgestaltete Formen der Zusammenarbeit beraten. Dabei geht es auch um den Gebäudebestand. Homberg bekommt ein neues Gemeindehaus. Diese Beratungen und Abstimmungen seien immens zeitaufwändig und kräftezehrend.