Homberg. Das Quartiersbüro Hochheide möchte möglichst viele Bürger an den Planungen für das Geländes der Weißen Riesen beteiligen
Natürlich interessieren sich die gut 30 Bürger, die zum Spaziergang ins Quatiersbüro Hochheide gekommen sind, in erster Linie für die Termine, wie es mit den weißen Riesen weitergeht. Der Leidensdruck und die Erwartungen sind hoch. Auch die Befürchtungen. Wie sieht es mit den Immobilienpreisen im Sanierungsgebiet aus? Eigentümer befürchten fallende Preise und Preisdiktate der Stadt. Ein wichtiger Punkt, räumt Brigitte Karhoff vom Quartiersbüro ein, „aber es ist eine Frage, die hier jetzt nicht hingehört.“
Zweieinhalb Stunden später sitzt sie mit ihren Kolleginnen zusammen, wärmt sich nach dem langen Rundgang in der Kälte am Kaffee und ist froh, dass sie das Gespräch noch auf die richtige Schiene zurück bringen konnte. „Der Spaziergang hat sich gelohnt. Das war sehr konstruktiv und interessant“, freut sie sich. Richtig gut gefällt ihr die Idee von Werner Hinz, der im Gespräch mit der Redaktion vorgeschlagen hat, den Abenteuerspielplatz Tempoli auf die zukünftige Grünfläche im Sanierungsgebiet zu verlagern oder etwas Vergleichbares neu zu schaffen.
Tags zuvor waren 15 Interessierte zum Rundgang gekommen und auch da sprudelten die Ideen. Unterstützt wurde das Team vom Quartiersbüro bei den Spaziergängen von Landschaftsarchitekt Boris Salazar vom Planungsbüro Kraft-Raum und Mareike Süselbeck vom städtischen Umweltamt. Im Laden stehen Stellwände, an denen Luftaufnahmen der weißen Riesen, Planungszeichnungen des Quartiers in bunten Farben und viele Details zu unterschiedlichen Themen zu sehen sind.
Keine neue Wohnungen
„Wir brauchen günstigen Wohnraum für junge Familien, das wertet das Viertel auf“, heißt eine weitere Forderung, die an dieser Stelle allerdings keine Zukunft hat. „Eine Neubebauung schließt der Fördergeber aus“, lautete die bürokratische Antwort. Mit anderen Worten, das Land fördert das städtebauliche Projekt nur, wenn dort kein weiteres Wohngebiet entsteht. So ist es im Handlungskonzept 2013 festgelegt worden. Es geht also bei der Bürgerbeteiligung um Plätze, Grünflächen und Wege und Nutzungen. Aber diese Themen sind ergiebig genug und ergeben einige Seiten voller Ideen, die Salazar protokolliert, während er an einem Dutzend Stationen kurze Erläuterungen gibt. Es sind zwar nicht alles städtische Flächen, über die man also problemlos verfügen könnte, sondern auch solche in privater Hand, die aber für das Gesamtkonzept wichtig sein können und deshalb mitgedacht werden. Wie die Telekomfläche als schnelle und sichere Radwegeverbindung zwischen Markt und Moerser Straße.
Ein Füllhorn voller Ideen
„Wir könnten sehr froh sein, wenn all unsere Vorschläge auch umgesetzt würden“, stellte eine Teilnehmerin zwischendurch fest und blickte dann sehr skeptisch in die Runde. Es geht um Springbrunnen, Nistkästen, kurze Wege, einen Pavillon, der bei Regen Schutz bieten könnte und idealerweise bewirtschaftet wäre. „Ich könnte mir zwar vorstellen, in einem Café zu helfen, aber dafür bin ich schon zu alt“, sagt eine 81-Jährige. Ein gastronomisches Angebot vermissen die meisten. „Aber bloß keine Grillplätze. Wohin das führt, sieht man am Ütti“, schränkt ein älterer Herr ein und erinnert daran, dass Abfall und Asche jedes Wochenende dort zurück bleiben.
Schutz vor Vandalismus
Es gibt aber nicht nur ein Füllhorn voller Wünsche, sondern auch Bedenken. Es geht um Vandalismus. Wie lässt es sich für die Zukunft verhindern, dass das Schöne, das man gerade neu gemacht hat, dem Vandalismus zum Opfer fällt? Der Ruf nach mehr Polizeipräsenz und Sicherheitskräften wird an diesem Vormittag nur vereinzelt laut und bezieht sich dann auch eher auf die trostlose Ladenpassage rund um den Bürgermeister-Bongartz-Platz, wo in der Dunkelheit schon ungute Gefühle aufkommen können.
Durch Gemeinschaftsprojekte Verantwortung übernehmen
Salazar hat da auch kein Allheilmittel parat. Er setzt aber darauf, dass Menschen das schützen, was ihnen wichtig ist, was sie gerne benutzen. „Dann übernehmen sie auch Verantwortung.“ Deshalb ist es den Planern auch so wichtig, alle Gruppen einzubinden und die Bedürfnisse und Wünsche abzufragen. So kooperieren sie auch mit der Erich-Kästner-Gesamtschule, gehen in Jugendzentren und laden bei einem Spaziergang mit Akteuren auch Politiker, Kaufleute und Eigentümer ein. Gemeinschaftsgärten, was heute unter dem Schlagwort Urban Gardening populär wird, wäre so ein Punkt, der die Gemeinschaft stärkt und die soziale Kontrolle intensiviert. Eine Mountainbikestrecke für Jugendliche wäre ein weiteres Projekt, das das Verantwortungsbewusstsein stärkt. Karhoff weist auch auf den Verfügungsmittelfonds hin, der gerade solche Gemeinschaftsaktionen fördert.
Am Marktplatz stößt die Gruppe auf einen Gassigänger, der sich gleich in das Gespräch einschaltet. „Man muss die Zukunft mitdenken und Strukturen im Nahverkehr schaffen, damit nicht jeder ein Auto braucht.“ An Ladestationen für Elektromobilität denkt er ebenso wie an Mieträder und Car-Sharing.