Duisburg. Im Wettstreit um Fachkräfte müssen sich Unternehmen zunehmend bei Arbeitnehmern anpreisen. Mit flexiblen Modelle, modernen Büros und Obstkörben.
Ist das nun gut oder schlecht: Fehlt ihnen der Mumm, auf eine Karriere als Chef hin zu arbeiten? Oder haben wir es mit einem deutlich umsichtigeren Nachwuchs zu tun, jungen Leuten, die nur lautstark einfordern, was viele gerne hätten, sich nur nie zu fordern trauten: ein erfülltes Leben neben der Arbeit?
Die Prioritäten haben sich verschoben. Das bestätigen nicht nur Personalvorstände von Dax-Konzernen, Geschäftsführer und wissenschaftliche Studien, sondern auch der Duisburger Unternehmerverband. Karriere um jeden Preis ist für viele 18- bis 29-Jährige (die so genannte Generation Z) nicht die oberste Prämisse. Die Arbeit steht nicht an erster Stelle; Freizeit, Hobbys, Familie und Freunde holen auf.
Ausgeglichene Work-Life-Balance
Eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist jedem zweiten Arbeitnehmer wichtig, belegen Studien. Tendenz: steigend. Und das hat Folgen. „Grundsätzlich kann ich aus vielen Gesprächen mit Unternehmern bestätigen, dass man mit der Generation Z anders umgehen muss“, sagt Christian Kleff, Sprecher des Duisburger Unternehmerverbands.
Für Unternehmen, die sich dieser Herausforderung stellen, stecke im neuen Selbstbewusstsein der Jungen aber auch eine Chance. Insbesondere für die Bereiche Vertrieb und Marketing: „Da ist viel Potenzial, wenn man auf die Bedürfnisse eingeht, insbesondere auf das Thema Work-Life-Balance“, so Kleff. Die jungen Leute hätten weniger Scheu, auch mal kritische Themen anzufassen. „Sie sind selbstbewusster. Sätze wie ‘das haben wir so immer schon gemacht’ zählen bei ihnen nicht mehr und werden in Frage gestellt. Damit muss man umgehen als Arbeitgeber“, berichtet Kleff.
„Generation Jobauswahl“
„Die so genannte Generation Z, also junge Erwachsene zwischen 15 und 30 Jahren, dürfen sich ‚Generation Jobauswahl‘ nennen“, bekräftigt auch Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes. „Denn für diese Digital Natives bringt die zunehmende Digitalisierung dauerhaft neue Tätigkeiten und Produkte mit sich. Wer sein Berufsziel in diese Richtung steckt, sich auf MINT-Fächer konzentriert, der macht alles richtig“, findet Schmitz.
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Über all dem schwebe gleichzeitig das drängendste Problem der Unternehmen: der Fachkräftemangel. Unternehmen müssten bei der Suche nach Mitarbeitern flexibler sein. Auch deshalb verändere sich in der Arbeitswelt zur Zeit einiges. „Ein Studium ist nicht länger die einzige Voraussetzung. Im Einstellungsprozess liegt der Fokus vielmehr auf der Entwicklung des Bewerbers, nicht auf Ausbildung und Studium. Zeugnisse interessieren kaum noch“, so Kleff.
Moderne Büros und Obstkörbe
Das bekräftigt auch Per Nyström, Managing Director/CFO von Haeger & Schmidt Logistics GmbH. Der Chef des Duisburger Logistik-Dienstleisters berichtet von einem großen Wettkampf der Unternehmen um Mitarbeiter. „Die Kohorten werden kleiner, die geburtenstarke Jahrgänge gehen in Rente. Das merken wir deutlich“, so Nyström. Deshalb müssen Unternehmen wie seins „aktiver auf junge Leute zugehen.“ Auf Ausbildungs- und Berufsmessen etwa. „Dorthin schicken wir unsere jungen Mitarbeiter, die einen anderen Draht zu den in der Regel noch jüngeren Kandidaten aufbauen können, sie sind für die nachkommende Generation glaubwürdiger“, sagt Nyström.
Neben den klassischen Faktoren wie Bezahlung und Arbeitszeiten sei vielen potenziellen neuen Mitarbeitern vor allem ein „gutes Unternehmensklima“ sehr wichtig, so Nyström. Was man bei Haeger & Schmidt Logistics dafür mache? „Klassische Teambuilding-Maßnahmen etwa. Wir fördern beispielsweise unsere Mitarbeiter, die am Drachenbootrennen teilnehmen, indem wir Mannschaftskleidung und Verpflegung stellen“, aber auch Körbe mit frischem Obst und moderne Büros seien Maßnahmen im Wettstreit um neue Fachkräfte.