Duisburg. Sie gehörten zum Kulturprogramm der „Extraschicht“: Diese vier Installationen sind aber noch bis Ende Oktober im Landschaftspark zu bestaunen.
Der Landschaftspark Nord feiert in diesem Jahr bekanntlich seinen 25. Geburtstag. Höhepunkt der Festivitäten zum Silberjubiläum war die „Extraschicht“, die Ende Juni über 27.000 Besucher ins frühere Meidericher Hüttenwerk gelockt hatte. Zu dieser unvergesslichen Nacht der Industriekultur gehörte ein umfassendes Kulturprogramm mit vier Kunstinstallationen. Diese verzauberten die Besucher nicht nur für ein paar Stunden, sondern können auch heute noch in den ehemaligen Erzbunkern bestaunt werden – und das bis Ende Oktober.
„Verwandlung“ lautete das Motto des Kunst- und Kulturprogramms zur „Extraschicht“. Und verwandelt hat sich im vergangenen Vierteljahrhundert vor allem der Landschaftspark. An zahlreichen Stellen hat sich die Natur das Areal zurückerobert und sich durch die Industriebrache kontrolliert „hindurchgefressen“. Doch vor allem sind im Schatten der alten Hochöfen zahlreiche Kulturspielorte entstanden – so wie etwa der Bunkerdurchgang.
16 Großformat-Aufnahmen des Duisburger Fotografen Bernd Kirtz
Dies ist ein Verbindungsweg zwischen dem Hochofen-Karree und dem Bunkervorplatz. „Inzwischen wurde er in eine Art Outdoor-Galerie umgewandelt“, sagt Olaf Reifegerste, der das Kunst- und Kulturprogramm zur „Extraschicht“ gemeinsam mit Frank Jebavy verantwortlich entwickelt und geplant hatte. Er bittet an diesem sonnigen Mittwochvormittag zu einem Rundgang, um die Kunst in den Erzbunkern noch einmal in Erinnerung zu rufen und allen Besuchern ans Herz zu legen.
Besagter Bunkerdurchgang ist sein erster Zwischenstopp. Dort sind derzeit 16 Bilder im Großformat des inzwischen 90-jährigen Duisburger Architektur- und Industriefotografen Bernd Kirtz zu sehen. Die Aufnahmen zeigen Motive aus jener Zeit Anfang der 90er Jahre, als das Hüttenwerk Meiderich bereits geschlossen, der Landschaftspark aber noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war. Die Bilder wurden mit Hilfe des Krefelder Fotografen Dirk Soboll auf eine speziell bearbeitete Lkw-Plane abgedruckt, so können sie auch dem Wetter ausgesetzt werden, ohne Schaden zu nehmen.
Ein künstliches „Riff“ aus Plastik-Sperrzaun in einem der Landschaftspark-Erzbunker
Vom Durchgang geht es weiter hinein in den Bunkertaschen-Komplex. Im ersten Moment fällt der Blick gleich auf eine der grau-grünen, leicht verwitterten Betonwände. Dort hat sich die „Bastellgruppe und Gäste“ mit ihrem Werk „Riff“ verewigt. 13 Künstler aus Duisburg und der Umgebung haben dafür aus Plastik-Sperrzaun, der in seinem grell-leuchten Orange-Ton dem Betrachter sofort ins Auge fällt, jeweils eine Figur gefertigt. Zusammengefügt zu einem großen Ganzen erinnern sie in Aussehen und Leuchtkraft an ein Korallenriff.
Doch wie im echten Meer, so haben sich auch hier zahlreiche Fremdkörper zwischen die „Korallen“ gesetzt. Und so entdeckt der Kunstbetrachter Eimerdeckel, Flaschen, alte Regenschirme oder Pingpongbälle. „Viele der echten Korallen verlieren gerade weltweit ihre prächtigen Farben und sind nur noch grauenvoll grau. Mit den Korallenriffen stirbt ein wichtiges Stück Meer“, erklären Stacey Blatt und Christina Böckler. Sie zählten zu dem Künstlerkollektiv, das hier gemeinsam gewirkt hat, und hatten gemeinsam mit Barbara Koxholt bei der Umsetzung vor Ort den Hut auf. Auffällig ist das Stahlseil, das um das „Riff“ gespannt ist. „Das hing vorher schon dort und wir haben es als eine Art Rahmen genutzt“, so Böckler.
Wenige Meter weiter hat sich die „Strickguerilla“ gleich zwei Bunkertaschen vorgenommen. Die drei Damen aus Ruhrort, die ihrem „Guerrila“-Status gerecht werden und daher anonym bleiben wollen, haben sich dort Flora und Fauna gewidmet. So ist in einem Bunker eine gestrickte Tierwelt zu entdecken: eine Raupe, eine Biene, ein gut getarnter und nur schwer zu entdeckender Schmetterling sowie eine Ameisen-Kolonne.
Graffiti-Kunst von Marten Dalimot zeigt tierische Motive
Im Fauna-Bunker schlängeln sich kunterbunte Kunstwerke in Form von Aloe-Vera-Pflanzen gen Himmel. „Als Material haben wir Polyacrylwolle benutzt“, sagt eine der Strickerinnen. Diese sei deutlich robuster und strapazierfähiger. „Dafür ist sie aber nicht so schön zu stricken. Deshalb habe ich immer mal wieder zwischendurch etwas mit Kaschmir gestrickt – einfach für ein angenehmeres Gefühl für die Finger“, erzählt eine der „Guerilla“-Frauen und lacht.
Beim vierten Haltepunkt auf dem Rundgang stehen die Graffiti-Arbeiten von Marten Dalimot im Fokus. Er hat auf jeweils 4,50 x 2,80 Meter großen Holztafeln vier tierische Motive gesprüht: eine Kreuzkröte (die auch in diesem Erzbunker laicht), eine Libelle (von der Spezies „Kleiner Blaupfeil“), eine Fledermaus (als Hommage an Landschaftspark-Maskottchen Edgar) sowie eine Natternkopf Mauerbiene (die oft in Industriebrachen heimisch ist). Auch hier gilt wie bei allen Installationen noch bis Ende Oktober: entdecken – und staunen.