Duisburg. Bei der 21. Regionalkonferenz präsentierten sich am Sonntag sieben Kandidatenpaare für den SPD-Vorsitz vor über 1000 Mitgliedern in der Mercatorhalle.

In der Mercatorhalle bog die SPD bei ihrer Suche nach einer neuen Parteiführung am Sonntagmorgen auf die Zielgerade ein. Zweieinhalb Stunden lang präsentierten sich sieben Kandidaten-Paare über 1000 Mitgliedern aus dem Ruhrgebiet und vom Niederrhein. Klare Favoriten für den Mitgliederentscheid vom 14. bis 25. Oktober waren auch bei der drittletzten von 23 Regionalkonferenzen nicht auszumachen.

Kandidaten: Partei ist nicht solidarisch

Geht’s nach der Intensität des Beifalls, dann lagen noch am ehesten Saskia Esken/Norbert Walter-Borjans vorn – der einstige NRW-Finanzminister genießt wegen seines Vorgehens gegen Steuerhinterzieher ungebrochene Popularität. Auch die ehemalige NRW-Familienministerin Christina Kampmann (39), sie bildet gemeinsam mit Europa-Staatsminister Michael Roth (49) das jüngste Duo, kam gut an.

Kommen gut an: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken bewerben sich um den Parteivorsitz.
Kommen gut an: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken bewerben sich um den Parteivorsitz. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Einigkeit herrscht in der Bestandsaufnahme von Ralf Stegner – im Tandem mit Gesine Schwan am anderen Ende der Altersskala: „Die Partei ist nicht solidarisch, wir müssen sie zusammenführen.“

Herzrhythmusstörungen auch in der vermeintlichen Herzkammer der SPD diagnostiziert Michael Roth, eine Depression der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der sich mit Nina Scheer (Schleswig-Holstein) bewirbt.

Der meist genannte Name in drei Stunden: Willy Brandt. Nach den Erfolgen, die sich mit seiner Führung verbinden, sehnt sich die Partei zurück. „Nur noch fünf Prozent der Wähler traut uns zu, die Probleme der Zukunft zu lösen“, konstatierte Lauterbach.

Positionen in der Groko nicht sichtbar

Die Gründe? Sozialdemokratische Politik werde in der von vielen ungeliebten Groko zu wenig sichtbar, meint nicht nur Norbert Walter-Borjans: „Wir gehen schon mit dem Kompromiss in die Verhandlungen.“ Die SPD habe sich allerdings schon lange zuvor in die „neoliberale Pampa locken lassen“. Vom Weg abgekommen sei die Partei Anfang der 2000er Jahre, sagen die Parteilinken Hilde Mattheis/Dierk Hirschel: „Wir haben Politik gegen Arbeitnehmer und Gewerkschaften gemacht.“

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Raus aus der Groko: Karl Lauterbach und Nina Scheer wollen lieber in der Opposition weitermachen.
Raus aus der Groko: Karl Lauterbach und Nina Scheer wollen lieber in der Opposition weitermachen. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Neben der Debatte, wie der Negativtrend umzukehren ist, scheiden sich die Geister vor allem an einer Frage: In der großen Koalition bleiben oder gehen? „Wir stehen für den Tod der Groko“, werben Scheer/Lauterbach in eigener Sache ebenso wie Mattheis/Hirschel: „Dann muss es eben mit einer Minderheitsregierung gehen.“ Durchsetzungsfähiger und sichtbarer in ihren Positionen müsse die SPD sein, meint Walter-Borjans, sie dürfe sich „nicht von einer schwarzen Null strangulieren lassen“.

Heimat für Menschen mit Visionen

Das war einer der verbalen Pfeile gegen Olaf Scholz – der Bundesfinanzminister ließ seine Partnerin Klara Geywitz kontern: „Wir sollten den Kompromiss nicht verächtlich machen. Er wird auch in einer anderen Regierung Bestandteil sein.“

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Ausverkauft: Über 1000 Mitglieder füllten die Mercatorhalle.
Ausverkauft: Über 1000 Mitglieder füllten die Mercatorhalle. © FUNKE Foto Services | Foto: STEFAN AREND

Groko hin oder her – Grundlage für den Erfolg beim Wähler ist interne Geschlossenheit. „Wir müssen das Misstrauen untereinander überwinden, nur dann trauen uns andere wieder etwa zu“, sagt Michael Roth, dessen Partnerin Christina Kampmann den Wunsch so vieler im Saal und auf der Bühne formuliert: „Wer Visionen hat, soll in der SPD seine politische Heimat finden.“

Die innere Einigkeit, mit dem Mitgliederentscheid über den Vorsitz als ersten Schritt, ist auch für NRW-Landeschef Sebastian Hartmann die Voraussetzung für den Wahlerfolg: „Millionen warten darauf, was die SPD besser machen will. Entweder wir kriegen das jetzt hin, oder wir setzen es in den Teich.“

Finanzminister zu Altschulden: Faires Konzept

Zum Beitrag des Bundes in einem Konzept zur Bewältigung der kommunalen Altschulden der Ruhrgebietsstädte blieb Olaf Scholz eine konkrete Antwort schuldig. Es werde „eine faire Lösung“ geben, kündigte der Bundesfinanzminister an, „die überschuldeten Kommunen müssen wieder investieren können“.

Das hatte zuvor auch Norbert Walter-Borjans gefordert. Bund und Land dürften die finanziellen Folgen von ihnen erlassener Gesetze nicht den Städten aufbürden, so der ehemalige NRW-Finanzminister.