Rheinhausen. Ralf und Vanessa Reich waren einst Stammgäste im Schumachers. Nach einigen glücklichen Zufällen beleben sie nun die Gastronomie als Brauhaus neu

Die Gäste warten schon. Immer wieder klopft es oder jemand schaut durchs Fenster - Nachbarn und Spaziergänger fragen, wann es soweit ist. Dazu passt es, dass vier Hochzeitsfeiern bereits gebucht sind, wie Ralf Reich stolz berichtet, „und das, bevor wir überhaupt eröffnet haben.“ Sieht aus, als würde sein Start in die Gastronomie von Erfolg gekrönt.

Wer zuletzt am Schumachers vorbeigekommen ist, hat es sicher bemerkt: Es tut sich was in Friemersheims Edel-Restaurant. Am Mittwoch, 28. August, feiert das Traditionslokal Wiedereröffnung. Seit zwei Jahren wurde es nur sporadisch genutzt, bald herrscht wieder täglich Betrieb. Neue Pächter sind die Wahl-Duisburger Ralf und Vanessa Reich. Das Paar hat sich vorgenommen, das Haus nach alter Brauhaus-Tradition wiederzubeleben. Mit bio-frischer, moderner deutscher Küche - und Andree Hausmann als Koch. Er brutzelte bereits im Schumachers, als Tim Lellau dort noch Küchenchef war.

Türsteher und Profiboxer in Thailand

Die neuen Geschäftsführer sind Nachbarn des Schumachers. Eigentlich stammen Ralf Reich und seine Frau aus Köln und Leverkusen, seit einigen Jahren leben sie in Friemersheim. Reich ist 49 und kommt aus dem Marketing, hat aber schon alles mögliche gemacht. Der große, üppig tätowierte Mann arbeitete in Köln als Türsteher und in Thailand als Profiboxer - in Oberhausen besitzt er ein Tattoo-Studio. Vanessa Reich ist 33, trägt ebenfalls eine Menge Tattoos und hat im Gegensatz zu ihm Gastronomie-Erfahrung. Als Söhnchen Johann (4) geboren wurde, blieb sie erstmal daheim. Jetzt wird sie im Schumachers wieder hinter dem Tresen stehen.

„Ich mache gern Nägel mit Köpfen“

Die beiden sehen dem Start gespannt entgegen. Früher zählten sie zu den Stammgästen und haben sich im Schumachers immer wohl gefühlt, erzählen sie. Hier konnten sie lecker essen und bekamen durchs Babyphone trotzdem mit, wenn zu Hause der Kleine weinte. Das Aus kam auch für sie unerwartet. „Wir wollten einen Tisch reservieren und standen plötzlich vor verschlossenen Türen“, erinnert sich Reich. Vor sechs Monaten traf er Andree Hausmann dann zufällig wieder. Er erzählte dem Paar, dass die Besitzer einen neuen Pächter suchen - und Ralf Reich reagierte prompt: „Ich mache gern Nägel mit Köpfen. Dabei hatten wir zuerst kein Konzept, nichts.“ Wieder kam ihm das Schicksal zur Hilfe. Im Keller entdeckte er alte Werbeplatten der Friemersheimer Rheingold-Brauerei. Ein Fund mit Initialzündung. Reich beschloss: „Wir eröffnen ein Brauhaus wie vor 100 Jahren!“ Jetzt hängen die historischen Stücke in den liebevoll restaurierten Räumen, eine Platte platzierte der neue Pächter vor der Tür. „Rheingold im Schumachers“ hat Reich das Restaurant in memoriam an seine Geschichte umgetauft und in die Räume Fotografien von anno dazumal gehängt.

Privatbrauerei Bolten

Er holte die Privatbrauerei Bolten aus Korschenbroich ins Boot, außerdem wird er Kölsch ausschenken. Wild kauft er von heimischen Jägern, die Galloway-Rinder, deren Fleisch er bezieht, grasen auf heimischen Weiden. Obst und Gemüse stammen aus der Region. Und statt Cola und Limo aus den USA gibt’s Afri-Cola, made in Köln.

Die Speisekarte bietet deutsche Küche, modern aufgepeppt - als Beispiel nennt Vanessa Reich Kotelett mit hausgemachter Pasta Aglio e Olio. Schließlich hat sich das Paar zum Ziel gesetzt, neben den gestandenen Friemersheimern auch das jüngere Publikum zu gewinnen, das in den letzten Jahren an den Duisburger Stadtrand gezogen ist. Vor der Wiedereröffnung habe man sich umgehört und erfahren, dass die alte Fein-Restauration einigen zu teuer war, verrät Reich.

Küche für Genießer

Jetzt will er seine „Küche für die Genießer-Generation“ so kalkulieren, „dass man auch mehrmals in der Woche herkommen kann.“ Auf der Speisekarte stehen neben Vorspeisen wie Erbsencremesuppe mit Minze und Chili Hauptgerichte wie Gemüse-Lasagne, Saiblingsfilet mit Steinpilzen oder knuspriger Bauch vom Sauerländer Lavendel-Schwein. Aber auch Reminiszenzen an alte Schumachers-Zeiten gibt’s, etwa die beliebte Kalbsleber und ein Gericht namens „Irgendwat“: Es entstand früher aus dem, was die Küche spontan hergab. Zum Auftakt wird das ein Salat mit Thunfischkugeln sein.

Auch das beliebte Gänseessen bieten Reichs weiter an. Ehrensache! Nur mit der Wiedereröffnung des Biergartens unter den alten Kastanienbäumen wollen sie bis zum kommenden Jahr warten. Eins nach dem anderen, denn „Gastro“, weiß Reich, „ist heute sehr schwierig.“

>>>>>Eine lange Tradition <<<<<<

Die Fein-Restauration Schumachers, 1827 als Stammhauses der Rheingold-Brauerei erbaut, wurde bis 2012 von Karlheinz Schulz und seiner Frau Ute in der dritten Generation geführt. Dann verpachteten die Besitzer das Restaurant an Promi-Koch Tim Lellau, der jedoch 2017 mit dem Friemersheimer Betrieb Insolvenz anmelden musste.

Als Nachfolger wurde erst Ingo Sperling, bis 2018 Betreiber der Elfrather Mühle, gehandelt. Doch die Zusammenarbeit kam nicht zustande - es bestanden wohl unterschiedliche Auffassungen über die Anzahl der Großveranstaltungen. Seither hatte die Frank Schwarz Gastro Group (FSGG) das stilvolle Kleinod für Familienfeiern und Events genutzt.