Duisburg. Es gibt Waldflächen in Duisburg, die verwandeln sich immer öfter in illegale Entsorgungsflächen für Müll – zum Ärger der beiden Stadtförster.

Und dann kam der Tag, als ganz plötzlich ein prall gefüllter Müllsack knapp am Kopf von Stefan Jeschke vorbeiflog. Der Stadtförster stand da gerade am Rande der Grünfläche im Freizeitpark Fahrn im Unterholz, als ihn der Unrat nur haarscharf verfehlte. Die beiden Frauen, die dort ihren Abfall entsorgen wollten, ertappte er auf frischer Tat. „Das kommt leider viel zu selten vor“, weiß Jeschke. Mehr als 99 Prozent der Taten blieben unaufgeklärt. Die illegale Müllentsorgung hat sich in einigen Waldgebieten Duisburgs zu einem echten Problem entwickelt.

Treffpunkt Düppelstraße/Ecke Spichernstraße in Untermeiderich: Das dortige Waldstück ist etwa einen Hektar groß. „Hier sieht es immer sehr schlimm aus“, weiß Forstamtsrat Jeschke aus Erfahrung. Seit 25 Jahren haben er und das 13-köpfige Team aus Forstwirten und Waldfacharbeitern dieses Areal regelmäßig im Blick.

Einen Müllbeutel mit Grillabfällen zieht der Duisburger Stadtförster Stefan Jeschke aus dem Waldgebiet an der Düppelstraße.
Einen Müllbeutel mit Grillabfällen zieht der Duisburger Stadtförster Stefan Jeschke aus dem Waldgebiet an der Düppelstraße. © FUNKE Foto Services | DANIEL ELKE

„Wir kommen drei- bis viermal im Jahr für eine großangelegte Aufräumaktion hierher. Aber schon ein paar Tage später sieht es schon wieder so schlimm aus wie vorher“, sagt Jeschke. Und in seiner Miene schimmert etwas Resignation durch, als er ergänzt: „Ich verstehe nicht, wie manche Menschen mit ihrer direkten Umgebung umgehen.“

Wir machen die Probe aufs Exempel und gehen in den Grüngürtel. Keine drei Meter weit gegangen, tauchen bereits am Waldrand die ersten Hinterlassenschaften auf – teils äußerst unappetitliche wie genutzte Windeln. Ein Gebüsch weiter liegt ein ausrangiertes Fahrradwrack neben einem Haufen Renovierungsmüll und einem Beutel mit Grillabfällen. Es folgen in Zehn-Meter-Abständen: eine Matratze, leere Duftspraydosen und immer wieder Grünschnitt aus Kleingärten.

„Kleingärtner bereiten uns oft Probleme“, erzählt Jeschke. Zum einen fehle vielen das Unrechtsverständnis. Von den Ertappten bekomme er immer denselben Satz zu hören: Das seien nur Gartenabfälle, es sei doch alles organisch. „Es gibt Stellen, da standen wir bis zum Bauch in Grünschnitt“, so Jeschke. „Und wenn irgendwo Gartenabfälle liegen, dauert es e nicht lange und schon kommt Sperrmüll dazu.“

Genau deshalb sucht Jeschke den Kontakt zu den Kleingartenvereinen und Grabeland- bzw. Freilandnutzern. Als er neulich mit einem KGV-Vorsitzenden in Neuenkamp sprach, beobachteten beide, wie einer der Kleingärtner seinen Grünschnitt in einem Waldstück an der Paul-Rücker-Straße illegal entsorgte. „In solchen Momenten werde ich ordnungsbehördlich aktiv. Wir Förster sind auch Vollzugsbeamte.“

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Und so bekam besagter Kleingärtner ein „Knöllchen“ ausgestellt. 55 Euro beträgt das Verwarngeld bei leichteren Fällen. Bei schwereren Vergehen kann daraus auch schnell ein Bußgeld werden. „In Extremfällen kann das eine fünfstellige Euro-Summe kosten“, so Jeschke. Dann übernehme aber das Regionalforstamt Ruhrgebiet mit Sitz in Gelsenkirchen das Verfahren.

Eine ausrangierte Matratze liegt mitten im Wald an der Düppelstraße in Duisburg-Untermeiderich.
Eine ausrangierte Matratze liegt mitten im Wald an der Düppelstraße in Duisburg-Untermeiderich. © FUNKE Foto Services | DANIEL ELKE

In seiner langen Amtszeit als Stadtförster hat Diplom-Ingenieur Jeschke schon viele schlimme Fälle von Müllentsorgung in den Wäldern miterleben müssen. Erst vor einem halben Jahr war er auf eine Lkw-Ladung mit 200 ausrangierten Autoreifen gestoßen. „Und einmal hat jemand fünf Liter Altöl mitten im Wald eingelassen. Ein Tropfen reicht schon aus, um mehrere Hundert Liter Grundwasser zu verseuchen“, sagt Jeschke und schüttelt verständnislos den Kopf. Erwischt habe er diesen Übeltäter leider nicht. „Die schlimmsten Sachen passieren immer nachts“, weiß der Förster.

Was Jeschke enorm ärgert: Den meisten Müll, der dort illegal in der Natur entsorgt wird, hätten die Besitzer in einem der Recyclinghöfe abgeben können. „Das meiste davon sogar umsonst.“ Bis zu zehn Kubikmeter Müll holt sein Mitarbeiter-Team pro Jahr aus dem Waldgebiet an der Düppelstraße heraus. Für den gesamten Bereich Mitte/Nord, für den Jeschke zuständig ist, seien es 500 Kubikmeter.

Das Aufsammeln und Entsorgen kostet Nerven, Energie – und Zeit. „Unsere Kernaufgabe ist die Waldbewirtschaftung, nicht das Müllsammeln“, so Jeschke frustriert. Es gebe Waldflächen, da würde inzwischen fast die Hälfte der Zeit fürs Saubermachen draufgehen. Als Beispiele nennt er die Wälder an der Schlickstraße (Untermeiderich), am Immendahl (Hochfeld) sowie rund um den Alsumer Berg (Marxloh).

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Der Wald an der Düppelstraße grenzt auf einer Seite an eine Grabeland-Fläche. Hier haben Gisela und Benjamino Messina seit 21 Jahren eine Gartenparzelle. „Es ist nicht zu fassen, wie dreist manche Menschen sind“, erzählt Gisela Messina. Neulich habe sie einen Müllsünder auf frischer Tat ertappt. „Und als ich ihn angesprochen habe, ist er auch noch frech geworden und hat mich beschimpft.“ Das Müllproblem sei immer da, sagt sie. Und keine zehn Meter vom Zugang zum Grabelandgelände, wo wir die Messinas treffen, liegen als Beleg Dutzende weggeworfene Kleidungsstücke im Wald. „Wir werden bald wieder hier aufräumen müssen“, seufzt Jeschke.