Duisburg. Bei der „Nacht der Physik“ wird das unbeliebteste Schulfach erlebbar. Hunderte Besucher bestaunen Labore und schauen Youtube-Videos.
High-Noon im High-Tech-Labor der Universität Duisburg-Essen (UDE): Hinter einer Schicht aus Edelstahl schießen Ionen; die elektrisch geladenen Atome fliegen rasend schnell durch ein Rohr und treffen deutlich schneller als ihr Schatten auf die dünnste molekulare Struktur, die bisher erforscht ist – nämlich Graphen. Hunderte Besucher erfahren bei den Laborbesichtigungen am vergangenen Freitag in der „Nacht der Physik“, dass Graphen vor allem in Tennisschlägern und Solarzellen zum Einsatz kommt.
Warteschlangen vor Laboren
Bei der fünften Auflage des Wissenschafts-Events liegt der Fokus auf Vorträgen und Laborführungen. Diese sind teilweise so sehr nachgefragt, dass es vor dem Ionen-Beschleuniger und dem Evonik-Schülerlabor zu Warteschlangen kommt.
Etliche Hobby- und Profiforscher tummeln sich auf den Gängen der Fakultät. Renée Lacroix (18) studiert Mathematik und Physik auf Lehramt: „So ein bisschen nerdy muss man schon sein, um Physik zu studieren“, findet sie. Ihre Motivation, sich weiter in der Naturwissenschaft fortzubilden? „Ich will anderen Leuten etwas beibringen, gerade Jüngere finden den Stoff staubtrocken.“
„Das unbeliebteste Schulfach ist Physik“
Das bestätigt auch Professor Hendrik Härtig, AG-Leiter „Didaktik der Physik“ an der UDE: „Das unbeliebteste Schulfach ist Physik.“
Er möchte angehenden Lehrern beibringen, wie sie das Interesse der Schüler an Physik wecken und beibehalten können. Bei der „Nacht der Physik“ hält Hendrik Härtig einen erfrischend informativen Vortrag darüber, dass Youtube nicht der bessere Physiklehrer ist. Fast 50 Prozent aller Schüler finden Videos auf der Google-Plattform hilfreich und wichtig. „Die Schüler nutzen es, um Unterrichtsinhalte zu wiederholen, die sie abrufen können, wann sie Lust haben“, erklärt Härtig.
Schwerpunkt auf „Energy Science“
Bei der „Nacht der Physik“, die alle zwei Jahre stattfindet, war ein weiteres Schwerpunktthema „Energy Science“. Dieser Studiengang untersucht den ökonomischen und ökologischen Umgang mit Energien. Dazu stellten Studierende ihre Forschungsergebnisse vor: Zum Stromverbrauch von Hausbewohnern, organischen Solarzellen und einer Risikoanalyse von Windturbinen. Mehr Informationen zum Studiengang auf www.uni-due.de/energy-science.
Dabei gehe es darum, die Inhalte während der Physikstunde bereits ansprechend aufzubereiten: „Lasst die Schüler Physik am eigenen Körper spüren, greift aktuelle Themen und Trends auf“, fordert der Experte.
Youtube-Clips holen Physik im Alltag
Ironischerweise findet zeitgleich ein Vortrag statt, in dem Youtube-Clips gezeigt werden. „Um Physik in den Alltag zu holen, begreifbar zu machen“, sagt Professor Axel Lorke. Denn oftmals hielten die Filmchen Phänomene in Alltagssituationen fest, die sich hervorragend verwenden ließen, um Leuten physikalische Gesetze näherzubringen, so Lorke. Wie ein kleines Mädchen inmitten von Plastikmöbeln, deren Haare „zu Berge stehen“, weil elektrostatische Kräfte wirken.
In den Besucher-Gesprächen zwischen seinen Vorträgen erklärt Lorke, wie allgegenwärtig Physik ist: „In unseren Handys, selbst in Kirchenfenstern, ist Nano-Technologie zu finden. Wir lösen die Probleme von Morgen“, referiert der Fachmann.
An den Lösungen will auch Tim Willbrand (18) mitwirken. Der Physik-Student findet, „dass man Neugier mitbringen sollte und Lust etwas zu entdecken.“ Wie funktioniert die Welt, fragt er sich immer wieder. Bei der „Nacht der Physik“ bekamen etliche Besucher zumindest ein paar Antworten auf diese Frage.