Duisburg. Im November stellt der Vorstand von Thyssenkrupp Steel seine Strategie vor. Für den Standort Duisburg steht viel auf dem Spiel.
Nach der gescheiterten Fusion mit Tata Steel braucht Thyssenkrupp eine neue Strategie für seine Stahlsparte. Die hat Vorstandschef Premal Desai für den kommenden November angekündigt. Der Konzernvorstand hat bereits im Mai nach dem Platzen der Ehe mit Tata den Abbau von 2000 Stellen im Stahlbereich angekündigt. Bei der Versammlung am Donnerstag hat der Betriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol die Belegschaft auf einen „heißen Herbst“ eingestimmt.
Die Besorgnis steigt bei den Stahlkochern, die nach mehreren Restrukturierungen um ihre Jobs fürchten. Die Vereinbarungen im „Tarifvertrag Zukunft“, in dem die IG Metall Sicherheit für fast alle Standorte und Jobs bis 2026 ausgehandelt hatte, laufen zum Jahresende aus. Die Verhandlungen über einen Vertragswerk „Zukunft 2.0“ gestalten sich auch deshalb besonders schwierig, weil nicht der Stahl allein, sondern der gesamte Konzern durch schwere See steuert.
Zukunftsperspektive für den Stahl
Der Betriebsrat fordert eine Zukunftsperspektive für den Stahl, Investitionen in Anlagen und Belegschaft, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Über die Ausrichtung, sagt der Vorsitzende Tekin Nasikkol, gebe es keinen Dissens mit Vorstandschef Premal Desai. Doch dessen Beinfreiheit begrenzt das verfügbare Geld. Das soll aus dem Verkauf des Tafelsilbers fließen – doch dazu muss zunächst der Verkauf der lukrativen Aufzugsparte gelingen. Möglichen Begehrlichkeiten von Anteilseignern wie Finanzinvestor Cevian, am Erlös über Sonderausschüttungen zu partizipieren, sind erwartbar.
Die neue Konzernstrategie sieht der Betriebsrat mit Argwohn. „Dass wir jahrelang das Problem waren und nun plötzlich wieder geliebt werden, irritiert mich“, sagt Nasikkol. Auch er ahnt, dass die Belegschaft nicht ungeschoren aus dem Winter kommen wird. Der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen ist die rote Linie. Auch der Vorstand ist klug beraten, diese nicht zu überschreiten, sonst droht ein harter Arbeitskampf.
Den kann sich Thyssenkrupp nicht leisten. Die Herausforderungen für den Stahl sind enorm. Die drastische Reduzierung der CO2-Emissionen erfordert Milliarden-Investitionen in Forschung und Umrüstung der Anlagen – Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Woher der Wasserstoff kommen soll, der den Koks ersetzt, woher die gewaltigen Mengen Ökostom, um ihn zu produzieren – diese und andere wichtige Fragen sind noch zu beantworten.
Der Weg sei schon deshalb richtig, weil es keinen anderen gebe, sagt der stellvertretende Betriebsratschef Horst Gawlik. Schließlich sei ein Auto nur mit grünem Stahl wirklich CO2-frei. Erfolgreich schaffen Unternehmen und Belegschaft nur gemeinsam den langen Weg zum klimaneutralen Stahlwerk. Es ist die Voraussetzung dafür, dass auch über 2050 hinaus noch Stahl in Duisburg produziert wird.