Rheinhausen. Der 16-jährige Imad Elias verarbeitet auf der Bühne seine Flucht und das neue Leben in Rheinhausen. Aufführung in der Lise-Meitner-Gesamtschule.
Wenn Imad Elias an das Theater denkt, dann blüht er auf: „Das Theaterspielen hat mir dabei geholfen, Deutsch zu lernen. Es ist ein besonderes Gefühl, vor dem Publikum zu stehen.“ Imad kommt aus dem Irak. Er gehört mit seiner Familie der Religion der Jesiden an. Seit 2014 sind die Jesiden Opfer des Genozids. Auch Familie Elias war betroffen. Mitglieder des Islamischen Staates (IS) verfolgten sie und drohten ihnen Ermordung und Versklavung an.
Im Dezember 2016 flüchtete die Familie nach Deutschland. „Ich wollte meine Gedanken in Worte fassen“, sagte der 16-jährige Imad. Mit vielen Ideen im Kopf besuchte Imad 2018 die Ausstellung „Der weite Weg“ der Duisburger Künstlerin Serap Riedel. Hier traf er Andre Pascher, der so manchen durch seine pastorale Arbeit in der freien evangelischen Gemeinde Rheinhausen bekannt ist. Imad erzählte ihm von seinem Schauspiel in der multikulturellen Theatergruppe Bahtalo. Seine Idee, ein Theaterstück zu schreiben, begeisterte Pascher. Imad und Pascher setzten sich zusammen, schrieben über Monate am Theaterstück.
An der Brücke der Solidarität drehte Imad einige Filmszenen. Einmal pro Woche probten 18 junge Schauspieler mit Imad. Das Ergebnis ist beeindruckend, wie sich am Freitagabend zeigte. In der Aula der Lise-Meitner-Gesamtschule öffnete sich der Vorhang für das selbstgeschriebene Stück „Êzîdî - dem IS entronnen, neu begonnen“. Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen
Es ist eine Reise in eine Mischung aus Fiktion und von Imad erlebter Realität. Imad sitzt auf einer Bank. „Ich sehe mich im Traum. Ich bin in Kurdistan“, sagt Imad. Er beschreibt die alltäglichen Abläufe: Eltern kümmerten sich um die Kinder, die Stadt war belebt. Plötzlich dringen Maskierte ein. Die friedliche Traumsequenz wird zerstört. Die Maskierten schießen mit Waffen in die Luft. Bomben fliegen auf die Häuser. Menschen rennen um ihr Leben. Imad wacht wieder auf. Im Hausausgang trifft er auf seine Nachbarin. Statt „Imad“ nennt sie ihn „Eberhard“ und fragt: „Warum habt ihr so komische Namen?“ Sie belehrt ihn über Mülltrennung: „Wir in Deutschland mischen nicht, sondern trennen alles säuberlich.“ Imad zählt auf, was nach Farben getrennt wird: Müll, Fußball, Politik – und oft sogar Menschen.
Eindrucksvoll setzt das Stück Akzente. Eine Lehrerin mit Kopftuch unterrichtet eine Klasse im Fach Deutsch. Schüler handeln aus, welcher Kriegspräsident der Beste ist. Rechtsradikale fangen Imad ab, fragen, ob er Sprengstoff im Rucksack hat. Imad hilft, als der Rollstuhl der Nachbarin kaputt geht. Am Ende bekommen die Mobber Hilfe – ausgerechnet von denen, die sie vorher beleidigt haben.
Langer und heftiger Applaus für eine grandiose Darbietung.